Freitag, 28. Oktober 2016

Dungeon Roll - Zurück in den Dungeon



Verlag: Pegasus
Autor: Ken Gruhl / Quentin Weir
Spieleranzahl: 2-6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 - 45 Minuten


Einleitung:

Bei Dungeon Roll – Zurück in den Dungeon begeben sich zwei bis sechs Spieler in die finsteren Tiefen des Verlieses, um dort nach Möglichkeit eine fette Beute abzugreifen. Doch je tiefer die Helden hinabsteigen, desto anspruchsvoller werden die Herausforderungen, welche es zu bewältigen gilt.

Ablauf:

Jeder Spieler erhält eine Heldentafel, die mit einem Stufen- und einem Ebenenmarker auf der ersten Dungeonebene und der ersten Heldenstufe bestückt wird. Weiterhin erhalten die Spieler die Gefährtenplättchen, welche die Heldenstufe des Tableaus vorgibt. Das Tableau bzw. die Heldentafel besteht aus mehreren Feldern und Ablageflächen. Weiterhin besitzt jeder Held eine einzigartige Spezialfähigkeit. Abhängig von der Spielerzahl werden diverse Beuteplättchen verdeckt ausgelegt. Die Dungeonkarten werden als verdeckter Zugstapel bereitgelegt.

In einer Runde (=Dungeonabenteuer) stehen den Spielern zwei Aktionsmöglichkeiten zur Verfügung:

  • Ruhm sichern – 1 Karte aufdecken oder
  • Schätze sichern – eigenes Dungeonabenteuer beenden

Wenn ein Spieler Ruhm sucht, deckt er die oberste Dungeonkarte auf und legt sie vor sich ab. Insgesamt gibt es drei verschiedene Arten von Dungeonkarten: Verlieskarten, Drachenkarten und Klaukarten. Klaukarten erlauben dem Besitzer, einem Mitspieler ein verdecktes Beuteplättchen aus dessen Geldbeutel oder Rucksack zu stehlen. Drachen haben erst dann Auswirkungen, wenn die dritte Drachenkarte gezogen wird. Dann muss der Spieler gegen den Drachen kämpfen oder fliehen. Um einen Drachen zu besiegen werden die zur Verfügung stehenden Gefährten eingesetzt. Ist der Kampf erfolgreich, werden die Gefährtenplättchen auf die Erfahrungsseite umgedreht. Im Fall einer erforderlichen Flucht (wenn die Gefährten den Drachen nicht besiegen können), verliert der Spieler alle Beuteplättchen und Erfahrungsplättchen, die in diesem Dungeonabenteuer gesammelt wurden. Dann ist für den Spieler die Runde beendet. Last not least gibt es noch die Verlieskarten, die dem Dungeonebenen-Wert der Heldentafel zugeordnet ist. Hier kann der Spieler Beute abgreifen, gegen ein Monster kämpfen (mit einem Gefährten) oder eine Schatztruhe entdecken. Schatzkisten müssen erst von einem Gefährten geöffnet werden, bevor der Spieler ein Beuteplättchen erhält.

In einer Runde können die Spieler durchaus mehrere Karten aufdecken, bis sie zur Flucht gezwungen sind oder ihre Schätze sichern. Nach der Sicherung eines Schatzes wandern die Beuteplättchen in den Rucksack und sind damit auch künftig sicher (außer gegen den Diebstahl durch einen Mitspieler). Gegen Abgabe von gesammelten Erfahrungsplättchen können die Spieler auf der Heldenstufenanzeige aufsteigen. Dann stehen dem Spieler in der nächsten Runde mehr/stärkere Gefährten zur Verfügung.

Das Spiel endet sofort, wenn ein Spieler das letzte Beuteplättchen aus dem Vorrat nimmt. Nun zählen alle Spieler ihre Beutewerte. Der Spieler mit den misten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

That´s Fun. Dungeon Roll – Zurück in den Dungeon ist weder ein komplexer Brainburner noch sollte das Spiel zu ernst genommen werden. Stattdessen ist das Ganze eine familientaugliche Veröffentlichung, die eigentlich von allen Spielertypen gezockt werden kann. Sowohl Kinder als auch Eltern und sogar einige Vielspieler haben ihren Spaß an Dungeon Roll. Aber keine Angst – es handelt sich definitiv nicht um irgendeine Art von Blödelei. Bei diesem Spiel sollte vielmehr darauf geachtet werden, dass die verfügbaren Gefährten möglichst optimal eingesetzt werden. Und manchmal ist auch ein bisschen Mut erforderlich.

In den ersten Runden (Dungeonabenteuern) ist es empfehlenswert, zunächst auf Nummer Sicher zu gehen, um vor allem auf der Heldenstufe voranzukommen. Denn logischerweise kann man mit mehreren und stärkeren Helden mehr Risiko eingehen und mehr Ruhm suchen. Und da in den tieferen Ebenen normalerweise mehr Ruhm zu finden ist, sollten die Spieler auch durchaus ihren Dungeonebenen-Marker nach rechts schieben, obwohl diese Option kein „muss“, sondern ein „darf“ ist. No Risk, no Fun. Und genau das macht den Spaß von Dungeon Roll aus. Eine gewisse Risikobereitschaft bzw. Mut, was ein gewisses Kribbeln im Bauch verursacht.

