Freitag, 21. Oktober 2016

Korsaren der Karibik



Verlag: Z-Man Games / Asmodee
Autor: Christian Marcussen / Kasper Aagaard
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 180 Minuten


Einleitung:

Wir schreiben den Beginn des 18. Jahrhunderts in der Karibik. Zwei bis vier Protagonisten schlüpfen in die Rolle eines einflussreichen Kaufmanns oder entscheiden sich für eine Laufbahn als verruchter Pirat. Doch egal, welchen Weg die Spieler auch einschlagen – Gold und Ruhm sind immer der Schlüssel zum Erfolg. Um allen anstehenden Aufgaben gewappnet zu sein, empfiehlt sich unter Umständen eine Investition in den Schiffsausbau, um bei riskanten Manövern oder in einem Kampf eine gute Figur abzugeben.

Ablauf:

Zunächst erhält jeder Spieler ein eigenes Kapitänstableau, das einerseits den Zustand des Schiffs anzeigt und andererseits Raum für Fracht, Gold und Karten bietet. Zur Ausrüstung gehören des Weiteren eine Kapitänskarte, eine Schatztruhe und ein Schiff sowie 10 Gold als Startkapital. Nun werden die Werte der Trefferbereiche gemäß den Angaben auf der Schiffskarte mit Holzwürfeln markiert. Der Spielplan zeigt 17 Meereszonen mit verschiedenen Häfen, die einer von vier Nationen zugeordnet sind. Alle Zonen werden mit verschiedenen Utensilien bestückt (Nachfragemarker, Schiffsmodifikationsmarker, Kauffahrermarke). Nun werden zwei Auftragskarten gezogen, vorgelesen und auf die zugehörigen Meereszonen platziert. Die Spieler setzen ihr Schiff auf den Heimathafen ihres Kapitäns (auf der Kapitänskarte vermerkt).

Der Rundenablauf von Korsaren der Karibik besteht immer aus dem Ziehen einer Ereigniskarte und dem anschließenden Ausführen von maximal drei Aktionen pro Spieler. Über Ereignisse kommen unter Umständen auch NSC-Schiffe ins Spiel, die keinem Spieler gehören und über weitere Ereigniskarten gesteuert werden. NSC können sowohl Schiffe der Marine als auch Piratenschiffe sein. Den Spielern stehen immer drei Aktionen zur Auswahl: Bewegen, Suchen und Hafen. Eine Aktion kann auch mehrmals ausgeführt werden. Mit der Bewegungsaktion kann ein Spieler sein Schiff in eine andere Meereszone oder in/aus einen Hafen ziehen. Möchte ein Spieler ein fremdes Schiff in seiner Meereszone aufspüren, nutzt er die Aktion Suchen. Über Erfolg und Misserfolg der Suche entscheidet ein Würfelwurf. Die Anzahl der verwendbaren Würfel hängt von den Eigenschaften des Kapitäns ab. Wird ein fremdes Schiff aufgespürt, kommt es in der Regel zum Kampf, der ebenfalls über Würfel gesteuert wird. Grundsätzlich hängt die Anzahl der zur Verfügung stehenden Würfel von den Werten der Kapitänskarte und dem Ausbau des Schiffs ab. Für ausgeplünderte Kauffahrer erhalten erfolgreiche Piraten Geld und Ruhm. In der Regel bringt ein gewonnener Kampf immer einen Ruhmpunkt ein.

Als Hafenaktion stehen den Spielern mehrere Unteraktionen frei:

  • Waren verkaufen
  • Waren kaufen
  • Schiff zur Werft bringen (kostenpflichtiges reparieren, modifizieren, etc.)
  • Seeleute anheuern
  • Gerüchte aufschnappen (nur durch erfolgreichen Würfelwurf)
  • Einen Auftrag annehmen
  • Gold aus der Schatztruhe nehmen oder hineinlegen (nur im Heimathafen)

