Montag, 17. Dezember 2018

Unlock! Secret Adventures



Verlag: JD Editions - Space Cowboys / Asmodee
Autor: Cyril Demaegd (Lewis Cheshire / Arch Stanton / Thomas Cauet)
Spieleranzahl: 1 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten


Einleitung:

Mit der kartengesteuerten Unlock! Serie hat sich auch Asmodee mit seinen Space Cowboys in der Welt der Escape-Spiele etabliert. Genau wie Escape Adventures und Mystery Adventures enthält auch Secret Adventures drei unabhängige Szenarien sowie ein kurzes Tutorial. Eine kostenlose App wird benötigt, um die Zeit zu messen, Codes einzugeben, Hilfen anzufordern und den Erfolg einer Partie am Ende zu bewerten.

Ablauf:

Jedes Abenteuer besteht aus einem eigenen Kartensatz. Die Karten in ihrem ungewöhnlichen Format zeigen Räume und Gegenstände, bieten Platz für Situationsbeschreibungen und verbergen auch noch (mehr oder minder offensichtlich) die wohl platzierten Rätsel(teile) und Aufgaben. Jedes Szenario beginnt in einer Umgebung (meist einem Raum), in der verschiedene Dinge zu sehen sind. Zumeist sind Zahlen vermerkt. In einem solchen Fall werden die entsprechenden Karten aus dem Kartensatz herausgesucht und aufgedeckt. Um vorwärts zu kommen, müssen unter anderem blaue und rote Rätselkarten miteinander kombiniert werden. Dies ist im Prinzip ganz einfach, da nur die beiden abgebildeten Zahlen addiert und die Karte mit der entsprechenden Nummer aus dem Stapel heraus gesucht werden müssen.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht jede Kombination zu einer existierenden Kartennummer führt und nicht jede existierende Karte ist auch nützlich, denn es gibt Sackgassen mit Zeitstrafen. Weiterhin müssen bei einigen Rätselkarten erst noch Rätsel gelöst werden um den richtigen Kartenwert festzustellen, was wiederum ebenfalls durch Addition erfolgt und wofür oftmals eine grüne Hilfskarte (Maschine) benötigt wird. Und manchmal muss gar nicht gerätselt werden, sondern nur eine irgendwo unscheinbar platzierte Nummer entdeckt werden.

Darf eine neue Karte aufgedeckt werden, werden nicht mehr benötigte Hinweise abgeworfen. Schlösser werden meist durch die Eingabe vierstelliger Codes in der App geöffnet. Diese ist auch in der Lage, zu jeder Karte einen kurzen Hilfstext anzuzeigen und auf versteckte Objekte hinzuweisen. Eine weitere Hauptfunktion ist die Zeitmessung, wobei jede Sackgasse und jede falsche Codeeingabe mit Zeitstrafen belegt wird. Je nachdem wie schnell die Flucht gelingt und wie viele Hinweise dafür angefordert wurden, bewertet die App die Partie am Ende mit bis zu 5 Sternen.

Die Secret Adventures Box beinhaltet die Szenarien Eine Noside Story, Tombstone Express und Die Abenteuer von Oz. Der Schwierigkeitsgrad der Abenteuer steigert sich dabei von Szenario zu Szenario

Meinung:

Escape Spiele sind unvermindert im Trend, und mit der Unlock!-Reihe macht Asmodee alles richtig, denn diese Veröffentlichungen sind absolut eigenständig und originell. Die Szenarien ähneln älteren Point & Click Adventures, und die Umsetzung solcher PC Klassiker auf Kartenspiel-Ebene ist nahezu perfekt gelungen. Sämtliche Abenteuer sind atmosphärisch dicht und bedienen sich teilweise diverser Film- und PC-Spielvorlagen (z.B. Der Zauberer von Oz usw.).

Im Gegensatz zu den ebenfalls kartengesteuerten Escapespielen (EXIT) von Kosmos ist es bei Unlock! nicht nötig, das Spielmaterial zu zerstören. Das hat natürlich den Vorteil, dass man das Ganze nach durchspielen an Freunde verleihen kann, um diese auch mit dem „Unlock!-Virus“ zu infizieren, denn Unlock! macht aufgrund seiner Klasse richtiggehend süchtig. Wer PC-Adventures und Escape-Spiele mag, wird die Unlock!-Veröffentlichungen lieben. Obwohl es noch Verbesserungspotential gibt, und damit kommen wir zu einem kleinen Kritikpunkt des Spiels.

Mit der App können zwar Lösungen zu einzelnen Rätseln angefordert werden, aber der konkrete Lösungsweg wird nicht beschrieben. Wer also eine Lösung erhält, weiß oftmals nach wie vor nicht, wie es zu diesem Ergebnis gekommen ist. Eine App kann so etwas technisch zwar nicht bieten, aber den Spielern hilft diese Erkenntnis wenig weiter. Weiterhin werden oftmals mehrere Karten aufgedeckt, die wiederum weitere Karten aufdecken. Also liegen relativ viele Karten / Rätsel aus, und das kann teilweise ein bisschen unübersichtlich sein.

Kommen wir nun zur Gruppengröße bzw. zum Solomodus. Für wie viel Personen eignet sich Unlock! tatsächlich? Laut Schachtelangabe eignen sich die Szenarien für 1-6 Leute, doch von fünf oder sechs Personen ist eher abzuraten. Dann stürzen sich einfach zuviel Spieler auf eine Karte und Jeder möchte seine Empfehlungen umgesetzt sehen. Ein altes Sprichwort sagt „zuviel Köche verderben den Brei“, und das trifft auch auf Unlock! zu. 1 – 4  Personen ist eine empfehlenswertere Teamanzahl.

Wie schwer sind die Unlock!-Szenarien? Antwort: bockschwer! Um ein Abenteuer ohne Tipps von der App zu lösen, sollten Schlaubi Schlumpf und Schweinchen Schlau ein Team bilden. Unerfahrene Unlock!-Neulinge kommen ohne Hinweise selten bis zur Lösung. Und wie sieht es mit dem Zeitlimit aus? Ist ein Abenteuer in der vorgegebenen Zeit ohne Tipps zu bewältigen? Muahahaha … no way … träumt weiter :-)

Fazit:

Trotz hohem Frustfaktor macht Unlock! riesigen Spaß. Wer einmal Blut geleckt hat, will immer mehr. Daher ist zu erwarten, dass es noch etliche Veröffentlichungen geben wird, und das ist auch gut so. Denn diese Reihe ist wirklich super und allen Escape-Adventurefreunden hundertprozentig weiterzuempfehlen, obwohl es noch Verbesserungspotential gibt.