Natürlich spielt das Glück eine große Rolle. Beim Aufdecken einer Dungeonkarte hängt vieles von Fortuna ab, aber das gehört zu diesem Spiel einfach dazu. Akribisches Planen oder Durchrechnen funktioniert hier nicht. Denn wie bereits gesagt ist Dungeon Roll kein ausgeprägtes Strategie-/Taktikspiel, sondern eine familientaugliche Fun-Veröffentlichung.

Die Illustration der Heldentafeln ist sehr gelungen und übersichtlich konzipiert. Die Karten sind zweckdienlich aufgebaut, wobei die Drachen ehrlich gesagt ein bisschen schöner hätten sein dürfen. Aktuell sehen die Drachenmotive eher wie eine Mischung aus Grisu und einem Seepferdchen aus ;-)

Thematisch erinnert Dungeon Roll – Zurück in den Dungeon an Cave Troll, aber die Mechanismen dieser beiden Veröffentlichungen unterscheiden sich gravierend voneinander. Wer mehr Wert auf Taktik und Strategie legt, sollte tendenziell eher zu Cave Troll greifen. Dungeon Roll ist glückslastiger und familienorientierter. Wer generell Spaß am Dungeon-Thema hat, kommt aber zweifellos mit beiden Spielen auf seine Kosten.

Fazit:

Dungeon Roll – Zurück in den Dungeon ist ein witziges Dungeon-Funspiel, das die Fans dieses Genres gut bedient. Hier stehen Risikobereitschaft, Mut, Glück und Spaß im Vordergrund, und wer diese Faktoren sucht, sollte dem Spiel ruhig eine Chance geben.

Freitag, 21. Oktober 2016

Korsaren der Karibik



Verlag: Z-Man Games / Asmodee
Autor: Christian Marcussen / Kasper Aagaard
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 180 Minuten


Einleitung:

Wir schreiben den Beginn des 18. Jahrhunderts in der Karibik. Zwei bis vier Protagonisten schlüpfen in die Rolle eines einflussreichen Kaufmanns oder entscheiden sich für eine Laufbahn als verruchter Pirat. Doch egal, welchen Weg die Spieler auch einschlagen – Gold und Ruhm sind immer der Schlüssel zum Erfolg. Um allen anstehenden Aufgaben gewappnet zu sein, empfiehlt sich unter Umständen eine Investition in den Schiffsausbau, um bei riskanten Manövern oder in einem Kampf eine gute Figur abzugeben.

Ablauf:

Zunächst erhält jeder Spieler ein eigenes Kapitänstableau, das einerseits den Zustand des Schiffs anzeigt und andererseits Raum für Fracht, Gold und Karten bietet. Zur Ausrüstung gehören des Weiteren eine Kapitänskarte, eine Schatztruhe und ein Schiff sowie 10 Gold als Startkapital. Nun werden die Werte der Trefferbereiche gemäß den Angaben auf der Schiffskarte mit Holzwürfeln markiert. Der Spielplan zeigt 17 Meereszonen mit verschiedenen Häfen, die einer von vier Nationen zugeordnet sind. Alle Zonen werden mit verschiedenen Utensilien bestückt (Nachfragemarker, Schiffsmodifikationsmarker, Kauffahrermarke). Nun werden zwei Auftragskarten gezogen, vorgelesen und auf die zugehörigen Meereszonen platziert. Die Spieler setzen ihr Schiff auf den Heimathafen ihres Kapitäns (auf der Kapitänskarte vermerkt).

Der Rundenablauf von Korsaren der Karibik besteht immer aus dem Ziehen einer Ereigniskarte und dem anschließenden Ausführen von maximal drei Aktionen pro Spieler. Über Ereignisse kommen unter Umständen auch NSC-Schiffe ins Spiel, die keinem Spieler gehören und über weitere Ereigniskarten gesteuert werden. NSC können sowohl Schiffe der Marine als auch Piratenschiffe sein. Den Spielern stehen immer drei Aktionen zur Auswahl: Bewegen, Suchen und Hafen. Eine Aktion kann auch mehrmals ausgeführt werden. Mit der Bewegungsaktion kann ein Spieler sein Schiff in eine andere Meereszone oder in/aus einen Hafen ziehen. Möchte ein Spieler ein fremdes Schiff in seiner Meereszone aufspüren, nutzt er die Aktion Suchen. Über Erfolg und Misserfolg der Suche entscheidet ein Würfelwurf. Die Anzahl der verwendbaren Würfel hängt von den Eigenschaften des Kapitäns ab. Wird ein fremdes Schiff aufgespürt, kommt es in der Regel zum Kampf, der ebenfalls über Würfel gesteuert wird. Grundsätzlich hängt die Anzahl der zur Verfügung stehenden Würfel von den Werten der Kapitänskarte und dem Ausbau des Schiffs ab. Für ausgeplünderte Kauffahrer erhalten erfolgreiche Piraten Geld und Ruhm. In der Regel bringt ein gewonnener Kampf immer einen Ruhmpunkt ein.

