Mittwoch, 29. März 2017

Mage Knight - Die Verschollene Legion



Verlag: Wizkids / Asmodee
Autor: Vlaada Chvátil
Spieleranzahl: 1 - 5
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 60 – 240 Minuten


Einleitung:

Eines der größten und epischsten Abenteuer der Brettspielgeschichte geht in die nächste Runde. Die Verschollene Legion ist die erste Erweiterung zum Erfolgsspiel Mage Knight, und diesmal stellen sich die magischen Ritter dem mächtigsten Gegner, dem sie je begegnet sind: General Volkare.

Ablauf:

Bevor es richtig losgeht sollte erwähnt werden, dass sich diese Rezension zum überwiegenden Großteil auf die neuen Elemente der Erweiterung bezieht. Kenntnisse des Grundspiels werden also vorausgesetzt bzw. können im Review zu Mage Knight (http://brettspieler1.blogspot.de/2015/12/mage-knight.html) nachgelesen werden

Die Verschollene Legion beinhaltet etliches neues Material. Mit Wolfhawk wird eine neue Spielerfigur eingeführt, doch auch die Helden des Grundspiels werden mit neuen Basis-Aktionskarten ausgestattet, so dass das asymmetrische Element der Ritter ein bisschen verstärkt wird. Weiterhin gibt es neue Fortgeschrittenen-Aktionskarten, neue Zauberkarten, neue Artefakte, neue Einheiten, neue Spielplanteile, neue Feindplättchen und neue Orte. Außerdem liegen für Besitzer der Erstausgabe Ersatzmaterialien bei, denn die Neuauflage des Basisspiels von Asmodee beinhaltete kleinere Änderungen an diversen Karten und Plättchen. Diese modifizierten Elemente liegen der Erweiterung also auch bei.

Die Hauptänderung zum Grundspiel liegt sicherlich in dem Charakter von General Volkare, der nun anstelle eines Dummyspielers den zeitlichen Ablauf bestimmt und gleichzeitig der Mittelpunkt für die neuen Szenarien ist. In den neuen Szenarien (Volkares Rückkehr und Volkares Queste) liefern sich die Spieler neben den bekannten Kampfmechaniken auch noch eine Art Wettlauf mit dem General, um diesen in einem finalen Kampf zu besiegen. In Volkares Queste bewegt sich Volkare dem Mage Knight Portal zu, und sobald er dieses überschreitet, haben die Spieler verloren. Ergo müssen sie sich irgendwann einem Kampf mit dem General stellen, der zu Kampfbeginn etliche Kreaturen ins Gefecht schickt und der zusätzlich auch selbst mit Monsterfähigkeiten angreift.

Volkares Rückkehr ist noch schwieriger und epischer, denn in diesem Szenario bewegen sich die Helden und Volkare gleichzeitig auf eine Stadt zu. Die Ritter müssen die Stadt vor Volkare erobern und dürfen sich erst dann dem Endkampf stellen um das Spiel zu gewinnen. Selbstverständlich kann das Material der Erweiterung auch für die Szenarien des Basisspiels angewandt werden. Alternativ zu einer Stadt kann dann auch Volkares Lager als Eroberungsziel verwendet werden.

Meinung:

Der Verschollenen Legion gelingt es tatsächlich, ein ohnehin schon grandioses Spiel noch großartiger zu machen. Das ist einfach ganz großes Kino.

Der Charakter des General Volkare macht das Spiel noch atmosphärischer als es eh schon ist. Im Grundspiel war der Dummyspieler lediglich ein abstraktes Element, aber den Fortschritt von Volkare sieht man nun direkt auf dem Spielplan, und das tut diesem Meisterwerk richtig gut. Vor allem in einem Solospiel hat man den Gegner konkret vor Augen, und im Endkampf greift dieser auch noch direkt ein. Und Volkare selbst sollte man eigentlich immer blocken, denn durchweg alle seine Attacken haben die Eigenschaft brutal und sind gleichzeitig Attentäter-Angriffe, d.h. sie zielen immer auf den Spieler ab und können nicht auf eine Einheit zugewiesen werden (das ist übrigens auch eine neue Eigenschaft in der Erweiterung). Je nach Würfelergebnis sind Volkares Angriffe dann auch noch flink, giftig, versteinernd oder Feuer- bzw. Eisattacken. Logischerweise sollten daher seine Einheiten möglichst schnell geschlagen werden – ansonsten sieht es schwarz aus für die laufende Partie.

