Mittwoch, 22. Juli 2015

Broom Service



Verlag: Alea / Ravensburger
Autor: Andreas Pelikan / Alexander Pfister
Spieleranzahl: 2 - 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 – 75 Minuten


Einleitung:

Wer neue Zaubertränke benötigt, muss heutzutage nicht mehr nach Hogwarts zu Professor Snape gehen, sondern kann sich sein Gebräu auch selbst herstellen. Das Ganze passiert in Broom Service, dem neuesten Spiel von Alea/Ravensburger, das vor kurzem zum Kennerspiel des Jahres gekürt wurde. Sind die Tränke erstmal fertig, liefern fixe Hexen die Bestellung überall im magischen Reich aus. Dabei können die Spieler mutig oder feige zu Werke gehen. Mutige Aktionen bringen größere Vorteile, aber sie bergen auch die Gefahr, komplett leer auszugehen. Feige Aktionen hingegen werden garantiert ausgeführt, aber dafür müssen sich die Protagonisten mit eingeschränkten Möglichkeiten zufrieden geben.

Ablauf:

Der Spielplan wird in die Mitte gelegt und jeder Spieler erhält ein Set mit zehn Rollenkarten sowie drei Zaubertränke und einen Zauberstab. Die restlichen Tränke und Zauberstäbe (=Ressourcen) werden als allgemeiner Vorrat bereitgehalten. Nun werden noch die Gewitterwolken auf dem Spielplan verteilt und sieben Ereigniskarten bereitgelegt, von denen die erste Karte umgedreht wird. Diese Karte gibt das Ereignis für die erste Runde vor. Bei weniger als fünf Spielern werden noch verwunschene Rollen ausgelegt, und schon kann es losgehen.

Broom Service verläuft über sieben Durchgänge. Zu Beginn einer Runde wählen die Spieler jeweils vier Rollenkarten aus, die sie auf die Hand nehmen. Die verbliebenen Karten spielen in dieser Runde keine Rolle. Der Startspieler spielt eine seiner vier Handkarten aus und entscheidet sich sogleich für die dazugehörige mutige oder feige Aktion. Feige Aktionen werden sofort ausgeführt, während die Ausführung einer mutigen Aktion von den Mitspielern abhängt. Denn diese müssen nun reihum die Karte des Startspielers bedienen, d.h. sie müssen die Spielkarte zwangsweise ausspielen, wenn sie die Karte auf der Hand haben. Hat sich der Startspieler für eine mutige Aktion entschieden geht er leer aus, sofern zumindest ein Mitstreiter seine ausgespielte Karte bedient. Jetzt muss sich der bedienende Spieler entscheiden, ob er die Kartenaktion mutig oder feige ansagt. Mutige Aktionen bringen mehr Vorteile, wenn kein nachfolgender Mitspieler die Karte bedienen kann. Dafür garantiert eine feige Aktion deren Ausführung, unabhängig vom Bedienen der Konkurrenten.

Mittels der ausgespielten Karten, bzw. deren Aktionen, erhalten die Spieler neue Ressourcen oder können benötigte Tränke im Reich abliefern. Für das Abliefern von Zaubertränken erhalten die Spieler Siegpunkte. Unter Umständen verhindern Wolkenplättchen das Reisen von einem Landstrich zum nächsten. Mit der Rolle der Wetterfee lassen sich diese Plättchen gegen Abgabe von Zauberstäben wegzaubern. Für die Blitzsymbole auf den Plättchen erhalten die Spieler bei der Schlusswertung dann noch Bonussiegpunkte. Broom Service endet nach dem siebenten Durchgang. Nun werden noch die Siegpunkte für die gesammelten Blitze und die restlichen Ressourcen vergeben, und der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Alternativ zum beschriebenen Grundspiel kann Broom Service auch mit diversen Varianten gespielt werden. Dabei gibt es Sturmwolken, die beim Wegzaubern zusätzliche Vorteile gewähren oder Sondersiegpunkte einbringen. Gleiches gilt für die Wald- und Hügelplättchen. Bergplättchen beinhalten ebenfalls Vorteile (z.B. zusätzliche Ressourcen oder einen kostenlosen Hexenflug), außerdem darf sich der Spieler ein Amulett seiner Farbe nehmen. Ein Set von Amuletten ist am Ende dann weitere Bonuspunkte wert. Sämtliche Varianten/Module können allein oder zusammen eingesetzt werden.