Als Hafenaktion stehen den Spielern mehrere Unteraktionen frei:

  • Waren verkaufen
  • Waren kaufen
  • Schiff zur Werft bringen (kostenpflichtiges reparieren, modifizieren, etc.)
  • Seeleute anheuern
  • Gerüchte aufschnappen (nur durch erfolgreichen Würfelwurf)
  • Einen Auftrag annehmen
  • Gold aus der Schatztruhe nehmen oder hineinlegen (nur im Heimathafen)

Durch bestätigte Gerüchte und erfolgreiche Aufträge erhalten die Spieler immer einen Ruhmpunkt. Zusätzlich zu jedem Ruhmespunkt gibt es eine Ruhmeskarte, die einmalig eingesetzt werden kann und diverse Vorteile beinhaltet.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler mindestens zehn Ruhmpunkte erlangt hat. Ein alternatives Spielende tritt ein, wenn es keine Ereigniskarten mehr gibt oder ein Kapitän gestorben ist und keine anderen Kapitäne zum Nachziehen verfügbar sind. Der Spieler mit den meisten Ruhmpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Was Arkham Horror für das Genre der Horror-Spiele ist, ist Korsaren der Karibik für den Bereich der Piratenspiele. Nämlich eine mega-geniale Würfelorgie mit unglaublich intensiver Atmosphäre. Bei den meisten Brettspielen ist das Thema bekanntlich einfach über die Mechanik gestülpt, aber das trifft auf Korsaren der Karibik in keiner Weise zu. Dieses Spiel verbreitet vielmehr „echtes“ Piratenfeeling. Und dabei halten sich Planungsaufwand und Fun in etwa die Waage. Durch die exzessive Würfelei kommt natürlich ein ziemlich großer Glücksfaktor dazu, der in diesem Fall aber überhaupt nicht stört. Schließlich war das Leben als Pirat seinerzeit ebenfalls mit enormen Risiken verbunden, und deshalb passt die gewichtige Rolle von Göttin Fortuna einfach hervorragend ins Gesamtkonzept. Und um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, muss an dieser Stelle auf das besagte Gesamtkonzept näher eingegangen werden.

Wer Korsaren der Karibik noch nicht kennt und lediglich die Ablaufbeschreibung im oberen Block gelesen hat, stellt sich das Ganze möglicherweise als relativ einfaches Abenteuerspiel vor. Relativ einfach? Von wegen! Korsaren der Karibik ist ein hochkomplexes Machwerk, auf dessen unzählige Details natürlich nicht komplett eingegangen werden kann, weil die Schilderung aller Feinheiten den Rahmen sprengen würde. Das Regelwerk des Spiels umfasst stolze 16 Seiten plus zweiseitiger Kurzübersicht für jeden Spieler. 16 Seiten hört sich für erfahrene Spieler gar nicht mal so viel an, aber die Vielzahl an Facetten „erschlägt“ viele Kapitänsanwärter beim ersten Mal. Hat man die Mechanismen aber schließlich verinnerlicht, entpuppt sich Korsaren der Karibik als absolut stimmiges und logisch aufgebautes Brettspiel mit rotem Faden. Wiederum eine „mechanische Verwandtschaft“ zu Arkham Horror, das übrigens noch viel komplexer und überladener ist als Korsaren der Karibik.

Novizen sollten in ihrer ersten Partie vielleicht lieber als friedliebender Kaufmann anfangen. Diese Rolle spielt sich leichter und hat sogar etwas bessere Aussichten auf den Spielsieg. Hat man die Mechanismen im Ganzen verstanden kann man ja immer noch die Rolle wechseln und eine Laufbahn als berüchtigter Pirat einschlagen. Einem solchen Wechsel steht nichts im Wege, was ein weiterer Pluspunkt für das Abwechslungsreichtum von Korsaren der Karibik ist. Und speziell als Pirat stellt sich dann bei Plünderungsversuchen ein gewisses Kribbeln ein, das ein Spiel zu etwas ganz Besonderem macht. Ein Spiel soll Spaß machen und Emotionen wecken, und beides bietet Korsaren der Karibik im Überfluss. Spaß, Spannung, Frust und Schadenfreude … die Palette der Emotionszustände ist vielfältig, und genau das finden viele Spieler so toll.

Auf strategische oder taktische Tipps wird an dieser Stelle bewusst verzichtet. Auch deshalb, weil es nur wenige vernünftige Tipps gibt ;-)
Denn wie gesagt geht es bei Korsaren der Karibik primär um die geile Atmosphäre und den Spaß, und wenn das Glück nicht mitspielt, funktioniert auch der ausgeklügeltste Plan auf Dauer nicht. Wer atmosphärisches Piratenfeeling sucht und keine Angst vor vielen Detailfragen und jeder Menge Glück hat, sollte sich dieses Meisterwerk nicht entgehen lassen. Klare Kaufempfehlung!