Trotz allem ist Die Verschollene Legion durchaus zu gewinnen. Denn die neuen Fortgeschrittenen-Aktionskarten sowie die neuen Zauber und Artefakte sind verdammt mächtig und eine unverzichtbare Hilfe im Kampf um den Spielgewinn. Gleiches gilt für die neuen Einheiten, die im Vergleich zu den Einheiten des Grundspiels noch stärker / mächtiger wirken. Und an dieser Stelle sei allen Mage Knight Novizen gesagt, dass eine Partie ohne rekrutierte Einheiten eigentlich nicht zu gewinnen ist (dann muss man schon ein Organisationsgenie sein und die richtigen Karten zum richtigen Zeitpunkt auf der Hand haben).

Die mächtigen Karten / Verbündete sind allerdings auch ein fairer Ausgleich für die starken neuen Monster, die in vielen Fällen auch mehrmals angreifen. Und jeder Angriff muss einzeln geblockt werden; ein einziger „Großblock“ gegen die drei Angriffe der Hydra reicht nicht aus. All diese kleineren Stellschrauben / Neuerungen macht Die Verschollene Legion zu einem unglaublich atmosphärisch-dichtem Meisterwerk, um das alle Mage Knight Fans nicht herum kommen.

Fazit:

Mage Knight und Die Verschollene Legion sind Blockbuster der Rollenspiel-Adventure-Brettspielszene. Diese Veröffentlichungen vereinen das Feeling von World of Warcraft (PC-Spiel) mit dem Epos von Herr der Ringe (Filme) und den besten Mechanismen vergleichbarer Brettspielveröffentlichungen. Mage Knight inkl. Verschollener Legion entführt die Spieler für 4-5 Stunden in eine eigene Welt, die ihresgleichen sucht. Einfach nur fantastisch!

Freitag, 24. März 2017

Ulm




Verlag: Huch & Friends
Autor: Günter Burkhardt
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 60 Minuten


Einleitung:

In Ulm, um Ulm und um Ulm herum ist nicht nur ein bekannter Zungenbrecher, sondern auch Location des namensgebenden Strategiespiels Ulm. Ein innovativer Schiebemechanismus ermöglicht den Spielern drei Aktionen pro Zug, und wer am Ende durch geschicktes Taktieren die meisten Siegpunkte erspielt hat, ist verdienter Gewinner und bedeutendster Bürger von Ulm.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und mit allen benötigten Utensilien bestückt (Karten, Nachkommenplättchen, Aktionssteine, Turmplättchen). Jeder Spieler erhält eine Zille (=Boot / Gondel), 13 Siegel, drei Familienwappen, zwei Münzen, zwei Ulmer Spatzen und einen zufällig gezogenen Aktionsstein aus dem Beutel.

Ulm wird über zehn Runden gespielt. Zu Beginn seines Zugs zieht der aktive Spieler einen Aktionsstein aus dem Beutel und schiebt ihn an gewünschter Stelle in das 3x3 Raster des Münsterfeldes. Dadurch wird ein Stein aus dem inneren Raster herausgeschoben, der für die Aktionen nicht verwendet werden kann. Nun wählt sich der Spieler eine Reihe aus und führt die drei Aktionen der entsprechenden Aktionssteine aus. Generell gibt es fünf verschiedene Aktionssteintypen und damit logischerweise fünf unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten:

·         Geldaktion: eine Münze aus dem Vorrat nehmen
·         Abräumaktion: herausgeschobene Aktionssteine einer Seite nehmen
·         Kartenaktion: eine Karte für zwei Aktionssteine kaufen oder eine zusätzliche Handkarte ausspielen
·         Flussaktion: Weiterbewegung der Zille um ein freies Feld auf der Donau
·         Siegelaktion: für zwei Münzen ein Siegel in ein Stadtviertel nördlich oder südlich der Donau platzieren, welches der aktuellen Position der Zille entspricht. Dafür erhält der Spieler einen Bonus (z.B. Geld, weitere Zillenbewegungen, Nachkommen, und vieles mehr).