Meinung:

Broom Service wurde 2015 zum Kennerspiel des Jahres gewählt, und zu dieser Auszeichnung sei an dieser Stelle zunächst herzlich gratuliert.

Viele Spieler vermuten hinter der Prämierung zum „Kennerspiel“ oftmals hochkomplexe Veröffentlichungen, die sich nur an das Klientel der Hardcore-Vielspieler richten. Weit gefehlt! Sicherlich sind die Kennerspiele des Jahres anspruchsvoller als der Großteil der Familienspiele, aber dennoch müssen diese Spiele nicht mega-kompliziert sein. Der Preis sagt lediglich aus, dass das prämierte Spiel auch den Nicht-Spielern oder Gelegenheitsspielern ein etwas anspruchsvolleres Spielangebot ans Herz legt, mit dem sie Spaß haben können, und genau das trifft auf Broom Service vollends zu. Broom Service spricht neben Vielspielern auch Gelegenheitsspieler, Familien und sogar ältere Kinder an, und welches Brettspiel kann das schon von sich behaupten?

Die Regeln des Spiels sind leicht zugänglich, schnell verstanden und durch die hervorragend geschriebene Anleitung bestens erläutert. Entsprechend flott ist das Spiel erklärt, so dass die Spieler ruckzuck loslegen können. Einige Spieler haben Broom Service bis zu diesem Zeitpunkt möglicherweise unterschätzt, doch sehr schnell kristallisiert sich heraus, dass das Spiel durchaus seine Tücken hat. Setzt ein Spieler auf die offensichtlichen Aktionen, so wird er mit mutigen Aktionsansagen wahrscheinlich baden gehen, da die nachfolgenden Spieler vermutlich die gleiche Rollenkarte auf der Hand haben. Also lieber überraschende Rollen wählen und auf mutige Aktionen hoffen? Nicht unbedingt. Andere Spieler könnten nämlich zum gleichen Schluss kommen. Speziell im Kreis von erfahrenen Strategen kann es durchaus vorkommen, dass die Mitspieler bereits im Vorfeld der Rollenwahl analysiert und eingeschätzt werden. Die Mitspieler wiederum wissen das und machen deshalb manchmal genau das Gegenteil. Bei der Einschätzung unter Vielspielern kann es also vereinzelt zu echten Gehirnverzwirblern kommen, was bei Gelegenheitsspielern, Familien oder Kindern nicht der Fall ist.

Diesen Spielern macht Broom Service aber zweifellos genauso viel Spaß wie den Strategen mit ihrer Hochrechnerei. Und genau das ist ja das tolle Phänomen von Broom Service – das Spiel macht einfach jedem Spaß. Egal ob Vielspieler oder Wenigspieler. Und Spielspaß ist immer das Wichtigste an einem Brettspiel. Demzufolge punktet Broom Service auf ganzer Linie und kann als Konsequenz auch bedenkenlos weiterempfohlen werden. Apropos Empfehlung: wenn Ihr ein paar Partien mit dem Grundspiel hinter Euch gebracht habt solltet Ihr unbedingt die Varianten ins Spiel bringen. Diese machen das Spiel interessanter und abwechslungsreicher und bieten mehr Strategien, um durch unterschiedliche Optionen dem Sieg näherzukommen.

Fazit:

Broom Service macht einen Heidenspaß und begeistert Groß und Klein. Außerdem ist das Spiel relativ anspruchsvoll, ohne dabei komplex zu sein. Nach so vielen tollen Veröffentlichungen wie beispielsweise Puerto Rico, Bora Bora usw. hat sich Alea die Auszeichnung wirklich mal verdient, und Ravensburger als Mutterverlag kann auf seinen Zögling richtig stolz sein.

Freitag, 17. Juli 2015

Eldritch Horror



Verlag: Heidelberger Spieleverlag
Autor: Corey Konieczka / Nikki Valens
Spieleranzahl: 1 - 8
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: ca. 120 – 240 Minuten


Einleitung:

Die Welt steht am Rande des Abgrunds. Nach einem äonenlangen Schlaf regen sich uralte Wesen, um Tod und Wahnsinn über die Menschheit zu bringen. Nur eine Handvoll unerschrockener Ermittler hat den Mut, die Mysterien der Großen Alten zu ergründen. Ihre Aufgabe ist es, die entlegensten Winkel der Erde zu erforschen und albtraumhafte Kreaturen zu besiegen, um das Rätsel von Eldritch Horror zu lösen.