Sonntag, 9. Dezember 2018

Lift Off



Verlag: Hans im Glück
Autor: Jeroen Vandersteen
Spieleranzahl: 2 – 4 
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten pro Spieler


Einleitung:

In den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts lieferten sich die USA und die UdSSR eine Art Wettrennen um die Vormachtstellung in der Raumforschung. Basierend auf diesem Thema repräsentieren die Spieler in Lift Off private Raumfahrtagenturen, die u.a. mittels diverser Missionen die besten Voraussetzungen für die Schlusswertung erreichen wollen um schließlich mit den meisten Siegpunkten das Spiel zu gewinnen.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte platziert und alle erforderlichen Materialien bereitgelegt. Jeder Spieler erhält ein Spielertableau, ein Level 1 Labor und eine zweiteilige Rakete in seiner Farbe. Auf dem Spielertableau werden die Anfangswerte für Kosten, Gewichtskapazität und Einkommen mit Markern eingestellt.

Zu Beginn einer Runde erhalten die Spieler ihr Einkommen sowie verdeckte Spezialistenkarten. Von den Spezialisten auf der Hand sucht sich jeder Spieler eine Karte aus und gibt den Rest an einen Sitznachbarn weiter. Der Startspieler bestimmt dabei die Richtung der Kartenweitergabe. Am Ende der Draftingphase besitzt jeder Spieler drei Spezialisten. Diese Karten sind zweiteilig aufgebaut und beinhalten eine blaue oder eine gelbe Schärpe. Blaue Karten bieten Soforteffekte (z.B. Geld erhalten) während die Effekte der gelben Schärpenkarten im Missionsteil aktiviert werden. Nachdem alle Spieler zwei Spezialisten ausgespielt haben (eine Karte verbleibt auf der Hand) beginnt der Missionsteil der laufenden Runde.

Hierzu zieht jeder Spieler drei Missionskarten von denen er eine Mission behält und offen neben seine Rakete ablegt. Dies gilt nun als geplante Mission. Um eine Mission zu starten müssen die Voraussetzungen erfüllt sein, und diese Voraussetzungen regeln die eigene Rakete und der Ausbau von Laboren und Techniken. Den Ausbau der Raketenkapazitäten und den Ausbau von Techniken ermöglichen die Spezialisten. Durch Spezialisten kann der Spieler auch Siegpunkte für bereits gestartete Missionen usw. erhalten.

Das Spiel endet nach der achten Runde mit einer Schlusswertung. Hierbei erhalten die Spieler noch Siegpunkte für Missionen mit einem Sanduhrsymbol, Punkte für Spielendekarten und für grüne Technikkarten sowie für verbliebenes Geld. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Hans im Glück ist bekannt für seine anspruchsvolleren Kennerspiele, und genau in diese Kerbe schlägt auch Lift Off. Hinsichtlich der Komplexität kann das Spiel in etwa mit Marco Polo oder Russian Railroads verglichen werden … es gibt also immer einiges zu bedenken. Die Mechanismen von Lift Off sind klasse durchdacht und funktionieren in jeder Besetzung einwandfrei. Allerdings ist ein kleiner Glücksfaktor beim Ziehen und Draften der Spezialisten nicht von der Hand zu weisen. Wer sich beispielsweise bewusst auf die hundertprozentige Erfüllung von Spielendekarten konzentriert und in der letzten Runde keinen passenden / erforderlichen Spezialsten erhält, der beispielsweise den Kauf von Technikkarten ermöglicht, schaut ein bisschen in die Röhre, denn die Siegpunktdifferenz der zweiten und dritten Stufe kann relativ hoch sein.

Aber in Lift Off führen viele Wege zum Sieg. Ganz bestimmt nicht nur die Konzentration auf die Spielendekarten. Auch ein zügiges Levelupgrade bringt große Vorteile, wenn der Spieler außerdem noch die Kapazität seines Raumschiffs steigern konnte und die erforderlichen Technikkarten besitzt, um Missionen der Level 3 und 4 zu meistern. Denn solche Missionen bringen oftmals viel Punkte am Spielende. Auch eine vernünftige Balance von verschiedenen Strategien kann erfolgversprechend sein. Einen glasklaren Königsweg gibt es bei Lift Off nicht, und auch diese Tatsache bereichert das Spiel immens.

Spielerisch ist Lift Off zweifellos eine ausgezeichnete Veröffentlichung, die fast jedem Vielspieler das Herz erfreut. An der Optik und Gestaltung des Spiels scheiden sich jedoch die Geister. Viele Spieler finden die Illustration altmodisch und hässlich, während andere Brettspielfreunde den Retro-Stil der Veröffentlichung mögen. Unabhängig von der persönlichen Vorliebe muss man dem Verlag auf jeden Fall ein großes Lob für den Mut aussprechen, sich für ein solches Design in der heutigen Zeit zu entscheiden. Und man darf nicht vergessen, dass die Optik bewusst zu den 60er Jahren passt. Viele Spieler fordern immer eine thematische Dichte bei Eurogames. Lift Off bietet genau dieses Flair. Also darf man sich nicht über einen (mutmaßlich) altmodischen Style beschweren. Im Übrigen ist die Symbolik hervorragend und leicht verständlich umgesetzt, was nicht jeder Veröffentlichung gelingt.

Fazit:

Lässt man den persönlichen Geschmack bei der Illustration außen vor, gibt es an Lift Off nichts auszusetzen. Das Ganze ist eine typische Hans im Glück Veröffentlichung, und wer die komplexeren Spiele des Verlags generell mag, kommt auch bei Lift Off hundertprozentig auf seine Kosten.

Samstag, 1. Dezember 2018

Neom



Verlag: Lookout Games / ASS Altenburger
Autor: Paul Sottosanti
Spieleranzahl: 1 – 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten


Einleitung:

In Neom gestalten ein bis fünf Spieler über einen Zeitraum von drei Generationen ihre eigene Stadt. indem sie sukzessive Stadtplättchen auf ihrem Tableau platzieren. Dabei versteht es sich von selbst, dass die Gebäude nicht umsonst sind, sondern zumeist verschiedene Rohstoffe oder Kapital erfordern.

Ablauf:

Zunächst erhält jeder Spieler einen eigenen Stadtplan (Spielertableau), den er vor sich auslegt. Dieser Plan ist in ein Raster aus 5x5 Feldern unterteilt. Das belegte Feld in der Mitte beinhaltet den Ursprung mit einer bestimmten Rohstoffproduktion. Das Startkapital der Spieler beträgt sechs L-Coin (=Geld). Zum Abschluss der Vorbreitungsphase bekommt jeder Spieler vier Ankergebäude auf die Hand, von denen er eines behält und den Rest an den linken Nachbarn weiterdraftet. Mit den nun erhaltenen Plättchen wird ebenso verfahren. Am Ende des Draftens besitzt jeder Spieler drei Ankergebäude (das letzte Ankerplättchen wird abgeworfen).