Fazit:

Gott sei Dank hat sich Z-Man Games in Kooperation mit Asmodee zu einer Wiederveröffentlichung dieser Brettspiel-Perle entschlossen. Im Vergleich zur Pegasus-Erstauflage gibt es keine Änderungen zu vermelden, und das ist auch gut so, denn viel besser kann man das Spiel eh nicht machen. Mit Ruhmreiche See gibt es jetzt übrigens auch eine Erweiterung, die noch frischeren Wind ins Spiel bringen soll. Schau mer mal, ob sich im Laufe der Zeit vielleicht eine Rezension dazu ergibt :-)

Dienstag, 18. Oktober 2016

Camel Up Cards



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Spieleranzahl: 2 - 6
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 30 - 60 Minuten


Einleitung:

Camel Up Cards ist ein eigenständiges Kartenspiel, dessen Thematik natürlich auf den „großen Bruder“ basiert, der 2014 zum Spiel des Jahres gewählt wurde. Auch in der Kartenausgabe nehmen sich die Kamele wieder huckepack, und die Spieler können wetten, was das Zeug hält.

Ablauf:

Zunächst wird abhängig von der Spieleranzahl die Rennstrecke aufgebaut, indem die Streckenkarten in der Tischmitte ausgelegt werden. Anschließend werden die fünf verschiedenfarbigen Final-Wettkarten „tolles Kamel“ und „olles Kamel“ bereitgelegt. Ebenfalls bereitgelegt werden die Etappen-Wettkarten inkl. des neuen Typs „Mittelfeld“. Zum Vorrat gehören des Weiteren die Fuchskarte und die Palmenkarte mit den entsprechenden Figuren.

Jeder Spieler startet mit drei Pfund und einer Rennkarte. Zuvor wurden spielerzahlabhängig diverse Rennkarten zu einem Rennstapel gebildet. In seinem Zug führt der aktive Spieler immer eine Streckenaktion aus. Auf Wunsch kann er zusätzlich eine Wettaktion durchführen. Platziert der Spieler die Palme oder den Fuchs auf die Strecke, erhält er die entsprechende Fuchs- bzw. Palmenkarte. Diese zählen bei einer Wertung einen Minuspunkt. Erreicht ein Kamel oder ein ganzer Kamelzug einer dieser beiden Karten, rückt das Kamel ein Feld vor oder zieht ein Feld zurück. Fuchs bzw. Palme und die dazugehörige Karte gehen dann in den Vorrat zurück. Ansonsten kann der Spieler auch die oberste Karte des Rennstapels aufdecken und das abgebildete Kamel entsprechend vorziehen. Anstatt eine Karte zu ziehen kann der Spieler auch seine Handkarte ausspielen.

Als Wettaktion kann der Spieler eine verfügbare Etappen-Wettkarte oder eine verfügbare Final-Wettkarte nehmen. Nach dem Aufdecken der letzten Karte des Rennstapels endet die Etappe sofort und die Wertung findet statt. Überquert ein Kamel das Ziel, erfolgt die Finalwertung. Der Spieler mit dem meisten Geld hat dann gewonnen.

Meinung:

In vielerlei Hinsicht ähnelt Camel Up Cards dem großen Bruder, aber gleichzeitig gibt es auch einige Unterscheide, die das Spiel zu mehr als einen Klon des Brettspiels im Kartenformat machen.

Insgesamt gibt es vier Etappen-Wettkarten in jeder Farbe, aber von den finalen Wettkarten gibt es nur ein einziges Exemplar pro Farbe. Im Rahmen einer Wettaktion steht es dem Besitzer frei, seine Final-Wettkarte gegen eine andere (verfügbare) Karte auszuwechseln. Für Platz 1 gibt es sieben Pfund, Platz 2 zahlt immerhin noch drei Pfund aus. Ab dem dritten Platz bringt die Karte einen Minuspunkt. Trotzdem sind die Spieler quasi gezwungen, relativ frühzeitig eine Finalkarte zu nehmen, wenn absehbar ist, dass das entsprechende Kamel eine halbwegs gute Chance auf den Finalsieg hat. Dazu ist unter Umständen auch die Handkarte zu berücksichtigen, deren Wert man schließlich kennt.

Diese Karte in Verbindung mit den limitierten Final-Wettkarten macht Camel Up Cards auch weitaus taktischer und planbarer als das Camel Up Brettspiel. Wichtig: der Spaß leidet darunter in keiner Weise. Genau wie das Brettspiel macht das Kartenspiel einen Heidenspaß und eignet sich damit hervorragend für die ganze Familie. Bereichert wird das Ganze durch die lustige Illustration, die immer für gute Laune sorgt. Lediglich die Hantiererei mit den ganzen Karten ist anfangs gewöhnungsbedürftig, aber diese Anfangsprobleme legen sich sehr schnell. Und ein Vorteil der kleinen Verpackung ist schließlich, dass das Spiel leicht überall mit hingenommen werden kann.

Fazit:

Obwohl Camel Up Cards die Mechanismen des Brettspiels adaptiert, ist das Ganze dennoch eigenständig anzusehen. Und das ist gut so, denn auf diese Weise wurden etablierte Prinzipien durch leichte Modifikationen zu einer originellen Kartenspiel-Veröffentlichung gemacht. Wer ein Fun-Spiel mit Taktikeinflüssen sucht, sollte Camel Up Cards unbedingt eine Chance geben.

