Samstag, 19. Januar 2019

Coimbra



Verlag: Eggertspiele / Pegasus
Autor: Virginio Gigli / Flaminia Brasini
Spieleranzahl: 2 – 4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 75 – 120 Minuten


Einleitung:

Zusammen mit Lissabon und Porto zählte auch Coimbra zu den blühenden portugiesischen Städten im Zeitalter der Entdeckungen. Im gleichnamigen Brettspiel schlüpfen zwei bis vier Protagonisten in die Rolle eines bedeutenden Familienoberhaupts, das über vier Spielrunden mittels diverser Aktionen und unterschiedlichen Strategien die meisten Siegpunkte für das eigene Haus ansammeln will.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und abhängig von der Spieleranzahl mit allen benötigten Utensilien bestückt. Der Hauptplan ist in verschiedene Bereiche unterteilt. Auf der linken Seite befinden sich vier Stadtteile, daneben eine Pilgerlandkarte und ganz rechts vier Einflussleisten. Im unteren Bereich werden sechs Expeditionen auf den dazugehörigen Expeditionsfeldern ausgelegt. Jeder Spieler erhält eine Spielerablage, drei Würfelhalter, zwei Holzmarker und einen Pilger. Des Weiteren besitzt jeder Spieler 25 Holzscheiben, die als Marker auf den Leisten und als Pilgermarker für besuchte Klöster verwendet werden. Abhängig von der Spielerreihenfolge suchen sich die Konkurrenten einen Pilgerstartplatz in der Stadt Coimbra sowie ein Paar Start-Einwohnerkarten aus. Diese Einwohnerkarten bestimmen die Startvoraussetzungen der Spieler.

Coimbra verläuft über vier Runden, die in verschiedene Phasen unterteilt sind. Zunächst würfelt der Startspieler alle Würfel und generiert damit den Würfelpool für die aktuelle Runde. Reihum wählen die Spieler nun einen Würfel aus und platzieren ihn in einen Stadtteil der eigenen Wahl. Nachdem jeder Spieler drei Würfel gesetzt hat werden die Stadtteile von oben nach unten ausgewertet. Im Schloss erhalten die Spieler Gunstplättchen, während sie in den folgenden Stadtgebieten Einwohnerkarten erwerben können. Die Kosten solcher Karten ergeben sich aus dem Würfelwert und dem Kartensymbol (z.B. vier Münzen). Durch die Karten schreiten die Spieler auf den entsprechenden Leisten voran, und außerdem gibt es noch diverse Sofortboni oder sonstige permanente Vorteile. Spielende-Boni Karten bringen ihrem Besitzer zusätzliche Siegpunkte am Spielende.

Nachdem alle Aktionen durchgeführt wurden wird die neue Spielerreihenfolge anhand der aktuellen Kronen im Besitz der Spieler ermittelt. Dann folgt die Einkommensphase, in der die Spieler Wachen, Münzen, Pilgerschritte und Siegpunkte gemäß den Positionen auf den Einflussleisten erhalten. Anschließend kann noch eine Expedition kostenpflichtig ausgestattet werden, die am Schluss Siegpunkte einbringen kann.

Das Spiel endet nach der vierten Runde mit der Schlusswertung, in der die Spieler Siegpunkte für verschiedene Faktoren erhalten (Expeditionen, Fortschritte auf den Einflussleisten, Diplomsets, Spielende-Boni Karten sowie verbliebene Wachen, Münzen und Kronen. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Was für ein geiles Spiel! Coimbra bringt jedes Vielspieler-Eurogamer-Herz zum jauchzen, denn diese Veröffentlichung bietet alles, was sich Kenner und Experten nur wünschen können.