Jetzt beginnt die erste Runde. Dazu erhalten die Protagonisten jeweils acht Plättchen der ersten Generation auf die Hand. Genau wie bei den Ankerplättchen suchen sich die Konkurrenten ein Plättchen aus und geben den Rest an den linken Sitznachbarn weiter. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Arten von Plättchentypen. Wohngebäude beinhalten Siegpunkte und vermehren ihren Wert am Spielende, wenn sie zu Wohngebieten vereinigt wurden. Wirtschaftsgebäude gewähren Geldeinkommen und Industriegebäude produzieren Handels- und Luxusgüter. Abbaugebiete generieren einfache Rohstoffe, die zumeist Voraussetzung für den Erwerb von Industriegebäuden sind. Last not least gibt es noch öffentliche Gebäude, die am Schluss über diverse Faktoren Siegpunkte ergeben und oftmals zusätzliche Vorteile gewähren. Beim Bau eines Gebäudes ist darauf zu achten, dass das Plättchen über Straßenwege mit dem Ursprung verbunden ist. Anstatt ein Plättchen in der eigenen Stadt anzulegen kann ein Spieler das Plättchen auch für fünf L-Coin abwerfen. Außerdem gibt es noch Katastrophenplättchen. Wählt ein Spieler ein solches Plättchen aus, müssen seine Mitstreiter Geld für ungeschützte Gebäude in ihrer Stadt bezahlen oder eigene Gebäude abreißen.

Eine Generation verläuft über sieben Runden. Am Ende einer Generation erhalten die Spieler ihr Einkommen, wenn sie entsprechende Gebäude errichtet haben. Es gibt kein Grundeinkommen! Das Spiel endet nach dem Erhalt des Einkommens der dritten Generation. Nun erfolgt die Schlusswertung, in der die Spieler Siegpunkte für ihre Gebäude erhalten. Weitere Siegpunkte gibt es für die eigenen Wohngebiete und für die orangefarbenen öffentlichen Gebäude (dazu werden die Voraussetzungen geprüft). Weitere Siegpunkte erhalten die Spieler für die Produktion eigener Rohstoffe, Handels- und Luxusgüter und für ihr Geld. Eventuell werden noch Punkte abgezogen, wenn ein Spieler keine Wohngebäude errichtet hat oder in seiner  Stadt keinen Strom produziert. Wohngebäude, die an Industriegebiete angrenzen, werden ebenfalls mit Minuspunkten bestraft. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Neom lässt sich denkbar leicht mit einem Satz beschreiben: „7 Wonders meets Suburbia“. Denn genau diese beiden Vorlagen vereint das Spiel zu einer eigenständigen Veröffentlichung. Jawohl, ihr habt richtig gehört. Neom ist trotz deutlicher Anleihen ein eigenständiges Spiel geworden. Und zwar nicht nur ein „eigenständiges Spiel“, sondern ein sehr gutes eigenständiges Spiel.

Neom ist nicht besonders komplex, aber trotzdem eignet sich das Ganze primär für Kenner und Vielspieler. Allerdings haben auch ambitionierte Gelegenheitsspieler Spaß an der Veröffentlichung, zumal das Spiel kurzweilige Unterhaltung bietet und nicht allzu lange dauert. Erfahrene Neom-Kenner spielen eine Partie locker in einer Stunde runter. Lediglich die ersten zwei bis drei Partien dauern unter Umständen länger, weil die Einsteiger mache Gebäudeeffekte im Anhang durchlesen müssen.

Der Spielspaß von Neom ist vor allem für eine größere Spieleranzahl (vier oder fünf Spieler) sehr gut. Wer den Draftingmechanismus und das Prinzip von 7 Wonders mag und gleichzeitig gerne Städte im Stil von Suburbia gestaltet kommt hier hundertprozentig auf seine Kosten. Nicht jedem (friedliebenden) Spieler gefallen die Katastrophenplättchen, aber diese bringen durchaus Pfeffer ins Spiel. Und Angsthasen können sich ja schließlich durch die Feuerwehr und das Polizeirevier zumindest teilweise absichern und schützen :-)

Einige öffentlichen Gebäude wirken auf den ersten Blick vielleicht ein bisschen übermächtig, doch dieser Eindruck täuscht oftmals. Um eine möglichst hohe Punktzahl generieren zu können benötigen die Gebäude schließlich entsprechende Voraussetzungen in der Stadt, und es ist nicht gesagt, dass ein Spieler solch eine perfekte Kombination erhält. Und wenn die Mitstreiter aufmerksam sind, wird das noch schwerer (ähnlich wie bei 7 Wonders, wenn ein Protagonist ausschließlich auf grüne Karten spielt). Demzufolge gibt es auch keinen klassischen Königsweg, sondern jede Partie gestaltet sich anders und erfordert je nach Plättchen eine neue Strategie, was wiederum den Wiederspiereiz enorm fördert.

Last not least gebührt der Materialqualität ein großes Lob. Die Plättchen sind aus dicker und stabiler Pappe. Da gibt es echt nichts auszusetzen. Die Symbolik hingegen ist nicht immer selbsterklärend und muss manchmal im Plättchenindex der Spielanleitung nachgelesen werden.

Fazit:

Wer 7 Wonders und Suburbia mag wird auch Neom lieben. Das Spiel vereinigt die Mechanismen und das Thema der genannten Veröffentlichungen zu einem originellen Legespiel, das bedenkenlos weiterempfohlen werden kann.

Dienstag, 20. November 2018

Stone Age Jubiläumsedition



Verlag: Hans im Glück
Autor: Bernd Brunnhofer
Spieleranzahl: 2 – 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 – 90 Minuten


Einleitung:

Anlässlich des 10jährigen Bestehens von Stone Age veröffentlicht der Hans im Glück Verlag eine Jubiläumsedition des modernen Brettspielklassikers. Neben der bekannten Ausgabe beinhaltet die teilweise neuillustrierte und limitierte Edition eine Winterseite sowie zwei Minierweiterungen.

Ablauf:

Vorab-Hinweis: da Stone Age seit Jahren zu den beliebtesten Neo-Klassikern der Neuzeit zählt und jedem Brettspieler ein Begriff sein dürfte, werden in dieser Rezension die Grundmechanismen der herkömmlichen Ausgabe nur flüchtig beschrieben (da sie den allermeisten Vielspielern eh bekannt sind). Am Ende der Grundspiel-Ablaufbeschreibung wird dafür ausführlicher auf die neuen Elemente eingegangen.

