Samstag, 23. Dezember 2017

Reworld



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Autor: Wolfgang Kramer / Michael Kiesling
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 50 - 90 Minuten


Einleitung:

In Reworld übernehmen zwei bis vier Spieler die Rollen von Sternenflotten-Admirälen, die die Besiedelung eines fremden Planeten in Angriff nehmen. Vor Beginn der langen Reise muss der Frachter erstmal beladen werden. Im zweiten Kapitel werden die erworbenen Utensilien dann ausgeladen und für die Kolonisierung verwendet. Allerdings müssen immer erst die Gegenstände verwendet werden, die in den jeweiligen Bereichen am weitesten links liegen.

Ablauf:

Reworld ist ein ziemlich ungewöhnliches Brettspiel, das in zwei Kapitel unterteilt ist. Zu Beginn der ersten Phase wird der Spielplan in die Mitte gelegt und mit 20 Modulen bestückt, die zufällig aus einem Beutel gezogen werden. Jeder Spieler erhält eine bestimmte Anzahl an Offizierskarten, die zum Erwerb der Module verwendet werden. Jedem Spieler stehen fünf Kopplungsbereiche an ihren Raumschiffen zur Verfügung. Wo die Spieler ihre erworbenen Module anlegen ist ihnen freigestellt. Folgende Module gibt es:

  • Terrabots werden benötigt, um im zweiten Kapitel Städte zu gründen
  • Shuttles dienen dem Ausbau des Verteidigungsnetzes oder transportieren Bautrupps in die Städte
  • Bautrupps bauen Städte aus
  • Satelliten können zur Verstärkung des Verteidigungsnetzes verwendet werden oder bringen Siegpunkte für ihre jeweiligen Aufgaben

Kapitel Eins: Colossus Station“ verläuft über fünf Runden. Nach der letzten Runde endet die Vorbereitungsphase und geht in „Kapitel Zwei: Die Besiedlung“ über.

In diesem Kapitel koppeln die Spieler reihum ihre erworbenen Module vom Frachter ab und überführen sie auf den Planeten Eurybia, um diesen sukzessive bewohnbar zu machen. Wichtig: von jedem Kopplungsbereich muss bei der Überführung der Frachtteile immer das am weitesten links liegende Teil verwendet werden. Selbstverständlich gibt es auch eine logische Reihenfolge, die es zu beachten gilt. Liegen in allen Kopplungsbereichen (links) nur Module, die nicht zur Besiedlung passen, muss ein Modul ersatzlos abgeworfen werden. Ferner gibt es bei der Besiedlung noch einige Feinheiten zu beachten, z.B. darf in jeder Klimazone nur eine Stadt gegründet werden, Bautrupps dürfen nur an einer passenden Stadt weiterarbeiten usw. Auf die Aufzählung aller Details wird an dieser Stelle bewusst verzichtet, weil eine Ablaufbeschreibung nur die Kernmechanismen schildern soll und nicht die gesamte Anleitung nacherzählt (das würde den Rahmen sprengen).

Sobald alle Spieler ihre Module verladen haben kommt es zur Schlusswertung. Hierbei gibt es Siegpunkte für den höchsten Verteidigungswert und für alle fünf Städte in den verschiedenen Klimazonen. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Mit Reworld und Heaven & Ale hat die allseits bekannte Kooperationsgemeinschaft Eggertspiele / Pegasus zwei Spiele veröffentlicht, die unterschiedlicher nicht sein können. Obwohl beide Spiele wohlgemerkt die gleiche Klientel ansprechen, nämlich die Zielgruppe der Vielspieler und Experten.

Warum sind Reworld und Heaven & Ale nun so unterschiedlich? Zum einen haben sie gänzlich unterschiedliche Themen und zum anderen greifen total andere Mechanismen. Das ist aber noch nicht alles. Während Heaven & Ale im neoklassischen Eurogame-Look daherkommt, wirkt Reworld als „Gegenpol“ eher düster und technischer (was natürlich am Thema liegt). Last not least gibt es einen weiteren Unterschied, und dieser ist für die meisten Leser wahrscheinlich am wichtigsten: Heaven & Ale ist relativ leicht zugänglich, Reworld hingegen ist deutlich sperriger und für viele Spieler nicht unbedingt Liebe auf den ersten Blick.

Aber lasst Euch nicht täuschen – auch Reworld ist ein tolles Spiel geworden, das halt ein bisschen aus der Rolle fällt. Und das ist auch gut so, denn schließlich suchen die meisten Vielspieler neue Mechanismen, ungewöhnlichen Aufbau und auch eine Optik, wie man sie bei Eurogame-Veröffentlichungen selten vorfindet (und die eigentlich überhaupt nicht dem üblichen Stil von Illustrator Michael Menzel entspricht). Reworld ist somit durchaus innovativ und extrem eigenständig, und das ist definitiv ein explizites Sonderlob wert.