Ablauf:

Zunächst wählen die Spieler jeweils einen Charakter und suchen anschließend einen Großen Alten als Gegenspieler aus. Danach wird der Spielplan inklusive aller Komponenten ausgelegt. Jede Spielrunde besteht aus drei Phasen, nämlich der Aktionsphase, der Begegnungsphase und der Mythosphase.

Sämtliche Phasen werden reihum, beginnend mit dem Ermittlungsleiter (=Startspieler), abgehandelt. Jedem Ermittler stehen in seinem Zug zwei Aktionen zur Verfügung. Man darf dieselbe Aktion nicht zwei Mal ausführen. Auf Stadtfeldern kann der aktive Ermittler eine Reisevorbereitung treffen und damit einen Fahrschein erhalten. Weiterhin kann sich der Spieler um ein Feld bewegen und anschließend ggf. einen Fahrschein abgeben, um ein weiteres Feld vorwärts zu ziehen. Nach einer bestandenen Einflussprobe darf er sich Unterstützungen aus der Reserve beschaffen, und sofern mehrere Ermittler zusammen auf einem Feld stehen, dürfen sie beliebig viele Ausrüstungsgegenstände austauschen. Wählt ein Spieler die Aktion Ausruhen, regeneriert er eine Ausdauer und eine Geistige Gesundheit. Last not least kann ein Ermittler auch eine Aktion vom Ermittlerbogen oder von einem Ausrüstungsgegenstand wählen.

Es folgt die Begegnungsphase, in der man Monstern auf dem eigenen Feld nicht ausweichen kann. In diesem Fall kommt es zwangsweise zum Kampf. Zunächst muss der Ermittler eine Willenskraftprobe bestehen; ansonsten verliert er eine oder mehrere Geistige Gesundheit. Anschließend bekämpft er das Monster mittels einer Stärkeprobe. Proben werden durch Würfeln entschieden. Die Anzahl der verfügbaren Würfel basiert auf den Werten des Ermittlerbogens in Kombination mit Ausrüstungsgegenständen und Verbündeten. Besiegte Monster kommen in die Monsterquelle zurück. Nun kann der Ermittler eine Standort- oder Markerbegegnung ausführen, indem die entsprechende Karte gezogen wird. Bei diesen Begegnungen werden meistens weitere Proben verlangt, deren Ausgang positive oder negative Auswirkungen hat. Beispielsweise erhält der Ermittler einen Hinweismarker oder schließt ein Tor. Oder die Probe misslingt und der Spieler erhält eine Zustandskarte, die in der Regel ein Handicap darstellt. In der Mythosphase wird eine Mythoskarte aufgedeckt und deren Effekte abgehandelt. Meistens öffnen sich neue Tore (inkl. eines Monsters) oder Hinweise erscheinen oder Racheeffekte werden aktiv oder oder oder. Bis auf das Erscheinen von Hinweisen haben alle Effekte in der Regel negative Auswirkungen. Unter anderem muss beispielsweise der Verderbensmarker weitergerückt werden, was uns zum Spielende und Spielziel führt.

Sobald die Ermittler drei Mysterien aufgeklärt haben, gewinnen sie das Spiel. Sollte jedoch der Verderbensmarker das letzte Feld der Verderbensleiste erreichen, erwacht der Große Alte und die Ermittler müssen ein zusätzliches Mysterium lösen. Sobald der Mythosstapel aufgebraucht ist, haben die Ermittler verloren. Unter Umständen können die Spieler auch durch eine Gerüchte-Mythoskarte das Spiel verlieren, wenn sie das Gerücht nicht rechtzeitig beseitigen. Da Eldritch Horror ein kooperatives Spiel ist, gewinnen oder verlieren alle Ermittler immer gemeinsam.

Meinung:

Genau wie Villen des Wahnsinns oder Arkham Horror ist auch Eldritch Horror ein episches und gigantisches Rollen-Brettspiel. Wohlgemerkt kein Strategiespiel, obwohl die Komplexität und die drei- bis vierstündige Spieldauer das vielleicht vermuten lassen. Eldritch Horror lebt wie die anderen Cthulhu-Spiele von einer unglaublichen Atmosphäre, von Spannung und Flair, von Charisma und steigendem Stressfaktor. Dieses Spiel ist eine nahezu perfekte spielerische Umsetzung der H.P. Lovecraft Geschichten, wobei die Kämpfe natürlich auch Action-Elemente beinhalten.