Stone Age ist ein Workerplacement Brettspiel, bei dem die Spieler ihre Arbeiter Runde für Runde auf diversen Orten einsetzen, um in der Aktionsphase die jeweiligen Aktionen auszuführen. Jeder Spieler beginnt mit fünf Arbeitern und zwölf Nahrung. In seinem Zug setzt der aktive Spieler beliebig viele Arbeiter auf einen Ort ein (sofern dort noch Plätze frei sind). Sobald alle Spieler alle ihre Arbeiter eingesetzt haben beginnt die Aktionsphase. Beginnend mit dem Startspieler handelt der aktive Protagonist alle seine Arbeiter auf allen belegten Orten ab. Durch den Einsatz von Arbeitern kann die Ernährung verbessert werden, Nachwuchs erzeugt werden und Werkzeuge hergestellt werden. Weiterhin wird abhängig von der eingesetzten Arbeiterzahl auf Rohstoffe gewürfelt, die wiederum zum Bau von Gebäuden oder zum Kauf von Zivilisationskarten verwendet werden. Gebäude bringen ihrem Besitzer sofort Siegpunkte ein. Auch Zivilisationskarten ergeben als Multiplikator Siegpunkte bei der Schlusswertung, außerdem gewähren sie gegebenenfalls sonstige Boni in Form von Ressourcen, Werkzeugen, Nahrung etc. Am Ende jeder Runde müssen die eigenen Arbeiter ernährt werden; ansonsten verliert der Spieler zehn Siegpunkte.

Das Spiel endet, sobald ein Gebäudestapel leer ist oder keine Zivilisationskarten mehr nachgelegt werden können. Nun erfolgt die Schlusswertung, bei der die Spieler Siegpunkte für ihre Zivilisationskarten und ihre verbliebenen Rohstoffe erhalten. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Soweit in aller Kürze die Beschreibung des Grundspiels. Die neue Wintervariante von Stone Age ermöglicht neben den bekannten Regeln auch die Isolierung von Gebäuden, d.h. beim Bau eines Gebäudes darf optional ein Stein für fünf Siegpunkte abgegeben werden. Beim Kauf einer Zivilisationskarte darf der Spieler zusätzlich ein Gold für sechs Siegpunkte abgeben. Weiterhin ist der Bau von Iglus möglich (vier spezielle Gebäudeplättchen), die eine erhöhte Menge an Siegpunkten einbringen aber nicht als Gebäude bei der Multiplikatorenberechnung dienen. Ebenfalls beigefügt ist die Mini-Erweiterung „Die wilden Tiere“. Wird eine Tier-Zivilisationskarte aufgedeckt, dürfen die Spieler einen Arbeiter entsenden, um das Tier zu verjagen. Für erfolgreich verjagte Tiere würfeln die beteiligten Spieler Belohnungen aus (z.B. Nachwuchs, einen beliebigen Rohstoff, Nahrung etc.). Solange das Tier nicht verjagt ist, gibt es einen Malus für die Würfelergebnisse aller Spieler. Ansonsten gelten weiterhin die Regeln des Grundspiels (inkl. Schlusswertung).

Meinung:

Wenn sich ein Spiel in der heutigen (kurzlebigen) Zeit sogar nach zehn Jahren noch ungebrochener Beliebtheit erfreut, dann muss es schon was Besonderes sein. Und Stone Age ist etwas Besonderes! Wie viele andere Hans im Glück Veröffentlichungen deckt das Spiel eine Nische zwischen ambitioniertem Familienspiel und Kennerspiel ab, und innerhalb dieses Sektors gehört Stone Age sicherlich zu den besten Veröffentlichungen aller Zeiten. Stone Age überzeugt einfach durch Spielwitz, schöner Illustration, Glück und verschiedenen Strategien, wobei viele Zivilisationskarten bei der Schlusswertung zweifellos von Vorteil sind.

Mit der limitierten Jubiläumsausgabe wurde die Optik nochmals verschönert und mit der Wintervariante sowie den wilden Tieren spieltechnisch bereichert. Dabei ist allerdings ganz klar anzumerken, dass die Grundmechanismen unangetastet Bestand haben und nur Kleinigkeiten hinzugefügt wurden. Doch auch „Kleinvieh macht Mist“, und so erhöhen die winzigen Stellschrauben der Mini-Erweiterungen den Spielreiz erneut.

Generell gilt, dass Stein und Gold jetzt nochmals aufgewertet wurden, weil deren Abgabe im Rahmen der jeweiligen Variante zusätzliche Punkte ermöglicht. Und wenn man diese Option konsequent durchzieht, dann ergibt sich unter dem Strich ein ordentliches Sümmchen an Siegpunkten, die man am Ende einer Partie mehr auf dem Konto hat. Aber dafür muss man die Rohstoffe erstmal besitzen, und so leicht ist es nun auch nicht, an die Ressourcen ranzukommen ohne dabei entsprechend viele Arbeiter abzustellen. Wer also verstärkt auf Zusatzpunkte durch die Wintervarianten setzt muss noch mehr auf die optimale Effizienz der eigenen Arbeiter achten.

Eine ebenfalls gelungene Variante ist die Mini-Erweiterung der wilden Tiere. Hier lohnt sich der Einsatz eines Arbeiters allemal, denn mit etwas Glück beim Würfeln bekommt man für einen einzigen Arbeiter ein Gold oder sogar Nachwuchs, was im Dorf bekanntlich zwei Arbeitereinsätze erfordert. Andererseits ist es auch denkbar, bewusst auf die Mitwirkung einer Tierjagd zu verzichten, wenn man deutlich mehr Werkzeuge zur Verfügung hat als die Konkurrenz. Allerdings geht das meistens nach hinten los, denn die Gegner nehmen in der Regel so eine Steilvorlage dankbar an und platzieren ihrerseits einen weiteren Arbeiter bei der aktuellen Tierbedrohung (und kassieren dafür einen weiteren Bonus).

Unter dem Strich kann die Jubiläumsedition zweifellos weiterempfohlen werden. Die Winteroptik ist grandios und der Spielspaß ungebrochen super. Außerdem ist die Edition limitiert, was langfristig sogar zu einem Wertzuwachs in Sammlerkreisen führen kann.

Fazit:

Das Einzige, was diese Jubiläumsedition vermissen lässt, ist die ehemalige „große“ Erweiterung Mit Stil zum Ziel. Warum Hans im Glück diese gesuchte Erweiterung nicht integriert hat ist nicht ganz nachzuvollziehen. Die Fans hätten bestimmt gerne ein paar Euro mehr bezahlt, wenn die Erweiterung dabei gewesen wäre. Aber auch so rechtfertigt die tolle Jubiläumsausgabe eine glasklare Kaufempfehlung.

Donnerstag, 8. November 2018

Crown of Emara



Verlag: Pegasus
Autor: Benjamin Schwer
Spieleranzahl: 1 – 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 45 – 75 Minuten


Einleitung:

Um sich auf seinen wohlverdienten Ruhestand vorzubereiten sucht der weise König Thedorius einen würdigen Nachfolger für die Regentschaft über das Königreich Emara. Doch um die Bürger des kleinen Reichs von sich überzeugen zu können müssen die ambitionierten Thronanwärter nicht nur die Zuwanderung forcieren, sondern auch genügend Wohnraum zur Verfügung stellen.