Optional darf der Spieler in seinem Zug eine Handkarte ausspielen und zwischen einem Soforteffekt oder einen Bonus am Spielende wählen. Während des Spiels erhalten die Spieler eventuell Siegpunkte durch Karten, eine Siegelaktion im Reichenauer-Hof-Viertel oder durch Stadtwappen. Weitere Siegpunkte werden am Schluss nach der zehnten Runde vergeben. Dabei zählen die ausliegenden Karten, die Position auf der Donau und die Ulmer Spatzen noch Siegpunkte. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Ulm ist ein Paradebeispiel für eine Veröffentlichung, die trotz relativ einfacher Mechanismen enorm viel Tiefe und außergewöhnliche Spielfreude mitbringt. Der Schiebemechanismus war bislang eigentlich nur vom Verrückten Labyrinth bekannt, aber in anspruchsvolleren Spielen wurde dieses Prinzip bisher nicht integriert. Insofern ist Ulm also nicht nur ein tolles Spiel, sondern auch noch originell und richtiggehend innovativ. Großes Kompliment an Günter Burkhardt als Autor und Huch & Friends als Verlag. In den USA würde man dazu sagen: „great job“!

Ulm kann als Grundspiel oder in einer Variante für Fortgeschrittene gespielt werden. Erfahrene Spieler können beruhigt gleich zur Fortgeschrittenenversion greifen, denn diese ermöglicht sogar ein besseres Planen für die nächste Runde, da sowohl ein Ereignisplättchen für den laufenden Durchgang als auch eine Vorschau auf die nächste Runde offen ausliegen. Allzu viel planen kann man dennoch nicht. Vieles ist abhängig vom inneren Raster des Münsterfeldes, daher ist Ulm auch eher ein Taktik- als ein Strategiespiel (wobei die kommenden Züge zumindest ansatzweise geplant werden sollten).

Geld ist wichtig. „Ohne Moos, nix los“ wie es so schön heißt. Siegelaktionen sind bedeutsam, daher sollte nach Möglichkeit immer ein bisschen Geld in der Kasse sein, um zumindest die wichtigsten Siegelaktionen ausführen zu können. Dennoch muss auch das Vorwärtskommen auf der Donau immer im Auge behalten werden, denn die Position der Zille ist schließlich ausschlaggebend für die möglichen Siegelaktionen und für die Punkte am Spielende. Erfreulicherweise werden Schiffsbewegungen auch durch Siegelaktionen oder Karten ermöglicht, so dass nicht immer auf die Flussplättchen zurückgegriffen werden muss. Wie wichtig sind die Karten? Antwort: sehr wichtig. Ulm ist kein Spiel, bei dem die Spieler am Schluss Hunderte von Punkten auf ihrem Konto haben. Wenn es auf die 50 Punkte zugeht, hat ein Spieler schon eine sehr ordentliche Leistung abgeliefert. Und Karten können verdammt viele Siegpunkte bringen. Logischerweise ist in diesem Zusammenhang auch die Abräumaktion wichtig, um möglichst viele Plättchen einzusammeln, die man dann in Kartenkäufe investieren kann.

Die Grundaktionen von Ulm greifen also wunderbar ineinander und bedingen sich gegenseitig, ohne dabei übermäßig komplex zu sein. Die Kunst des Spiels ist das Austüfteln der optimalen drei Aktionsmöglichkeiten, und genau das macht Ulm anspruchsvoll und spannend und vermittelt gleichzeitig enormen Spielspaß.

Fazit:

Mit Ulm ist Huch & Friends ein echter Volltreffer gelungen. Das Spiel eignet sich sowohl für Vielspieler als auch für ambitionierte Gelegenheitsspieler, und auch Familien dürften mit Ulm durchaus auf ihre Kosten kommen. Neben dem großartigen Spielspaß gebührt auch der Anleitung ein großes Lob, denn die Unterteilung in Grundregeln und Spezialeffekte in zwei separate Heftchen ist in diesem Fall vorbildlich gelungen.