Macht das Spiel auch Spaß? Diese wichtigste aller Fragen kann nicht mit einem einzigen Wort beantwortet werden. Denn Reworld polarisiert die Spielergemeinde. Jetzt muss ich aufpassen, wie ich mich ausdrücke, denn die folgende Aussage ist keineswegs sexistisch gemeint. Fakt ist, dass in den Testrunden die Mädels / Frauen wenig angetan waren, während die meisten Männer durchaus begeistert waren. Eine ähnliche Reaktion habe ich vor ein paar Jahren bei Roll for the Galaxy feststellen können. Auch diese VÖ hatte extrem polarisiert und wurde von den (sogenannten) Herren der Schöpfung durchweg besser aufgenommen als von den Damen. Aber nochmal – das ist nicht sexistisch gemeint, sondern ist lediglich mein subjektiver Eindruck aufgrund empirischer Erfahrungen.

Ich selbst gehöre zu den Spielern, die von Reworld ziemlich begeistert sind. Aber Reworld ist sicherlich kein Spiel für jedermann. So ehrlich muss man im Rahmen einer halbwegs objektiven Rezension sein (sofern man bei Brettspielen überhaupt objektiv sein kann, denn Spielspaß und Spielfreude sind immer subjektive Faktoren).

Fazit:

Wer generell ein Freund von Science Fiction Themen ist, ungewöhnlichen Strukturen offen gegenübersteht und komplexe Überlegungen mag, sollte Reworld unbedingt näher ansehen. Es lohnt sich!

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Heaven & Ale



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Autor: Michael Kiesling / Andreas Schmidt
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 90 Minuten


Einleitung:

On and on
On and on
It´s Heaven and Hell

Mit diesen legendären Textzeilen schrieb Black Sabbath im Jahr 1980 Musikgeschichte und bescherte den Heavy Metal Fans einen Meilenstein für die Ewigkeit. Ob Heaven & Ale von diesem Song bzw. von diesem Album abgeleitet wurde und ob das Spiel eine genauso wertvolle Perle ist, erfahrt Ihr in den folgenden Ablauf- und Meinungsblöcken sowie im abschließenden Fazit.

Ablauf:

Thema des Brettspiels ist die Leitung eines klösterlichen Biergartens, wo zwei bis vier Protagonisten um die meisten Siegpunkte wetteifern. Dazu wird der Spielplan zunächst in die Mitte gelegt und mit allen benötigten Utensilien bestückt. Auf dem Spielplan, der in Form eines Rundlaufs angeordnet ist, werden Rohstoffplättchen, Mönchsplättchen und Wertungssteine platziert. Weiterhin gibt es Fässerplättchen mit Zielvorgaben, die in die Spielfeldmitte gelegt werden.

Jeder Spieler erhält einen eigenes Klostergarten-Tableau und fünf Privilegkarten. Das Startkapital beträgt 25 Dukaten. Zum Abschluss der Vorbereitung werden fünf unterschiedliche Rohstoffmarker sowie eine Braumeister-Figur auf ihre entsprechenden Startpositionen gestellt. Der aktive Spieler darf nun mit seiner Spielfigur beliebig viele Felder vorziehen (auf dem Rundkurs des Spielplans) und dann die entsprechende Aktion ausführen. Rohstoffplättchen können gekauft werden. Die Kosten hängen von der Bauposition des Klostergarten-Tableaus ab. Gleiches gilt für die Mönchsplättchen, die auf ihren Feldern ebenfalls erworben werden können. Wird im späteren Verlauf eine Wertung ausgelöst, so liefert die Schattenseite des Klostergartens Geld als Ertrag. Für Plättchen auf der Sonnenseite darf der Spieler seine Rohstoffmarker vorziehen.

Wertungen können auf zweierlei Arten ausgelöst werden. Wird ein Scheunenplatz auf dem Klostergarten-Tableau vollständig umschlossen (d.h. wenn alle Felder drum herum verbaut wurden), erhält der Spieler automatisch ein Scheunenplättchen, das er auf den entsprechenden Scheunenplatz legt. Dafür steigt er mit seinem Baumeister auf und darf obendrein Plättchen um die Scheune aktivieren. Wie erwähnt ermöglichen aktivierte Plättchen auf der Sonnenseite den Aufstieg von Rohstoffmarkern oder bringen auf der dunklen Seite Geld ein. Alternativ kann eine Wertung auch über ein Wertungsfeld ausgelöst werden. In diesem Fall wird ein bestimmter Mönch oder eine bestimmte Rohstoffsorte oder ein bestimmter Zahlenwert aktiviert. Durch Fassfelder auf dem Rundkurs können sich die Spieler Fässer aus der Mitte nehmen, wenn sie die Voraussetzungen / Zielvorgaben erfüllt haben. Fässer sind am Schluss Siegpunkte wert.