Ablauf:

Crown of Emara beinhaltet zwei Spielpläne, die aus jeweils vier Teilen zusammengestellt werden. Dabei handelt es sich um die Bereiche „Land“ und „Stadt“. Beide Spielpläne erlauben den Protagonisten verschiedene Aktionsmöglichkeiten, doch dazu später mehr.

Nachdem die Spielpläne in die Mitte gelegt und mit allen benötigten Materialien bestückt wurden, erhält jeder Spieler ein Kartendeck mit neun Aktionskarten sowie ein eigenes Spielertableau. Der aktive Spieler legt in seinem Zug eine Handkarte auf einen freien Slot seines Tableaus. Die Ablageplätze erlauben Bewegungen von exakt 1, 2 oder 3 Schritten. Nun wählt der Spieler einen Bereich (Stadt oder Land) aus und bewegt seinen Meeple um entsprechend viele Felder im Uhrzeigersinn. Auf dem Zielfeld erhält er im Landbereich Rohstoffe oder er backt ein bereits im Besitz befindliches Getreide zu einem Brot. Außerdem kann er einen Handwerker gegen Abgabe von Ressourcen einsetzen, um in späteren Besuchen eine zusätzliche Ressource zu erhalten.

Im Stadtbereich kann der Spieler in der Kirche eine Spende durchführen um Bücher und Gunstplättchen zu erhalten. In der Burg bekommt er einen Siegelring gegen Abgabe von geforderten Rohstoffen und darf für ein Buch sein Haus fünf Felder auf der Wertungsleiste vorrücken. Auf dem Markt gibt es Bürgerpunkte für Bücher sowie Goldmünzen zum Austausch gegen Rohstoffe. Die Baustelle erlaubt die Weiterbewegung von Bürgern und Häusern auf der Wertungsleiste gegen die Abgabe von Broten und Ressourcen. Weiterhin können im Stadtviertel Berater angeworben werden, die einmalige und ständige Boni gewähren. Adelige können generell „gekauft“ werden und gewähren Bürgerpunkte. Die ursprünglich ausgespielte Handkarte im Slot beinhaltet ebenfalls unterschiedliche Vorteile. Die Aktionsreihenfolge im Spielzug ist in der Ausführung dem Spieler überlassen.

Crown of Emara endet nach der sechsten Runde wenn die Protagonisten zum zweiten Mal ihren Aktionskartenstapel durchgespielt haben. Dann erfolgt die Schlusswertung, in der die Spieler noch Bürger- oder Baupunkte für verbliebene Ressourcen erhalten. Jetzt werden die Bürger- und Baupunkte der Spieler verglichen. Der niedrigere Wert ist das Endergebnis. Wer nun die meisten Punkte aufweisen kann, gewinnt das Spiel.

Meinung:

Mit Crown of Emara ist Benjamin Schwer ein echter Volltreffer gelungen, der meiner Meinung nach sogar das Potential zum Kennerspiel des Jahres hat. Natürlich ist das Thema altbekannt und schon x-mal dagewesen, aber für ein lupenreines Eurogame eignet es sich nun mal ideal. Und schließlich kommt es sowieso größtenteils auf den Spielspaß an, und dieser wird bei Crown of Emara ganz groß geschrieben.

Das Prinzip der beiden Spielpläne ist hervorragend aufgebaut und stellt die Spieler oftmals vor die schwierige Entscheidung, in welchem Bereich sie ihre Figuren bewegen wollen. Natürlich bietet die Stadt viel mehr Optionen, aber diese Möglichkeiten können vielerorts nur mit den entsprechenden Rohstoffen ausgereizt werden. Und Ressourcen erhält man neben Aktionskarten größtenteils auf dem Land. Grundsätzlich ist es sicherlich von Vorteil ein paar Handwerker angestellt zu haben, aber auch das kostet Ressourcen, die sich nur langsam „refinanzieren“.

Letztendlich gilt bei Crown of Emara das Gleiche wie bei vielen Eurogames: die Spieler wollen viel machen, aber Alles geht nicht. Also muss eine vernünftige Strategie ausgetüftelt werden, um mit den drei Aktionshandkarten in einer Runde das optimale Ergebnis rauszuholen und sich im Idealsfall langfristig gut aufzustellen. Diese Überlegungen machen jedem Eurogamer gigantischen Spielspaß und sorgen für kräftiges Kopfzerbrechen. Vom Komplexitätsgrad ist Crown of Emara ein bisschen über Village angesiedelt, das optisch übrigens ähnlich konzipiert ist. Das wiederum ist keine große Überraschung, denn für die Illustration beider Spiele ist der gleiche Illustrator (Dennis Lohausen) verantwortlich. Und sowohl die Symbolik als auch die Spielanleitung sind absolut gelungen und lassen keine Fragen offen.

Last not least sollte vielleicht noch erwähnt werden, dass sich auch nach mehreren Partien kein sogenannter „Königsweg“ herauskristallisiert hat. Und das ist ein äußerst wichtiger Faktor, denn so führen viele Wege zum Sieg, was sich selbstverständlich positiv auf den Wiederspielreiz auswirkt.

Fazit:

Kompliment an Herrn Schwer und den Pegasus Verlag zu dieser ausgezeichneten Veröffentlichung. Crown of Emara ist perfekt auf die Klientel der Brettspielkenner zugeschnitten und erfreut deren Herzen auf ganzer Linie. Wer gerne Village und ähnlich komplexe Veröffentlichungen spielt, kann hier bedenkenlos zuschlagen.

Sonntag, 28. Oktober 2018

Jump Drive



Verlag: Pegasus
Autor: Tom Lehmann
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 15 - 30 Minuten


Einleitung:

Jump Drive ist ein kleiner Ableger von Race for the Galaxy, welches mittlerweile schon richtiggehenden Kultstatus innehat. Wie beim „Großen Bruder“ entwickeln die Spieler neue Technologien und besiedeln verschiedene Welten, doch das Ganze wird hier ohne Phasen gespielt.

Ablauf:

Jeder Spieler erhält ein Anfangsdeck, von dem fünf Karten behalten werden. Zu Beginn einer Runde wählen die Protagonisten geheim bis zu zwei Karten aus, die sie zunächst verdeckt vor sich ablegen. Anschließend werden die Karten gleichzeitig umgedreht und bezahlt. Die Entrichtung der Kosten erfolgt durch Abgabe beliebiger Handkarten.

Generell gibt es zwei Arten von Kartentypen: Technologien und Welten. Bei den Welten gibt es als Besonderheit noch militärische Planeten, die nur durch militärische Stärke ausgelegt werden dürfen (dafür kosten sie keine Handkarten). Alle Karten beinhalten verschiedene Boni, Vorteile oder Einkommen. Nun werden die Effekte sämtlicher ausliegender Karten abgehandelt. Dabei erhalten die Spieler in der Regel Siegpunkte und dürfen Karten als Einkommen nachziehen. Das Spiel endet mit der Runde, in der ein Spieler mindestens 50 Siegpunkte erreicht. Dieser Spieler hat dann gewonnen.