Samstag, 15. Oktober 2016

Karuba



Verlag: Haba
Autor: Rüdiger Dorn
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 40 Minuten


Einleitung:

Nach einer langen Reise haben zwei bis vier wagemutige Abenteurer die Insel Karuba erreicht. Sogleich macht sich das Expeditionsteam auf die Jagd nach verborgenen Schätzen, doch der Dschungel ist schwer durchdringbar und muss erst mit Pfaden ausgebaut werden.

Ablauf:

Jeder Spieler erhält ein Inseltableau und 36 Dschungelplättchen sowie vier Abenteurer und vier Tempel in verschiedenen Farben. Die Tempelschätze in den dazugehörigen Farben werden mittig bereitgelegt. Ebenfalls bereitgelegt werden Kristalle und Goldnuggets, die im Laufe einer Partie ins Spiel kommen. Die Abenteurerfiguren werden am Strand aufgestellt (linker und unterer Bereich), die Tempel kommen in ausreichender Entfernung an den Rand des Dschungels (oberer und rechter Bereich).

Der Expeditionsleiter zieht zufällig ein Plättchen und gibt die Nummer bekannt. Alle Mitspieler suchen sich das gleiche Plättchen aus ihrem Bestand heraus, so dass jeder Spieler das gleiche Plättchen verwendet. Nun haben die Spieler die Wahl, das Plättchen nach Belieben auf dem eigenen Inseltableau einzusetzen oder einen Abenteurer zu bewegen. Die Anzahl der möglichen Bewegungen hängt vom gezogenen Plättchen ab. Einige Plättchen weisen Kristall- oder Goldnugget-Abbildungen auf. Wird ein solches Plättchen auf das Tableau platziert, kommt ein Kristall bzw. ein Nugget darauf. Wenn ein Abenteurer auf einem solchen Plättchen zum Stehen kommt, darf sich der Spieler den Kristall / das Nugget nehmen. Erreicht ein Spieler mit einer seiner Figuren den farblich passenden Tempel, erhält er den dazugehörigen Tempelschatz, der zwischen fünf und zwei Punkten wert ist.

Das Spiel endet, wenn das letzte Dschungelplättchen gespielt wurde oder ein Spieler alle seine vier Abenteurer zu den Tempeln gezogen hat. Nun erfolgt die Schlusswertung, in der die Kristalle einen Punkt und die Goldnuggets zwei Punkte zählen. Hinzu kommen die Werte der Tempelschätze. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Wenig Regeln – großer Spielspaß. Karuba ist der Inbegriff eines gelungenen Familienspiels, das sowohl den Kindern als auch den Eltern viel Freude bereitet. De facto haben die Spieler immer nur eine Entscheidung zu treffen: Plättchen einsetzen oder eine Abenteurerfigur bewegen. Einfacher geht es nicht. Und trotzdem hat Karuba eine gewisse Tiefe, die natürlich sehr überschaubar ist.

Das A und O des Spiels ist ein funktionierendes Straßennetz bzw. Dschungelpfadnetzwerk. Wer es frühzeitig schafft, eine organisierte Infrastruktur aufzubauen hat gute Chancen auf den Spielsieg. Im Idealfall liegen natürlich auch noch Kristalle und Goldnuggets auf dem Weg, und die werden selbstverständlich gerne eingesammelt. Danach wird der Abenteurer zu seinem Tempel gebracht und der Tempelschatz abgegriffen. So einfach ist das. Wenn nur die richtigen Plättchen gezogen werden, und genau das ist die Krux an Karuba: Manchmal fehlt nur ein einziges Plättchen, um in der Mitte eingesetzt ein perfektes Dschungelpfadnetz zu vollenden, und genau dann wird so ein Plättchen einfach nicht aufgedeckt. Die Mitspieler freuts, und Schadenfreude ist nun mal die schönste Freude. Vor allem dann, wenn das eigene Straßenetz schon steht ;-)

Da jeder Spieler sein eigenes Tableau hat, gibt es kaum Interaktion zwischen den Konkurrenten. Karuba ist ein gemütliches Spiel, bei dem die Gegner nicht geärgert werden können. Das Glück spielt natürlich eine relativ große Rolle, aber mit einer vernünftigen Planung wird der Glücksfaktor zumindest relativiert. Werden wirklich mal mehrere unpassende Plättchen gezogen, werden sie halt für Abenteurer-Bewegungen abgeworfen. Das muss ohnehin manchmal sein, aber ärgerlich ist es nur, wenn wertvolle Goldnuggets oder auch Kristalle darauf abgebildet sind, die dem Spieler durch den Abwurf flöten gehen. Spaß macht die Jagd nach den Punkten jedenfalls Alt und Jung.

Fazit:

Karuba wurde 2016 immerhin zum Spiel des Jahres nominiert, und eine solche Nominierung geht an keine Gurke. Das Spiel ist bei allen Spielertypen beliebt und bietet kurzweilige Unterhaltung auf allen Ebenen. Für Familien und Gelegenheitsspieler sind 30 bis 40 Minuten Spieldauer nahezu ideal, und die Vielspieler nutzen Karuba gerne als Aufwärmer oder Absacker eines gelungenen Spieleabends.