Das Spiel endet nach der letzten Runde, wenn alle Spieler wieder am Startfeld angekommen sind. Nun erfolgt die Schlusswertung. Zur Berechnung der Siegpunkte wird die Position des am weitesten hinten stehenden Rohstoffmarkers mit dem Siegpunktwert des Braumeisters multipliziert. Ggf. kommen noch Sondersiegpunkte für Fässer dazu. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Die Kooperation von Eggertspiele und Pegasus ist nahezu immer ein Garant für gelungene Veröffentlichungen im Kennerbereich, und Heaven & Ale bildet da keine Ausnahme. Das Spiel ist anspruchsvoll, macht großen Spaß und verlangt den Protagonisten teilweise gehörigen Gehirnschmalz ab.

Auf den ersten Blick scheint Heaven & Ale gar nicht mal so komplex zu sein, da die Regeln auf acht Seiten untergebracht wurden, was eigentlich vergleichsweise wenig ist. Aber trotz leichter Zugänglichkeit ist das Spiel durchaus fordernd, weil die Konkurrenten permanent unter Entscheidungszwang stehen, was sie am dringendsten benötigen. Natürlich sind Rohstoffe am Anfang äußerst beliebt, aber schon bei der Platzierung fängt das Entscheidungsdilemma an. Soll ich das Plättchen kostengünstig auf die Schattenseite lokalisieren oder zum doppelten Preis in die Sonne legen? Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten, und oftmals können auch beide Strategien zum Erfolg führen. Da es am Schluss aber größtenteils auf die Position des am weitesten hinten liegenden Rohstoffmarkers ankommt (und natürlich auch auf die Position des Braumeisters), sollte die Sonnenseite definitiv nicht vernachlässigt werden. Jeder Schritt der Rohstoffmarker erhöht letztendlich die Multiplikatorenwertung, und ein Spieler, dessen „schlechtester“ Rohstoff auf dem Wert 4 oder 5 steht, hat in der Abrechnung meistens keine Chance auf den Spielsieg. Da helfen auch viele Sonderpunkte durch Fässer nicht weiter.

Dummerweise kann die Sonnenseite-Strategie nicht endlos durchgezogen werden. Irgendwann geht einem Spieler nun mal das Geld aus, und dann helfen Geldausschüttungen der Schattenseite durchaus weiter. Aber auch die Mönche spielen eine gewichtige Rolle bei ihren Wertungen. Und damit sind wir auch schon bei der Erkenntnis, die auf so viele anspruchsvolle Veröffentlichungen zutrifft: alles ist wichtig. Das A und O des Spiels ist das Herausfinden einer vernünftigen Balance, um einerseits zahlungsfähig zu bleiben und andererseits mit den Rohstoffmarkern weiterzuschreiten. Und diese Überlegungen machen richtig viel Spaß. Zumal auch noch die Frage nach dem richtigen Timing zur Nutzung der Wertungsfelder hinzukommt.

Alles in allem ist Heaven & Ale also ein verdammt gutes Spiel geworden, das allen Vielspielern und Eurogame-Liebhabern bedenkenlos ans Herz gelegt werden kann. Einzig die „weibliche Formulierung“ im Regelwerk nervt ein bisschen, denn trotz aller berechtigten Forderung nach Emanzipation dürfte klar sein, dass die klassische Bezeichnung „Spieler“ immer geschlechtsneutral gemeint ist. Da muss man das Rad nicht neu erfinden, indem man konsequent von „Spielerin“ redet. Das ist einfach nur Quatsch :-)

Fazit:

Sicherlich gibt es noch bessere Spiele als Heaven & Ale (z.B. Great Western Trail, Terra Mystica usw.), aber trotzdem gibt es an dieser Veröffentlichung nichts groß zu bemängeln. Und deshalb kann abschließend auch mit Inbrunst gesungen werden:

On and on
On and on
It´s Heaven and Ale :-)

Montag, 4. Dezember 2017

Majesty: deine Krone - dein Königreich



Verlag: Hans im Glück
Autor: Marc André
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: 20 – 30 Minuten


Einleitung:

Als angehende Königin (oder angehender König) locken zwei bis vier Spieler einflussreiche Persönlichkeiten in ihr aufstrebendes Königreich. Die angeworbenen Personen bringen Reichtum, und genau darum geht es in Majesty: deine Krone – dein Königreich. Wer am Ende das meiste Geld besitzt, gewinnt nämlich das Spiel.