Meinung:

Jump Drive besitzt zwar die gleiche Symbolik und das gleiche Thema wie Race for the Galaxy, aber aufgrund der fehlenden Phasen gestaltet sich das Ganze weitaus einfacher und zugänglicher als beim Großen Bruder. Nichtsdestotrotz ist Jump Drive kein leichtes Spiel. Denn zum einen muss erstmal die Symbolik verstanden und verinnerlicht werden, und zum anderen ist das Erkennen von gewinnträchtigen Kombinationen gar nicht so einfach. Familien und Gelegenheitsspieler stoßen dabei oftmals an ihre Grenzen, daher ist die Einstufung als Kennerspiel seitens des Verlags absolut nachvollziehbar.

Wer hingegen Race for the Galaxy kennt, hat mit Jump Drive überhaupt keine Probleme. Den Hardcore-Race-Spielern dürfte das Prinzip dann eher zu einfach sein, deshalb wird diese Klientel mit Jump Drive vermutlich weniger warm. Das Spiel richtet sich aber vielmehr an Einsteiger ins Race-Universum und an erfahrene Haudegen, die einen schnellen Absacker suchen, denn als solcher eignet sich Jump Drive vorzüglich (wohlgemerkt für RftG-Kenner, denn Novizen dürften Jump Drive etwas höher einschätzen).

Fazit:

Dem soeben beschriebenen Zielpublikum kann Jump Drive sicherlich weiterempfohlen werden. Die Veröffentlichung ist ein guter Einstieg in das Race for the Galaxy Universum oder ein unterhaltsamer und schneller Snack für erfahrene Race-Veteranen.

Freitag, 19. Oktober 2018

Mythos Tales



Verlag: Pegasus
Autor: Hal Eccles / Will Kenyon
Spieleranzahl: 1 - 10
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 90 - 120 Minuten


Einleitung:

Mythos Tales spielt im fiktiven „Universum“ von H.P. Lovecraft, der seinerzeit die Geschichten um Cthulhu und die Großen Alten ins Leben rief, die sich auch heute noch ungebrochener Beliebtheit erfreuen. In der vorliegenden Veröffentlichung ermittelt ein Team aus 1-10 Spielern in acht Fällen, die im allseits bekannten Örtchen Arkham angesiedelt sind.

Ablauf:

Mythos Tales ist ein Detektivspiel, das aus verschiedenen Komponenten besteht. Zunächst führt das Regelheft die Spieler in die Mechanismen ein, und diese sind relativ einfach zu erklären.

Zu Beginn einer Partie wird im Buch der Ermittlungen ein Fall vorgelesen, den die Spieler als Team verfolgen sollen. Neben dem Einleitungstext des aktuellen Falls stehen den Protagonisten ein Stadtplan von Arkham sowie ein Adressbuch mit den wichtigsten Personen und Orten zur Verfügung. Weiterhin gibt es zu jedem Fall einen Zeitungsausschnitt, der Informationen zum Geschehen liefert. Erkenntnisse und Schlussfolgerungen tragen die Spieler in ein Notizbuch ein.

Das Spiel verläuft immer in zwei Abschnitten. Der Ermittlungspart stellt dabei den Hauptteil dar und beginnt stets mit einer Gruppenentscheidung, welchen Ort das Team als erstes besuchen möchte. Pro besuchten Ort wird der Sanduhr-Marker auf der Zeittafel weitergeschoben. Jeder Fall sollte innerhalb einer gewissen Zeit abgeschlossen werden, die im Buch der Ermittlungen vorgegeben ist. Begibt sich das Team nun an einen Ort, liest der Ermittlungsleiter den entsprechenden Text im Buch der Ermittlungen vor. Die Spieler machen sich Notizen und diskutieren ihren nächsten Schritt aus (welcher Ort als nächstes besucht wird). Irgendwann müssen die Spieler dann versuchen, den Fall aufzulösen. Dann lesen sie die zum Fall dazugehörigen Fragen im Buch der Ermittlungen vor und beantworten diese mit Hilfe ihre Notizen. Für richtige Antworten erhält das Team Punkte. Sobald eine bestimmte Punktzahl geschafft wurde, haben die Spieler den Fall gelöst und das Spiel gewonnen. Nun können sie den nächsten Fall angehen, der die Geschichte der Mythos Tales weitererzählt.

Meinung:

Brettspiele, die auf dem Cthulhu Mythos von H.P. Lovecraft basieren, sind Kult. Demzufolge ist es auch nicht verwunderlich, dass der etablierte Pegasus Verlag eine Veröffentlichung mit diesem Thema herausbringt, und dabei machen die Friedberger nahezu alles richtig.

Obwohl Mythos Tales thematisch in der Welt von Lovecraft angesiedelt ist, ähnelt das Spiel in keinster Weise Arkham Horror oder Eldritch Horror vom Heidelberger Spieleverlag. Mythos Tales ist vielmehr eine Detektiv-Veröffentlichung, die eher auf den Prinzipien von Sherlock Holmes Consulting Detective fußt. Das Thema und das intensive Erleben einer Geschichte stehen dabei ganz klar im Mittelpunkt und machen Mythos Tales zu etwas Besonderem. Natürlich wird Atmosphäre bei diesem Spiel ganz groß geschrieben, und so tauchen die Protagonisten als Team immer tiefer in die Welt der Großen Alten ein. Und auch das unterscheidet Mythos Tales von den meisten anderen Veröffentlichungen, denn die Spieler agieren nicht einzeln, sondern entscheiden ausschließlich als eine Gruppe (wobei der Ermittlungsleiter der laufenden Runde das letzte Wort hat). Nun stellt sich natürlich die Frage, wie groß die Gruppe im Idealfall sein sollte. Konzipiert und angegeben ist Mythos Tales für 1-10 Personen, aber je mehr Mitglieder im Team sind, desto langwieriger können die Abstimmungen sein, denn jeder Spieler will in der Regel seine Meinung und seine Schlussfolgerung zum Ausdruck bringen. Bei mehr als vier bis fünf Spielern kann das anstrengend werden, besonders dann, wenn mehrere Alphatiere im Team sind und ihren Kopf durchsetzen wollen. Mit einem kleinen Team oder als Solospiel funktioniert Mythos Tales aber wunderbar.

Mythos Tales ist zwar kein Legacy-Spiel, aber die Erfahrungen bleiben natürlich im Hinterkopf gespeichert, wenn man einen Fall nicht lösen konnte und das Abenteuer nochmals angeht. Das ist auch meine persönliche Hauptkritik am Spiel. Die Informationen sind im Gehirn vorhanden und vereinfachen die Untersuchungen von mal zu mal, weil die Orte und die Personen logischerweise immer gleich bleiben (das geht halt nicht anders). Da die ersten Lösungsversuche aber oftmals scheitern, ist so eine Hilfestellung vermutlich gewollt und senkt den Frustfaktor bei vielen Spielern, die ihre ersten Untersuchungen in den Sand gesetzt haben.