Im Gegensatz zum „großen Bruder“ Arkham Horror sind die Eldritch Horror Regeln zum Teil stark verschlankt, obwohl immer noch 16 Seiten Anleitung und ein ebenso umfangreiches Lexikon zu Buche schlagen. Dennoch spielt sich Eldritch im Vergleich zu Arkham wesentlich flüssiger und ist einfacher zu verstehen. Beispielsweise entfallen die komplizierten Monsterbewegungen, und das ist auch gut so. Der Horror von Arkham hat ja schon beim Regelstudium angefangen, und dieser „Regelwahnsinn“ wurde bei Eldritch sicherlich vereinfacht und auch verständlicher geschrieben.

Auch die Monster sind leichter zu besiegen, da sie jetzt für jeden erlittenen Schaden einen Schadensmarker hinnehmen müssen: Bei Arkham Horror hat der Ermittler entweder eine Kreatur getötet oder den Kampf ohne Auswirkungen auf das Monster verloren. Dafür entfällt nun der frei wählbare Proben-Faktor zu Beginn einer Runde, denn die Werte der Ermittlerbögen sind fest vorgegeben und können nur durch Unterstützung verbessert werden. Da die Werte aber überwiegend gut sind, wirken viele Ermittler stärker als in Arkham. Überhaupt wirkt Eldritch Horror in der Schnittmenge zwischen Das Ältere Zeichen und Arkham Horror angesiedelt, wobei die Tendenz ganz klar in Richtung Arkham geht. Insofern ist Eldritch deutlich komplexer als Das Ältere Zeichen, aber dafür leichter zugänglich und nicht so aufgebläht wie Arkham Horror. Leider gibt es bei Eldritch Horror nur vier Große Alte, nämlich Azathoth, Yog-Sothoth, Shub-Niggurath und natürlich den Oberbösewicht Dieter Bohlen Cthulhu, der sicherlich am schwierigsten zu besiegen ist. Dafür gibt es immerhin zwölf Ermittlerbögen, die sogar relativ gut ausgestattet sind (sehr ordentliche Anfangswerte für die Proben und recht hohe Werte bei Ausdauer und geistiger Gesundheit).

Apropos Ausstattung: wie vom Heidelberger Spieleverlag gewohnt, glänzt auch Eldritch Horror mit ausgezeichneten und üppigen Spielmaterial, welches das Auge und das Herz eines jeden Vielspielers erfreut. Die Illustration entspricht exakt dem hohen Niveau von Arkham Horror, was gleichermaßen für die Qualität des Materials gilt. Hier wird geklotzt, und nicht gekleckert. Einziger Wermutstropfen ist die Tatsache, dass es pro Großen Alten nur vier Mysterien gibt, so dass nach vier Spielen keine größeren Überraschungen mehr auftreten, weil man dann die Zielbedingungen der Mysteriumskarten ja kennt. Diesbezüglich wären entweder mehr Mysterien oder mehr Große Alte schöner gewesen. Da der Verlag das aber sicherlich auch bemerkt hat, dürfen sich die Fans höchstwahrscheinlich auf diverse Erweiterungen im Laufe der Zeit freuen.

Fazit:

Wer in die Welt von Eldritch Horror eintaucht, bekommt ein atmosphärisch dichtes Horror-Rollen-Brettspiel der Spitzenklasse geboten. Für Cthulhu-Einsteiger eignet sich das Spiel sogar besser als Arkham Horror, da es wie bereits gesagt leichter zugänglich ist und nicht ganz so überladen wirkt. Eine uneingeschränkte Weiterempfehlung für Lovecaft-Fans versteht sich aufgrund der Genialität des Spiels von selbst.