Freitag, 7. Oktober 2016

Million Club



Verlag: Playad Games / Asmodee
Autor: Arnaud Ladagnous / Pascal Quidault / Henri Kermarrec
Spieleranzahl: 2-6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten pro Spieler


Einleitung:

Million Club entführt uns in das London des Jahres 1880. Die industrielle Revolution hat die Welt verändert, und zwei bis sechs Spieler sind in den elitären Kreis von Finanz- und Industriemogulen aufgestiegen. Um sich dort zu behaupten müssen die Protagonisten unter anderem Handelsverträge mit neuen Kolonien schließen, neue Industrien gründen oder auch mal Intrigen spinnen um letztendlich erfolgreich zu sein.

Ablauf:

Die fünf Aktionsscheiben des Spiels werden in aufsteigender Reihenfolge auf den Tisch gelegt. Über die Börse (Aktionsscheibe IV) wird das Kurs-Tableau platziert. Die Industrie-, Intrigen- und Koloniekarten werden gemischt und als verdeckte separate Stapel bereitgelegt. Jeder Spieler erhält zwei Spielfiguren, eine Koloniekarte, eine Industriekarte und sieben Million Geld als Startkapital. Die Industriekarten werden auf den Wert 1 gedreht. Anschließend wird sofort der Kurs auf der Börsenscheibe angepasst (gemäß der ausliegenden Industrien).

Million Club verläuft über neun Runden, in denen die Spieler zwei Aktionen durchführen können. Um eine Aktion anzukündigen setzen die Spieler ihre Figuren auf die aktiven Aktionsscheiben. Pro Runde wird eine Scheibe umgedreht und steht somit für diesen Durchgang nicht zur Verfügung. Mittels der Lobby-Scheibe können die Spieler Industrie-Drehungen durchführen. Dadurch steigern sie den Wert ihrer Industrien oder ziehen Geld ab. Hat ein Spieler als Einziger die Mehrheit seiner Figuren auf der Scheibe, darf er als Privileg eine Figur nach Ausführen der Aktion auf eine andere Scheibe versetzen und dort die dazugehörige Aktion durchführen, wenn die entsprechende Scheibe abgehandelt wird. Auf der Intrigenscheibe erhält der Spieler eine Intrigenkarte, die er sofort einsetzen darf. Das Privileg bei alleiniger Mehrheit ist der Erhalt einer weiteren Karte. Auf der Kolonienscheibe dürfen die beteiligten Spieler eine Kolonie für zwei Millionen kaufen. Durch das Privileg kann eine weitere Kolonie erstanden werden. An der Börse erhalten die Spieler Geld gemäß dem aktuellen Kurs. Als Privileg kann der Mehrheiten-Spieler einem Mitstreiter eine Industrie für das dreifache des aktuellen Werts der Industrie abkaufen. Last not least gibt es noch die Industriescheibe, wo die Spieler eine Industrie für vier Millionen kaufen können (Privileg: Kaufmöglichkeit einer weiteren Industrie). Am Rundenende steht den Spielern eine beliebige Industrie-Drehung zur Wertsteigerung oder Geldabschöpfung zur Verfügung.

Das Spiel endet nach der neunten Runde. Nun findet die Schlusswertung statt. Jede Industriekarte bringt ihrem Besitzer einen Siegpunkt für jede Entwicklungsstufe. Als Marktführer einer Industrieart erhält der Mehrheitsbesitzer so viele Siegpunkte, wie er Karten dieser Art besitzt. Drei unterschiedliche Industrien (=Set) ergeben zwei Bonuspunkte. Analog bringen die Kolonien und deren Mehrheiten und Sets ihren Besitzern Siegpunkte ein. Schließlich gibt es noch einen Siegpunkt für jeweils vier Million Geld. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Können so wenig Aktionsmöglichkeiten wirklich Spaß machen? Oh ja … sie können! In der Wirtschaft wäre Million Club vermutlich ein Paradebeispiel für Lean Management, d.h. verschlankte Grundmechanismen die trotzdem große Effizienz haben. Aufgrund des toll durchdachten Spielprinzips eignet sich Million Club sowohl für Vielspieler als auch für Gelegenheitsspieler. Kenner und Experten beobachten natürlich auch verstärkt die Konkurrenz, um nach Möglichkeit ein Privileg abgreifen zu können. Da gleich starke Mitstreiter sich dessen bewusst wind, belauern sich die Spieler zum Teil gegenseitig, um aus einem gegnerischen Fehler Kapital zu schlagen. Aber Privilegien sind definitiv nicht alles. Was nützt einem das Privileg der feindlichen Übernahme, wenn man kein Geld für den Zwangskauf übrig hat? Also sollten die wenigen  verfügbaren Aktionen möglichst optimal geplant werden, wobei Strategie und Taktik in der Regel Hand in Hand gehen. Überraschende Einsetzungen auf der Lobby-Scheibe können den eigenen Plan unter Umständen komplett umwerfen, weil der Kurs an der Börse schließlich immer sofort angepasst wird.