Fazit:

Für Freunde von Detektiv-Spielen à la Consulting Detective ist Mythos Tales absolut empfehlenswert, und wenn sie auch noch Lovecraft-Fans sind, dann steigert sich die Empfehlung sogar zu einem klaren „must have“. Aber diese Faibles sollten bei einem Interessenten unbedingt vorhanden sein! Wer weder Detektiv-Spiele mag noch „Nyarlathotep“ buchstabieren kann sollte lieber auf andere Veröffentlichungen ausweichen ;-)

Donnerstag, 4. Oktober 2018

CATAN - Der Aufstieg der Inka



Verlag: Kosmos
Autor: Klaus Teuber / Benjamin Teuber
Spieleranzahl: 3-4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten


Einleitung:

Der Aufstieg der Inka führt als eigenständige CATAN-Veröffentlichung drei bis vier Spieler nach Südamerika, wo sie im Laufe einer Partie drei Stämme gründen müssen. Doch jede Zivilisation ist vergänglich, und so erleidet jeder Stamm einen Niedergang, wenn die nächste Generation Einzug hält.

Ablauf:

Zunächst wird der Rahmen des Spielplans zusammengebaut und anschließend mit diversen Rohstoff-Plättchen aufgefüllt. Dabei handelt es sich einerseits um etablierte Ressourcen-Hexfelder wie Erz, Holz, Lehm, Wolle und Nahrung und andererseits um Handelsgüter der Marken Fisch, Federn und Coca. Die vom CATAN-Basisspiel bekannten Rohstoffe tragen teilweise einen neuen Namen (z.B. Kartoffel anstatt Getreide) und sind optisch neu illustriert. Ansonsten folgt der Aufbau gemäß dem allseits beliebten CATAN-Grundspiel und jeder Spieler beginnt eine Partie mit zwei Siedlungen.

Die Protagonisten besitzen eine Stammestafel, die drei Spalten (für drei Stämme) beinhaltet. Anstatt um Siegpunkte wetteifern die Konkurrenten nun um Entwicklungspunkte. Wird ein Entwicklungspunkt erspielt (durch den Bau einer Siedlung oder einer Stadt), wird ein Entwicklungsmarker auf das unterste freie Feld des aktuellen Stammes gelegt. Nachdem ein Stamm den vierten Entwicklungsmarker bekommen hat, wird der Niedergang dieses Stammes eingeleitet. Der Spieler entfernt alle Strassen der entsprechenden Siedlungen bzw. Stadt und nimmt diese zu seinem Vorrat zurück. Anschließend werden die Gebäude mit einem Dickicht überbaut. Die Siedlungen / Städte liefern dann zwar weiterhin Rohstoffe, aber sie können nicht weiter ausgebaut werden (keine Aufstockung zur Stadt und kein Ausbau von Strassen). Stattdessen dürfen sie von jedem Spieler überbaut werden, wenn sie mit einer Strasse angeschlossen sind. Sobald der zweite Stamm dem Niedergang geweiht ist, müssen alle verbliebenen Gebäude des ersten Stammes abgerissen werden. Die Gebäude der zweiten Generation werden dann mit Dickichten belegt.

Der Handel im Spiel erfolgt nach den Prinzipien des klassischen CATANs, allerdings ist der Wechselkurs von „normalen“ Rohstoffen 3:1 und von Handelsgütern 2:1. Der Besitzer der längsten Handelsstrasse darf in seinem Zug zusätzlich einmal beliebige Karten 2:1 tauschen. Der Inhaber der größten Kampfkunst (ehemals größte Rittermacht) darf den Räuber entfernen, wenn dieser auf einem eigenen Feld steht. Wer als erster Spieler seinen dritten Stamm vervollständigt hat und damit seinen elften Entwicklungsmarker platzieren konnte, gewinnt das Spiel.

Meinung:

Seit über 20 Jahren erfreut sich CATAN mit seinen diversen Erweiterungen / Ablegern ungebrochener Beliebtheit, und auch Der Aufstieg der Inka dürfte das Herz aller Fans im Sturm erobern.

Obwohl die altbekannten Mechanismen der CATAN-Veröffentlichungen beibehalten wurden, erweitert das Prinzip des Stammes-Niedergangs das Spielgefühl in großem Maße. Wer aufgrund der Thematik Parallelen zu Smallworld sucht wird definitiv nicht fündig werden, denn Der Aufstieg der Inka ist ein lupenreines CATAN-Spiel, das sich nahtlos in das Brettspieluniversum von Klaus Teuber einreiht. Was dieses Spiel von anderen CATAN-Spielen massiv unterscheidet sind die Folgen eines Niedergangs.

Der wichtigste Aspekt hierbei ist die Möglichkeit, einen niedergegangenen Stamm zu überbauen. Und das kann richtig „weh tun“. Hat ein Spieler einen Top-Bauplatz, kann es für die Gegner durchaus sinnvoll sein, diesen Platz mit eigenen Strassen zu erreichen, und wenn die Siedlung dann dem Niedergang anheim fällt wird das Gebäude schnellstmöglich überbaut um einerseits den ursprünglichen Besitzer zu schädigen (weil der dann seine Siedlung bzw. Stadt los ist) und andererseits selbst von den Erträgen des Spitzenfelds zu profitieren. Dieses Prinzip kann im Einzelfall sogar dazu führen, dass kein Spieler als Erster seinen ersten Stamm niedergehen lassen will. Aber das sind wohlgemerkt Extremfälle. Schließlich muss es ja nicht so sein, dass ein Stamm direkt nach seinem Niedergang überbaut wird. Nichtsdestotrotz ist es möglich, und genau diese Möglichkeit macht einen besonderen neuen Reiz aus und sorgt für großartigen Spielspaß.

Nach diesem berechtigten Lob kam in einigen Testrunden aber auch Kritik an der größten Kampfkunst auf. Diese Trophäe beschert seinem Besitzer schon verdammt große Vorteile und sorgt dafür, dass die Rohstofffelder des Spielers nicht mehr mit dem Räuber blockiert werden. Denn das macht wenig Sinn, da der betroffene Spieler den Räuber einfach auf ein neutrales Rahmenteil versetzen darf und dafür auch noch einen Rohstoff der ursprünglich blockierten Landschaft erhält. In diesem Punkt waren sich alle Spieler einig, dass dieser Vorteil einfach zu mächtig ist.

Alles in allem ist Der Aufstieg der Inka aber (wieder) ein sehr gutes Familien- bis Kennerspiel geworden, das allen CATAN-Fans sehr viel Freude bereiten dürfte.