Ablauf:

Zunächst erhalten die Spieler acht Gebäudekarten (jeweils eine Karte jeder Art) sowie eine Meeple-Karte und fünf Arbeiter. Anschließend wird ein Nachziehstapel aus unterschiedlichen Personenkarten gebildet, von denen sechs Karten offen ausgelegt werden.

In seinem Zug nimmt sich der aktive Spieler genau eine Person und legt sie unter seine passende Gebäudekarte. Dafür erhält der Spieler Geld. Je mehr gleiche bzw. gewertete Personen auslegen, desto mehr Geld erhält man, da der Ertrag kumulativ ist. Einige Personen verfügen über Sonderfähigkeiten. Eine Wache beinhaltet einen Verteidigungswert gegen Angriffe von gegnerischen Soldaten. Spielt ein Protagonist einen Soldaten aus, verletzt dieser jeden Mitspieler, der weniger Wachen besitzt als der Angreifer über Soldaten verfügt. In dem Fall wird eine Person ins Lazarett gelegt. Geheilt werden können verletzte Personen durch eine Hexe. Wird eine solche Hexe ausgelegt, wird der oberste verletzte Charakter zurück ins Königreich gebracht.

Das Spiel endet, sobald jeder Spieler zwölf Personen genommen hat. Nun erfolgt die Schlusswertung. Für verletzte Personen im Lazarett muss jeweils eine Münze bezahlt werden. Anschließend wird überprüft, wie viele unterschiedliche Personenarten im eigenen Königreich liegen. Diese werden dann mit sich selbst multipliziert (z.B. 6x6=36 bei sechs unterschiedlichen Personen). Last not least wird die Mehrheit jeder Personenart mit Münzen belohnt. Der Spieler mit dem meisten Geld hat dann gewonnen.

Alternativ kann das Spiel auch mit der B-Seite der Gebäudekarten gespielt werden. Dabei ändert sich der Ertrag beim Personenanlegen. Der grundlegende Mechanismus wird aber unverändert beibehalten.

Meinung:

Majesty: deine Krone – dein Königreich ist ein gelungenes und unterhaltsames Spiel, das sowohl Familien und Gelegenheitsspielern als auch Vielspielern ans Herz gelegt werden kann.

Da die Veröffentlichung ziemlich simpel ist, kommen auch unerfahrene Spieler schnell rein, und auch Kinder können problemlos mitspielen. Das Schöne dabei ist, dass Majesty trotz einfachem Mechanismus ein sehr guter Einstieg in das Genre der anspruchsvolleren Spiele sein kann. Bei Majesty lernen Spielnovizen nämlich einen Mechanismus ohne Würfel kennen, und genau damit kann unter Umständen das Interesse an komplexeren Veröffentlichungen geweckt werden.

Aber auch ohne Ambitionen zum tieferen Eintauchen in die Szene macht Majesty Spaß. Und das ist schließlich das Wichtigste bei jedem Spiel. Als Spieler muss man sich immer überlegen, ob man möglichst breitgefächert zu Werke geht (um am Schluss den Bonus für die unterschiedlichen Personen zu maximieren) oder ob man sich eher auf drei bis vier Kategorien spezialisiert, um am Ende die Mehrheiten in diesen Bereichen zu haben. Beide Strategien können zum Erfolg führen. Lediglich auf Wachen sollte keinesfalls verzichtet werden, denn ansonsten wird man schnell zum chancenlosen „Daueropfer“ bei gegnerischen Angriffen.

Majesty: deine Krone – dein Königreich funktioniert zwar in allen Konstellationen, aber zu dritt oder (noch besser) zu viert macht das Spiel definitiv mehr Spaß als zu zweit. Je mehr Mitspieler, desto interessanter wird die Mehrheitswertung und auch allgemein sollte man dann verstärkt darauf achten, welche Personen von den Mitstreitern genommen werden.

Fazit:

Majesty ist definitiv kein „Hirnverzwirbler“, aber trotzdem ein schönes Spielchen, das jedem Spielertyp weiterempfohlen werden kann. Vielspieler nutzen die Veröffentlichung als Aufwärmer / Absacker, und für Familien und Gelegenheitsspieler bietet das Ganze guten und kurzweiligen Spielspaß.