Kleinere Gemeinheiten werden bei Million Club zumeist belohnt. Insofern ist ein frühzeitiger Sitz auf der Intrigenscheibe ziemlich begehrt. Intrigen sind teilweise sogar wichtiger als eine ausbalancierte Strategie hinsichtlich des Kaufs von Sets (bei Industrien und Kolonien). Vor allem bei den Kolonien lohnt sich auch eher die Spezialisierung auf zwei bis maximal drei Kontinente, um über die Dominanz die Karten nochmals werten  zu dürfen. Außerdem sind Kolonien relativ günstig, weshalb sich vermehrte Käufe in diesem Bereich absolut lohnen. Doch auch Industrien sind eminent wichtig, um durch die Drehungen leichte Punkte zu generieren. Beide Faktoren bedingen aber den Besitz von Geld, weshalb der Börse ebenfalls eine bedeutende Rolle zukommt. Ergo: alles ist wichtig, aber man kann nicht alles gleichzeitig abdecken. Also das übliche Dilemma einer Vielspieler-Veröffentlichung :-)

Aufgrund der überschaubaren Optionen in Verbindung mit einer angenehmen Tiefe macht Million Club den Spielern einen Heidenspaß. Und aufgrund der Intrigenkarten kommt auch noch die bekanntlich schönste Art von Freude dazu, nämlich die Schadenfreude. Das Spiel funktioniert in allen Besetzungen, wobei eine erhöhte Spieleranzahl (ab vier Spielern) den Spielspaß deutlich steigert. Zählt man alle geschilderten Faktoren zusammen, kann für Million Club selbstverständlich eine bedenkenlose Weiterempfehlung ausgesprochen werden. Daumen hoch.

Fazit:

Million Club ist kein abendfüllender Brainburner wie Mombasa, Nippon und Konsorten. Mit solch einer Erwartung dürfen die Spieler nicht in eine Partie gehen, denn dann ist eine Enttäuschung vorprogrammiert. Million Club ist vielmehr ein kurzweiliges, spannendes und amüsantes Spiel, das mit wenigen Auswahlmöglichkeiten viel Tiefe und Spielspaß bietet. Das ist die Intension des Spiels, und dieser Intension wird Million Club absolut gerecht.

Montag, 3. Oktober 2016

Das Orakel von Delphi



Verlag: H@LL Games / Pegasus
Autor: Stefan Feld
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 100 Minuten


Einleitung:

Göttervater Zeus hat gute Laune und lädt einen Sterblichen zu einem Besuch in den Olymp ein. Doch um sich würdig zu erweisen, muss Derjenige zunächst zwölf Aufgaben erfüllen. Da jedoch mehrere Protagonisten auf einen Olymp-Besuch scharf sind, darf nur der Spieler eintreten, der die Aufträge als Erster gemeistert hat.

Ablauf:

Zunächst wird der variable Spielplan aus zwölf Spielplanteilen zusammengelegt. Dabei ist zu beachten, dass die sechs Stadtteile in ungefähr regelmäßigen Abständen von außen angelegt werden. Nun wird das Spielfeld mit Opfergaben, Tempeln, Monstern und Statuen bestückt. Auf Inselfelder mit farbigem Rahmen werden verdeckte Inselplättchen gelegt. Gunstplättchen, Orakelkarten, Wundenkarten, Begleiterkarten und Ausrüstungskarten werden neben dem Spielplan bereitgelegt. Von den Ausrüstungskarten werden sechs Stück aufgedeckt. Jeder Spieler erhält ein Spielertableau, das mit zwölf Zeusplättchen (=Aufgaben), einem Schild, einigen Gunstplättchen, drei Kultstätten und sechs verschiedenen Göttern vervollständigt wird. Alle Spieler starten mit ihrem Schiff auf dem Untiefen-Feld mit der Zeus-Figur. Die Spieler ziehen eine Wundenkarte und schieben den entsprechenden Gott (in der Farbe der Karte) ein Feld nach oben.

Das Orakel von Delphi verläuft über eine unbestimmte Anzahl an Runden, die in drei Phasen unterteilt sind. In der ersten Phase überprüfen die Spieler ihre Wundenkarten. Hat ein Spieler drei gleiche oder sechs beliebige Wundenkarten, muss er eine Erholungsrunde einlegen (=aussetzen). Dafür gibt er drei beliebige Wundenkarten ab. Beginnt ein Spieler seinen Zug ohne jegliche Wundenkarte, erhält er eine Belohnung (zwei Gunstplättchen oder einen Gott hochrücken). Es folgt die Aktionsphase, in der den Spielern mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Farbenunabhängig kann der Spieler für einen Würfel eine Orakelkarte oder zwei Gunstplättchen nehmen oder zwei Inselplättchen ansehen. Alle anderen Optionen hängen von der Farbe des verwendeten Würfels ab.

  • Gott hochrücken
  • Alle Wundenkarten der entsprechenden Würfelfarbe ablegen
  • Mit dem Schiff bis zu drei Wasserfelder fahren
  • Monster bekämpfen
  • Insel entdecken
  • Kultstätte bauen
  • Opfergabe aufladen
  • Opfergabe liefern
  • Statue aufladen
  • Statue errichten

Um die Aktion ausführen zu können muss das Schiff des Spielers neben einem passenden Inselfeld stehen. Gunstplättchen verlängern die Fahrt des Schiffs, können zur Farbveränderung genutzt werden und helfen bei der Bekämpfung eines Monsters. Pro Zug darf maximal eine Orakelkarte verwendet werden, was einer Zusatzaktion entspricht. Da jeder Spieler pro Spielzug nur drei Würfel hat, können somit inklusive einer etwaigen Zusatzoption maximal vier Aktionen ausgeführt werden.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler alle seine Aufgaben erfüllt hat und zum Zeusfigur-Ausgangsfeld zurückgekehrt ist. Die Runde wird dann noch zu Ende gespielt. Steht nur ein Spieler auf dem Zielfeld, hat er das Spiel gewonnen. Bei mehreren Spielern im Ziel gewinnt der Spieler mit mehr Orakelkarten bzw. mehr Gunstplättchen.