Fazit:

Solange Herr Teuber und sein Nachwuchs solche Ideen haben braucht sich die CATAN-Gemeinde keine Sorgen um vernünftigen Nachschub zu machen. Der Aufstieg der Inka macht jedenfalls genauso viel Spaß wie die CATAN-Veröffentlichungen zuvor, und so kann selbstverständlich bedenkenlos eine entspannte Weiterempfehlung ausgesprochen werden.

Sonntag, 23. September 2018

Carpe Diem



Verlag: Alea / Ravensburger
Autor: Stefan Feld
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 45- 75 Minuten


Einleitung:

Carpe Diem versetzt zwei bis vier Protagonisten ins Jahr Null, wo sie als einflussreiche Patrizier um den Ausbau des schönsten Stadtviertels wetteifern. Um am Ende das wertvollste Viertel zu besitzen, errichten die Spieler unterschiedliche Gebäude und Landschaften. Wer am Schluss die meisten Siegpunkte erwirtschaften konnte, gewinnt das Spiel.

Ablauf:

Nachdem der Spielplan in die Mitte gelegt wurde, erhält jeder Spieler ein eigenes Bautableau inkl. individuellen Rahmens. Anschließend werden die Wertungskarten auf dem Zentralspielplan verteilt und alle sonstigen Utensilien (Siegpunktkarten, Brunnenkarten, Waren, Münzen, Brote) bereitgelegt. Last not least wird der Hauptspielplan mit Bauplättchen bestückt und schon kann es losgehen.

Carpe Diem verläuft über vier Durchgänge à sieben Runden. Der aktive Spieler bewegt seine Spielerfigur auf ein gegenüber liegendes Feld und nimmt sich von dort ein Bauplättchen, das er sofort in sein Tableau einsetzt. Dabei ist zu beachten, dass die Landschaften bzw. Gebäudeteile zueinander passen. Wird eine Landschaft oder ein Gebäude fertig gestellt, erhält der Spieler zumeist einen Bonus (z.B. Fische für fertig gestellte Teiche, Brote für Bäckereien usw.). Für das Einsetzen eines Brunnens nimmt sich der Spieler die beiden obersten Brunnenkarten vom verdeckten Stapel und behält eine davon. Diese Karten bringen ihrem Besitzer am Spielende Siegpunkte für fertig gestellte Gebäude oder Gebiete.

Am Ende jeden Durchgangs erfolgt eine Wertung. Dazu setzen die Spieler eine Wertungsscheibe zwischen zwei Wertungskarten der Auslage. Um die Aufgaben zu erfüllen müssen die Konkurrenten entweder vorgegebene Landschaften / Gebäude besitzen oder bestimmte Waren abgeben. Für nichterfüllte Aufträge verlieren die Spieler jeweils vier Siegpunkte. Die Abgabe dreier Brote führt jedoch zur automatischen Erfüllung eines Auftrags.

Das Spiel endet nach der vierten Runde mit einer Schlusswertung. Hierbei erhalten die Spieler noch Siegpunkte für fertig gestellte Villen, die Positionen auf der Banderolenleiste und für ihre Brunnenkarten. Weiterhin ist jedes Restmaterial einen halben Siegpunkt wert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Stefan Feld gehört seit Jahren zu den besten Eurogame-Autoren Deutschlands, und mit Carpe Diem beweißt der Maestro eindrucksvoll, dass er es nach wie vor „drauf hat“. Das Spiel ist eine typische Feld-Veröffentlichung und weißt leichte Ähnlichkeiten zum Erfolgswerk Die Burgen von Burgund auf. Aber wohlgemerkt nur LEICHTE Anleihen! Es handelt sich keinesfalls um BuBu2 ;-)

Die Ähnlichkeiten liegen auf der Hand und bestehen ausschließlich mit dem Ausbau eines eigenen Tableaus, um mit den errichteten Gebäuden / Landschaften diverse Siegpunkte zu generieren. Wie bei den meisten Feld-Spielen können die Protagonisten durch geschicktes Agieren jede Menge Punkte generieren, aber diesmal hält sich die Anzahl durchaus in Grenzen (grober Durchschnitt um die 100 Punkte plusminus 20 bis 30). Wie so oft bei Eurogames ist der Weg das Ziel, und das Beschreiten dieses Wegs macht wieder einmal jede Menge Spaß.

Carpe Diem ist zwar ein Kennerspiel, aber es ist dennoch relativ leicht zugänglich und halbwegs schnell erklärt. Somit können auch ambitionierte Gelegenheitsspieler problemlos mithalten und einen Schritt in Richtung Experte machen. Da Carpe Diem mehrere Möglichkeiten bietet an Siegpunkte zu kommen, sollte das Einsetzen der genommenen Bauplättchen gut überlegt sein, denn auch die Rahmen der Spielertableaus beinhalten „Aufgaben“, deren Erfüllung am Schluss Punkte ergibt. Im Idealfall sollten die Protagonisten also diese Rahmenvorgaben im Auge behalten, gleichzeitig die Auslage der Wertungskarten beobachten und obendrein noch etwaige Brunnenkarten versuchen zu erfüllen. Alles gleichzeitig ist natürlich nicht in voller Gänze zu schaffen, aber wer von allen Komponenten einen Großteil meistert hat in der Regel gute Chancen auf den Spielsieg.

Obwohl Carpe Diem mechanisch alles richtig macht reicht es nicht ganz zur Vergabe der Höchstpunktzahl, und das hat zwei Gründe. Zum einen ist die Illustration nicht besonders hübsch und die Farbgestaltung eher suboptimal. Zum anderen steht der große Name Stefan Feld auf der Schachtel. Ein Künstler wird immer an seinem besten Werk gemessen. Hierzu ein Beispiel aus dem Musikbereich: Iron Maidens Meisterwerke sind unbestritten The Number Of The Beast und Piece Of Mind. Alle neuen Veröffentlichungen stehen im Schatten dieser Meilensteine, und auch in den Brettspielbereich lässt sich diese Einstellung übertragen. Die Burgen von Burgund ist Stefans Meisterwerk, und dessen überragendes Niveau erreicht Carpe Diem trotz großer Klasse nicht ganz. Natürlich kann die Veröffentlichung allen Lesern trotzdem uneingeschränkt ans Herz gelegt werden, weil Carpe Diem wie gesagt grundsätzlich ein tolles Spiel ist.

Fazit:

Für Freunde von mittelschweren Eurogames ist Carpe Diem definitiv eine Bereicherung der eigenen Spielesammlung. Das Spiel steht ganz klar in der Tradition vieler guter Alea-Veröffentlichungen wie Notre Dame, Macao etc. Somit reiht sich Carpe Diem nahtlos in die Historie des Verlags ein und kann bedenkenlos weiterempfohlen werden.