Montag, 13. Juli 2015

Olympus



Verlag: Stratelibri / Heidelberger Spieleverlag
Autor: Andrea Chiarvesio / Luca Iennaco
Spieleranzahl: 3 - 5
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 90 – 120 Minuten


Einleitung:

Das antike Griechenland stand schon immer gern Pate für diverse Brettspiele, und auch Olympus von Stratelibri im Vertrieb vom Heidelberger Spieleverlag beschäftigt sich mit diesem beliebten Thema. Als Anführer griechischer Stadtstaaten wetteifern drei bis fünf Konkurrenten um die Vorherrschaft bei Kultur, Bildung, Bevölkerung, Militär sowie bei drei Nahrungsmitteln, die zur Expansion der eigenen Polis zwingend erforderlich sind. Um die Ziele zu erreichen, benötigen die Spieler jedoch die Hilfe der Götter, und auch der ein oder andere Krieg kann durchaus zum Gewinn des Spiels beitragen.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und jeder Spieler erhält eine Stadtstaaten-Tafel, ein Set aus 33 Gebäudekarten sowie fünf Priesterfiguren, von denen drei in den Klerusbereich des Stadtstaatentableaus platziert werden. Die verbliebenen beiden Priester können später im Verlauf des Spiels hinzugewonnen werden. Als Startkapital bekommen die Spieler drei Nahrungsmittel (Getreide, Fleisch und Fisch).

Olympus wird über eine nicht festgelegte Anzahl von Runden gespielt, die immer aus einer Anbetungsphase und einer Unterhaltungsphase bestehen. In der Anbetungsphase setzt der aktive Spieler einen seiner verfügbaren Priester in den Alphabereich eines Gottes. Seine Mitstreiter können anschließend eine ihrer Priesterfiguren in das entsprechende Betafeld mit reduzierten Vorteilen setzen. Für das Platzieren dieser Figuren erhalten die Spieler Belohnungen. Beispielsweise dürfen die Marker der Spielertableau-Leisten vorgerückt werden oder es wird eine Nahrungssorte produziert oder Gebäude dürfen errichtet werden oder ein Krieg bzw. eine Plage wird ausgerufen. Sobald alle Spieler ihre Figuren eingesetzt und die entsprechende Aktion ausgeführt haben, endet die Anbetungsphase und die Unterhaltsphase beginnt.

Hier wird zunächst das Lagerkontingent überprüft. Überzählige Nährstoffe müssen abgelegt werden. Anschließend wird das Bevölkerungslimit kontrolliert, welches das Maximum der nachfolgenden Leisten bestimmt. Der Marker einer Nahrungsleiste kann also niemals weiter sein als der Marker der Bevölkerungsleiste, die das Maß aller Dinge ist (Ausnahme: die Kulturleiste). Nun können eigene Gebäude genutzt werden, die in der Unterhaltungsphase ihre Wirkung entfalten. Gebäude werden übrigens in der Anbetungsphase über den Gott Hephaistos errichtet. Voraussetzung hierbei ist die Zahlung der Kosten in Form von Nahrungsmitteln und eine bestimmte Position auf der Kulturleiste. Nun erhalten die Spieler ggf. einen Tribut, den sie in einem Krieg erbeutet haben. Federführend für die Kriegsführung ist der Gott Ares in der Anbetungsphase. Last not least werden alle Priester eingesammelt und die Voraussetzung für das Spielende überprüft.

Olympus endet, sobald vier Ruhmeskarten vergeben wurden. Eine Ruhmeskarte wird dann vergeben, wenn ein Spieler mit seinem Marker das Ende einer Leiste erreicht hat. Jetzt erfolgt die Schlusswertung, und der Spieler mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen.

Meinung:

Super. Klasse. Spitze. Megageil. Sucht Euch ein beliebiges Superlativ aus – Olympus wird diesem gerecht. Natürlich ist Olympus im Prinzip ein klassisches Workerplacement-Spiel mit altbekannten Mechanismen, aber die Abläufe sind dermaßen perfekt arrangiert, dass es schlichtweg nichts zu bemängeln gibt. Wie so oft sollten zunächst die Fortschrittsleisten ausgebaut werden, um in späteren Zügen größere Erträge zu erhalten, wobei am Anfang oftmals die Bevölkerungsleiste forciert wird. Grundsätzlich macht das Sinn, allerdings läuft man dann in Gefahr, von ausgerufenen Plagen der Mitspieler geschädigt zu werden. Eine ausgewogene Balance der verschiedenen Leisten ist also sehr empfehlenswert, aber auch die Aktionen der Gegner dürfen niemals aus dem Auge gelassen werden. Ansonsten wird man schnell zum Opfer, dem der Krieg erklärt wird oder der von Plagen gnadenlos zurückgeworfen wird. Und all dies geschieht in der Anbetungsphase, in welcher der Priestereinsatz bestens überlegt werden sollte. Oftmals lohnt sich der Verzicht auf eine Beta-Aktion, aber manchmal ist diese unumgänglich (z.B. als Schutz vor erwarteten Kriegserklärungen oder Plagen). Doch je mehr Priester in den Alphafeldern eingesetzt werden, desto größer/umfangreicher sind die Belohnungen. Einen „unwichtigen“ Gott gibt es nicht – beliebt sind durchweg alle Götterfelder. Je nach Nahrungsbestand lohnt sich selbstverständlich der Bau von Gebäuden, die neben Siegpunkten auch diverse Sofortboni bringen oder sogar permanente Vorteile liefern.