Die Farbgestaltung und der Ersteindruck beim Lesen der Regel erweckt die Assoziation, dass Stefan Feld (Autor) und What´s Your Game (Verlag) eine Kooperation vereinbart hätten, und spieltechnisch ist das gar nicht mal so weit hergeholt. Der Aufbau und die Farbgestaltung des Spiels erinnern in der Tat an diverse What´s Your Game Publikationen. Lediglich die modernere Illustration passt hier nicht recht ins Bild. Spielerisch und hinsichtlich der Mechanismen könnte Maestro Feld Pate gestanden haben. Coimbra geizt nicht mit Punkten, und selbst verständlich gibt es viele Strategien zum Sieg. Doch trotz verschiedener Optionen führt der sinnvollste Weg immer über die vier Einflussleisten im rechten Bereich des Hauptspielplans. Vor allem die Münzen- und Wachen-Einkommen sollten möglichst schnell gepusht werden, um immer gut bei Kasse zu sein. Doch auch die Pilgerschritte mit dem Besuch der Klöster bringen oftmals wichtige Vorteile und teilweise richtig viel Siegpunkte. Hier ist auch das Timing ziemlich wichtig, denn die meisten Punkte erhält man oft erst dann, wenn bereits bestimmte Voraussetzungen erfüllt wurden.

Nicht zu unterschätzen ist eine Platzierung im Schloss. Die Gunstplättchen sehen harmloser aus, als sie sind. Vor allem der Würfelaufsatz mit drei Zusatzwerten kann beim Kaufen der Einflusskarten die Planungen der Mitspieler gehörig zunichte machen oder zumindest eine vielversprechende Kartenanvisierung zerstören. Trotzdem ist Coimbra kein Spiel mit viel Interaktion. Es gibt zwar auch Einflusskarten mit Auswirkungen auf die Gegner, aber der Großteil der Karten bietet eher einen rein solitären Vorteil. Ich persönlich mag diese Mechanismen, weil sie die Planungen vereinfachen und leichter realisierbar machen.

Obwohl die Regeln gar nicht mal so ausufernd-komplex sind, bietet Coimbra eine ungeheuere Spieltiefe. Viele Aktionen führen zu Folgeaktionen, was das Spiel relativ verzahnt macht. Auch das ist übrigens ein beliebtes Element, dass der Großmeister Stefan Feld gerne mal einsetzt.

In den ersten paar Partien dürfte die angegebene Spielzeit meistens überschritten werden, weil die Effekte der verschiedenen Karten nachgelesen werden müssen. Hat man Coimbra jedoch schon öfters gespielt und sind die Karteffekte entsprechend bekannt, ist das Spiel durchaus in zwei Stunden zu bewältigen, sofern keine Extremgrübler am Tisch sitzen die für einen Spielzug ewig lang überlegen. Hinsichtlich des Komplexitätsgrads ist Coimbra im gehobenen Kennerbereich angesiedelt (kurz vor der Kategorie „Experte“). Wer einen Anspruch der Marke Great Western Trail und Konsorten sucht, wird bei Coimbra also sicherlich fündig.

Fazit:

Mit Coimbra ist dem bewährten Team Eggertspiele / Pegasus wieder ein echter Volltreffer gelungen, der ohne jegliche Abstriche an Kenner und Experten weiterempfohlen werden kann. Das Spiel ist anspruchsvoll, bietet vielfältige Möglichkeiten und macht einfach tierisch Spaß.

Dienstag, 8. Januar 2019

Die Legenden von Andor - Die Verschollenen Legenden - "Alte Geister"



Verlag: Kosmos
Autor: Dorothea Michels / Matthias Miller
Spieleranzahl: 2 – 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 – 90 Minuten


Einleitung:

Die Verschollenen Legenden – Alte Geister ist eine Erweiterung für das Andor Grundspiel, die mit drei neuen Legenden und dem dazugehörigen Bonusmaterial aufwartet. Die Storyline setzt nach dem Sieg über den Drachen an. Zum Spielen dieser Erweiterung wird das Andor Basisspiel benötigt.