Meinung:

Zusammen mit Uwe Rosenberg bildet Stefan Feld seit Jahren die Autoren-Speerspitze der deutschen Vielspieler Szene. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an eine Veröffentlichung von diesen Koryphäen, und ob diese Ansprüche erfüllt werden, beleuchten wir in diesem Meinungsblock.

Das Orakel von Delphi ist kein typischer „Feld“. Vom Maestro ist man eigentlich hochkomplexes Punktesammeln gewohnt, aber Delphi beschreitet mit dem Ziel der Aufgabenerfüllung einen anderen Weg. Dabei hat das Spiel durchaus viele Regeln, ohne aber kompliziert zu sein. Bereits nach wenigen Runden sind die Mechanismen verinnerlicht, und bereiten erfahrenen Vielspielern keine Probleme, zumal auch die Symbolik der Aktionsmöglichkeiten hervorragend dargestellt ist. Ohne jetzt spoilern zu wollen empfiehlt sich nach Möglichkeit am Anfang das Entdecken von Inselplättchen, um einerseits die dazugehörige Belohnung einzustreichen und andererseits einen Überblick über die geografische Lage zu bekommen. Dieser Überblick erleichtert die Planung der Schifffahrt, auf der man möglichst sinnvoll Opfergaben bzw. Statuen an Bord nimmt. Und eine gut geplante Route verringert die benötigten Aktionszahlen, was natürlich die Effizienz steigert.

Bleiben wir erstmal bei der Taktik und betrachten wir die verschiedenen Göttergünste, die zu einem beliebigen Zeitpunkt verwendet werden können, sobald der Göttermarker die oberste Zeile erreicht hat. Die mächtigsten Zusatzaktionen bieten wahrscheinlich Poseidon, Ares und Apollon. Diese Götter erlauben das Versetzen des eigenen Schiffs auf ein beliebiges Wasserfeld, einen Sieg über ein Monster ohne würfeln zu müssen und das Nehmen einer Orakelkarte plus Farbneutralität aller Würfel in diesem Zug. Zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt sind diese Boni Gold wert, deshalb sollten die entsprechenden Götter nach Möglichkeit vorrangig nach oben geschoben werden. Unterschiedlich stark sind auch die Ausrüstungskarten, die man für das Besiegen eines Monsters erhält. Die Begleiterkarten sind allesamt mächtig und können den Spielern massiv helfen, deshalb ist ein frühzeitiges Errichten von Statuen definitiv nicht von Nachteil.

Da die meisten Aktionen von den Würfeln abhängen, muss nun auf den Glücksfaktor des Spiels eingegangen werden. Ja, Glück spielt bei dem Orakel von Delphi eine gewisse Rolle, aber der reale Glücksfaktor ist tatsächlich geringer als gefühlt angenommen. Vor allem in der ersten Partie neigen etliche Vielspieler dazu, das Glück höher einzuschätzen als es in der Realität ist. Denn schließlich können die (wichtigen) Gunstplättchen zum Umfärben verwendet werden, und außerdem kann ein vermeintlich unnützer Würfel immer noch für eine Orakelkarte investiert werden, die später eine Zusatzaktion gewährt und sich damit schon „refinanziert“. Also nicht gleich nach der ersten Partie über das Glück bzw. das Pech jammern, sondern einfach öfter spielen und aus den Erfahrungen lernen.

Das Orakel von Delphi ist mit Sicherheit kein Brainburner wie AquaSphere oder Bora Bora, aber mit ebensolcher Sicherheit anspruchsvoller als beispielsweise La Isla. Dieser Tatsache sollten sich die Fans unbedingt bewusst sein, um nicht mit falschen Erwartungen in das Spiel zu gehen. Wer „offen für alles“ ist und dementsprechend erwartungsfrei einsteigt, wird am Orakel von Delphi durchaus großen Spaß haben und auf seine Kosten kommen.

Fazit:

Die (Frau) würde ich nicht von der Bettkante stoßen“ Diesen Spruch hat vermutlich jeder Mann schon mal gehört, und umgekehrt gilt das Gleiche analog für die Damenwelt, die nämlich nicht viel anders tickt als die Herren der Schöpfung, grins. Ähnlich geht es mir mit dem Orakel von Delphi. Das Spiel ist gut bis sehr gut, und ich würde jederzeit in eine Partie einsteigen. Die ganz große Liebe des Lebens ist das Spiel jedoch nicht. Dafür fehlt den meisten Experten der letzte Kick, aber eine Empfehlung ist Delphi selbstverständlich trotzdem wert.