Montag, 13. März 2017

Orkensturm



Verlag: Ulisses Spiele / Heidelberger Spieleverlag
Autor: Andrea Chiarvesio
Spieleranzahl: 3 - 8
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten


Einleitung:

Nachdem Kaiser Hal auf einem Jagdausflug verwunden ist, hat der machtgierige Usurpator Answin von Rabenmund den Thron bestiegen. Gleichzeitig kämpft Prinz Brin von Gareth gegen einströmende Orks, um deren Sturmangriff Einhalt zu gebieten. In Orkensturm schlagen sich die Spieler auf die Seiten von Brin oder Answin, doch letztendlich entscheiden ausschließlich die Ansehenspunkte über Sieg und Niederlage.

Ablauf:

Der Spielplan von Orkensturm beinhaltet vier Leisten und acht Charaktere, die in einem Zug aktiviert werden können. Gespielt wird das Ganze über Einflusskarten in verschiedenen Farben, die zunächst als Vorratsstapel und Reserve bereitgelegt werden. Jeder Spieler entscheidet sich für eine Seite (Brin oder Answin) und erhält eine entsprechende Beraterkarte. Dieser Kartentyp kann am Ende Siegpunkte/Ansehenspunkte wert sein oder einen gewissen Bonus gewähren. Last not least bekommen die Spieler 6-7 zufällige Karten vom Vorratsstapel, und schon kann es losgehen.

Reihum wählen die Spieler einen Charakter und aktivieren diesen mit ihrer Figur. Anschließend werden die Aktionen der ausgewählten Charaktere abgehandelt. Jeder Charakter gewährt das Nehmen diverser Karten und/oder die Abgabe von Handkarten für Ansehenspunkte. Danach müssen die Spieler jeweils zwei Karten zur Beeinflussung des Orkensturms beisteuern. Spielerabhängig wird eine gewisse Anzahl an Karten aufgedeckt und ausgewertet. Diese Wertung beeinflusst die vier Leisten, die entscheidend für das Spielende sind. Sobald eine der Leisten den Wert 0 erreicht, endet das Spiel. Die Anhänger der siegreichen Fraktion teilen sich nun die vorgegebenen Siegpunkte, und der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Die zugrunde liegende Storyline von Orkensturm hört sich auf den ersten Blick sehr interessant an und entfacht die Vorfreude auf die erste Partie. Doch dann folgt die traurige Ernüchterung. Was sich in der Theorie vielversprechend anhört, entpuppt sich in der Praxis als relativ belangloses Kartensammeln und Eintauschen gegen Siegpunkte. In der Regel hamstern die Spieler erstmal einen Grundstock an verschiedenen Karten, die sie dann über den Regenten, den Kaufherren, den Ritter, die Steuereintreiberin oder den Inquisitor in Ansehenspunkte umwandeln. Dabei dümpelt das Spiel unspektakulär vor sich hin, ohne einen Spannungsbogen aufzubauen.

Auf der anderen Seite ist Orkensturm aber sicherlich kein grottenschlechtes Spiel. Die Mechanismen funktionieren und bedienen vor allem eine größere Gruppe (bis zu acht Spieler), was ja auch nicht gerade Gang und Gebe ist. Zu loben ist außerdem die schöne Illustration der Charaktere, die zweifellos ein optisches Highlight ist. Ebenfalls gelungen ist die Spielanleitung, welche gut strukturiert ist. Nicht nachvollziehbar ist hingegen die Altersempfehlung ab 14 Jahren. Orkensturm ist ein ziemlich einfaches Spiel, das locker auch mit zehn Jahren zu bewältigen ist. Somit handelt es sich bei Orkensturm definitiv nicht um eine anspruchsvolle Vielspieler-Veröffentlichung, sondern um ein relativ leicht erlernbares Familienspiel.

Fazit:

Schade, dass der Spielspaß nicht an die Story und die Optik heranreicht. Zu einem nicht unerheblichen Teil ist Orkensturm leider nur ein Blender, der mehr grafisch Klasse vorgaukelt, als er letztlich halten kann. Mit Sicherheit ist das Spiel kein Totalausfall, aber über ein „graue Maus“ Mittelmaß kommt die Veröffentlichung nicht heraus (auch dann nicht, wenn mit der Fortgeschrittenenvariante mit Ereigniskarten gespielt wird).