Ablauf:

Die erste neue Legende trägt den Titel „Die Spur des Drachen“. Dieses Szenario führt das Lager der Tulgori ein, in dem auch neue Gegenstände wie der Knochenhelm und der Sand der Temm zum Verkauf stehen. In Form von Arbaks gibt es neue Kreaturen, die durch Rietgrasblüten besänftigt werden können. Die Aufgaben der Helden bestehen in der Verteidigung der Burg und Lager sowie der Reparatur von zerstörten Bauernhöfen.

Die zweite Legende heißt „Der Hexer aus Andor“ und spielt wie „Die Spur des Drachen“ auf der Vorderseite des Spielplans. Ziel der Partie ist die vollständige Kartographisierung aller markierten Orte bevor der Erzähler das Feld N erreicht. Auch dieses Szenario führt neues Material ein. Arbaks spielen ebenfalls mit. Für die Kartographisierung eines Ortes erhalten die Helden einen Schatz der Tulgori.

Die steinernen Drei“ ist die Abschlusslegende der Erweiterung und wird auf der Rückseite des Spielplans gespielt. Auch hier spielen neue Figuren mit … ebenso wie neues Material. In dieser Legende haben die Helden zeitlich unterschiedliche Ziele. Bevor der Erzähler das Feld C erreicht hat, muss ein Held die Mine betreten haben. Dadurch wird eine weitere Aufgabe ausgelöst (die Befreiung von Fürst Hallgard). Außerdem muss der Baum der Lieder verteidigt werden.

Für alle drei Legenden gibt es diverse Regelmodifikationen, die im Begleitheft erläutert sind. Mit der Erweiterung Neue Helden bzw. Dunkle Helden können die Verschollenen Legenden auch zu fünft oder sechst gespielt werden.

Meinung:

Großartig! Mit den Verschollenen Legenden führen die Autoren Matthias Miller und Dorothea Michels die Geschichte Andors hervorragend fort und bereichern das Andor Universum von Michael Menzel um drei neue Legenden, die es in sich haben.

Im Vergleich zu den vorherigen Andor-Veröffentlichungen gibt es deutlich mehr zu lesen. Alle drei Legenden bestehen aus wesentlich mehr Anweisungskarten als die Szenarien des Grundspiels, welches unbedingt durchgespielt sein sollte, bevor ein Spieler die Verschollenen Legenden angeht. Das hat gleich zwei Gründe. Zum einen führen die neuen Legenden die Geschichte fort (also ein thematischer Aspekt) und zum anderen sind Die Verschollenen Legenden – Alte Geister relativ anspruchsvoll (zumindest wurde das von meinen Spielergruppen so empfunden). Und daher ist es durchaus von Vorteil, wenn man bei den Szenarien des Grundspiels bereits diverse Erfahrungen gesammelt hat und in die Story eingetaucht ist.

Sowohl in der Ablaufbeschreibung als auch in diesem Meinungsblock wird bewusst nicht detailliert auf alle Feinheiten eingegangen. Denn zu viele Informationen spoilern das Spielgeschehen, und genau das sollte meiner Meinung nach nicht geschehen. Die Legenden von Andor ist ein Spiel, das unter anderem vom Entdecken neuer Aufgaben lebt. Und natürlich von der Story, die lebendig fortgesetzt wird. Jeder Spieler freut sich doch auf die Überraschungen, die die Legenden für ihn parat halten. Deshalb wird in dieser Rezension auch nicht viel verraten, um die Spannung nicht herauszunehmen.

So viel sei jedoch gesagt: alle drei Legenden sind allererste Sahne und bieten viel Spielspaß auf höchstem Niveau. Alle Andori (= Andor Fans) können hier bedenkenlos zuschlagen.

Fazit:

Herzlichen Dank an das Autorenduo Miller/Michels und den Kosmos-Verlag, dass Die Legenden von Andor fortgesetzt werden und nicht mit Abschluss der ursprünglichen Trilogie enden. In Andor gibt es noch viel zu entdecken, und hoffentlich warten auch in den nächsten Jahren noch viele weitere Abenteuer auf die Fans, die sich mit Sicherheit sehr darauf freuen.