Der Knaller an der Sache ist: trotz unglaublicher Tiefe ist das Spielprinzip schnell verstanden und kann innerhalb kürzester Zeit auch den Mitspielern erklärt werden. Ein Riesenlob gebührt in diesem Zusammenhang auch der exzellenten Spielanleitung, die ausgezeichnet konzipiert ist und keine Fragen offen lässt. Auf den ersten Blick scheint das Regelwerk mit 16 Seiten ziemlich komplex zu sein, aber de facto ist das in der Praxis nicht der Fall. Der Kernmechanismus ist auf vier Seiten erläutert, und der Rest erklärt die Besonderheiten der Götter und der zur Verfügung stehenden Gebäude. Im Endeffekt ist Olympus also gar nicht mal so kompliziert, obwohl die Aktionsmöglichkeiten durchaus breitgefächert sind.

Genauso opulent wie der gigantische Spielspaß ist die Qualität des Materials. Olympus besteht nicht aus unzähligen Kleinteilen, sondern primär aus Karten und einem Spielplan sowie fünf Spielertableaus. Dieses Material ist wunderschön illustriert und erfreut das Auge, was vor allem für die Karten im Hochglanzdesign gilt. Einzig ein paar Spielerhilfen mit Kurzzusammenfassungen werden vermisst, aber selbstverständlich tut das der fantastischen Spielfreude keinen Abbruch.

Fazit:

Olympus ist ein überragendes Strategie-/Taktikspiel ohne Glücksfaktor, das allen Vielspielern sogar bedenkenlos zum „Blindkauf“ ans Herz gelegt werden kann. Wer Spaß und Freude an anspruchsvollen Brettspielen hat, kann hier bedenkenlos zuschlagen. Gibt es nach dieser Lobeshymne doch noch einen Haken? Nein, den gibt es nicht. Olympus ist schlichtweg grandios und garantiert höchsten Spielspaß mit großem Wiederspielreiz.

Donnerstag, 9. Juli 2015

La Isla



Verlag: Alea / Ravensburger
Autor: Stefan Feld
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 – 60 Minuten


Einleitung:

Auf der Suche nach längst ausgestorbenen Tierarten erkunden zwei bis vier wagemutige Forscher die geheimnisvolle Insel „La Isla“. Unterstützung erfahren sie hierbei durch den geschickten Einsatz von diversen Karten, die von Runde zu Runde drei verschiedene Funktionen bieten.

Ablauf:

Zunächst wird die Insel aus einem Mittelteil und zehn Zackenteilen aufgebaut. In dem entstandenen Zehneck-Spielplan werden die dunkelgrünen Felder mit zufällig verteilten Tierart-Plättchen bestückt. Jeder Spieler erhält ein Etui seiner Wunschfarbe, sechs Forscherfiguren, fünf Spielsteine (einer pro Farbe) und ein großes Tierplättchen. Weiterhin erhalten die Spieler zu Beginn einer Runde drei Karten. Die restlichen Karten bilden verdeckte Nachziehstapel. Im oberen Bereich einer Karte ist eine Sonderfunktion ersichtlich, links unten ist ein Spielstein abgebildet und rechts unten sieht man eine Tierart. 