Durch bestätigte Gerüchte und erfolgreiche Aufträge erhalten die Spieler immer einen Ruhmpunkt. Zusätzlich zu jedem Ruhmespunkt gibt es eine Ruhmeskarte, die einmalig eingesetzt werden kann und diverse Vorteile beinhaltet.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler mindestens zehn Ruhmpunkte erlangt hat. Ein alternatives Spielende tritt ein, wenn es keine Ereigniskarten mehr gibt oder ein Kapitän gestorben ist und keine anderen Kapitäne zum Nachziehen verfügbar sind. Der Spieler mit den meisten Ruhmpunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Was Arkham Horror für das Genre der Horror-Spiele ist, ist Korsaren der Karibik für den Bereich der Piratenspiele. Nämlich eine mega-geniale Würfelorgie mit unglaublich intensiver Atmosphäre. Bei den meisten Brettspielen ist das Thema bekanntlich einfach über die Mechanik gestülpt, aber das trifft auf Korsaren der Karibik in keiner Weise zu. Dieses Spiel verbreitet vielmehr „echtes“ Piratenfeeling. Und dabei halten sich Planungsaufwand und Fun in etwa die Waage. Durch die exzessive Würfelei kommt natürlich ein ziemlich großer Glücksfaktor dazu, der in diesem Fall aber überhaupt nicht stört. Schließlich war das Leben als Pirat seinerzeit ebenfalls mit enormen Risiken verbunden, und deshalb passt die gewichtige Rolle von Göttin Fortuna einfach hervorragend ins Gesamtkonzept. Und um ja keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, muss an dieser Stelle auf das besagte Gesamtkonzept näher eingegangen werden.

Wer Korsaren der Karibik noch nicht kennt und lediglich die Ablaufbeschreibung im oberen Block gelesen hat, stellt sich das Ganze möglicherweise als relativ einfaches Abenteuerspiel vor. Relativ einfach? Von wegen! Korsaren der Karibik ist ein hochkomplexes Machwerk, auf dessen unzählige Details natürlich nicht komplett eingegangen werden kann, weil die Schilderung aller Feinheiten den Rahmen sprengen würde. Das Regelwerk des Spiels umfasst stolze 16 Seiten plus zweiseitiger Kurzübersicht für jeden Spieler. 16 Seiten hört sich für erfahrene Spieler gar nicht mal so viel an, aber die Vielzahl an Facetten „erschlägt“ viele Kapitänsanwärter beim ersten Mal. Hat man die Mechanismen aber schließlich verinnerlicht, entpuppt sich Korsaren der Karibik als absolut stimmiges und logisch aufgebautes Brettspiel mit rotem Faden. Wiederum eine „mechanische Verwandtschaft“ zu Arkham Horror, das übrigens noch viel komplexer und überladener ist als Korsaren der Karibik.

Novizen sollten in ihrer ersten Partie vielleicht lieber als friedliebender Kaufmann anfangen. Diese Rolle spielt sich leichter und hat sogar etwas bessere Aussichten auf den Spielsieg. Hat man die Mechanismen im Ganzen verstanden kann man ja immer noch die Rolle wechseln und eine Laufbahn als berüchtigter Pirat einschlagen. Einem solchen Wechsel steht nichts im Wege, was ein weiterer Pluspunkt für das Abwechslungsreichtum von Korsaren der Karibik ist. Und speziell als Pirat stellt sich dann bei Plünderungsversuchen ein gewisses Kribbeln ein, das ein Spiel zu etwas ganz Besonderem macht. Ein Spiel soll Spaß machen und Emotionen wecken, und beides bietet Korsaren der Karibik im Überfluss. Spaß, Spannung, Frust und Schadenfreude … die Palette der Emotionszustände ist vielfältig, und genau das finden viele Spieler so toll.

Auf strategische oder taktische Tipps wird an dieser Stelle bewusst verzichtet. Auch deshalb, weil es nur wenige vernünftige Tipps gibt ;-)
Denn wie gesagt geht es bei Korsaren der Karibik primär um die geile Atmosphäre und den Spaß, und wenn das Glück nicht mitspielt, funktioniert auch der ausgeklügeltste Plan auf Dauer nicht. Wer atmosphärisches Piratenfeeling sucht und keine Angst vor vielen Detailfragen und jeder Menge Glück hat, sollte sich dieses Meisterwerk nicht entgehen lassen. Klare Kaufempfehlung!

Fazit:

Gott sei Dank hat sich Z-Man Games in Kooperation mit Asmodee zu einer Wiederveröffentlichung dieser Brettspiel-Perle entschlossen. Im Vergleich zur Pegasus-Erstauflage gibt es keine Änderungen zu vermelden, und das ist auch gut so, denn viel besser kann man das Spiel eh nicht machen. Mit Ruhmreiche See gibt es jetzt übrigens auch eine Erweiterung, die noch frischeren Wind ins Spiel bringen soll. Schau mer mal, ob sich im Laufe der Zeit vielleicht eine Rezension dazu ergibt :-)

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