Nun entscheiden die Spieler, wie sie die drei Karten auf die Aktionsphasen A, B und D verteilen wollen. Die Karte für die A-Aktion wird offen ins Etui gesteckt. Die Sonderfunktion steht ab sofort zur Verfügung. Bei der zweiten Aktion (B) erhält jeder Spieler eine Ressource, wie sie links unten abgebildet ist. In der dritten Aktion (C) dürfen die Spieler einen ihrer Forscher gegen Abgabe zweier gleicher Rohstoffe auf ein entsprechendes Feld des Spielplans setzen. Alternativ können sie auf diesen Vorteil verzichten und sich dafür einen beliebigen Rohstoff vom Vorrat nehmen. Mit der D-Aktion wird der Marker einer Tierart auf einem separaten Plan hochgeschoben. Für jeden Tiermarker den der Spieler von dieser Art besitzt erhält er Siegpunkte. Sobald ein Spieler mit seinen Forschern ein Tier umzingelt hat, erhält er das Plättchen und die damit verbundenen Siegpunkte. 

Das Spiel endet, sobald die Marker der Tierplättchen einen bestimmten Wert (abhängig von der Spieleranzahl) erreicht haben. Nun erfolgt die Schlusswertung. Für einen kompletten Satz mit fünf verschiedenen Tierarten gibt es zehn Bonuspunkte. Weiterhin bringen die Tierplättchen Siegpunkte gemäß ihrer Position auf der Markerleiste. Und last not least ergeben zwei beliebige verbliebene Ressourcen einen Siegpunkt. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Stefan Feld (Autor des Spiels) ist für die Brettspielszene das, was Iron Maiden in den glorreichen 80ern für den Heavy Metal war. Nämlich der uneingeschränkte Klassenprimus, der bei Vielspielern allerhöchste Anerkennung geniest. 

Im Gegensatz zu den meisten anderen Feld-Spielen (z.B. Trajan, Bora Bora, Die Burgen von Burgund etc.) ist La Isla aber kein komplexes Schwergewicht. Die Regeln sind leicht zugänglich und einfach zu verstehen, so dass La Isla in erster Linie für ambitionierte Gelegenheitsspieler und erfahrene Familien geeignet ist. Hinzu kommt der hohe Glücksfaktor beim Ziehen der Karten, welcher die Freunde komplexerer Strategiespiele eher abschreckt. Eine langfristige Planung ist jedenfalls kaum möglich, und auch kurzfristiges Taktieren funktioniert nicht, wenn die gezogenen Karten einfach nicht passen bzw. zu schwach sind. Im Umkehrschluss kann es vorkommen, dass ein Spieler eine „Killerkombination“ besitzt, die für den Rest des Spiels eine Siegpunkt-Maschinerie garantiert. Dazu ein Beispiel, wie es sich in einer der Testrunden zugetragen hat: ein Spieler hat ausschließlich Dodo-Vögel gefangen. Eine Sonderfunktion erlaubt das nochmalige Hochschieben des Dodo-Markers. Natürlich schiebt der Spieler dann in der D-Aktion den Dodo-Marker (falls möglich) hoch und bekommt dafür Siegpunkte. Durch die Sonderfunktion wiederholt sich das Ganze. Logische Konsequenz: allein durch diese D-Aktion erhält der Spieler so viele Siegpunkte, dass er unmöglich einzuholen ist. 

Gelegenheitsspieler stört so ein Szenario in der Regel nicht. Vielspieler hingegen erkennen sofort das Ungleichgewicht und bemängeln in diesem Zusammenhang den immensen Glücksfaktor. Mit La Isla hat Stefan Feld seine bekannten hochkomplexen Verzahnungsmechanismen verlassen und liefert ein Spiel ab, das wesentlich einfacher zu handeln ist als seine sonstigen Veröffentlichungen. Aber auch Iron Maiden haben mit Wasted Years, Heaven Can Wait und ähnlichen Songs ein paar vereinzelte Nummern geschrieben, die nicht solche Kracher wie Where Eagles Dare waren. Und trotzdem hat´s den meisten Fans gefallen. Ähnliches gilt für La Isla. Mit Sicherheit gibt es weitaus bessere Feld-Spiele, aber gut ist La Isla trotzdem.

Fazit:

Wer anspruchsvolle Spiele sucht, die dennoch unter die Kategorie „Leichte Kost“ fallen, wird mit La Isla gut bedient. Das Spiel ist leicht zugänglich und bietet trotzdem eine ausreichende Tiefe, sofern man problemlos mit einem hohen Glücksfaktor leben kann. Alles in allem kann La Isla daher mit leichten Abstrichen weiterempfohlen werden, zumal das Spiel im Handel schon relativ günstig zu bekommen ist.