Autor: Marco Pozzi
Spieleranzahl: 2 - 4
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 90 – 120 Minuten
Einleitung:
Als Architekten im Frankreich des 19. Jahrhunderts bauen
zwei bis vier Spieler diverse Leuchttürme in der Bretagne. Die Konstruktion der
Leuchttürme erfolgt unter widrigen Wetterverhältnissen und unter Abgabe der
benötigten Ressourcen. Außerdem sind sowohl Arbeiter als auch Ingenieure für
den Bau der Türme erforderlich. Strategische Planungen und taktische
Entscheidungen sind unerlässlich, um durch optimale Abläufe die Konkurrenz zu
übertrumpfen.
Ablauf:
Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und mit den
benötigten Utensilien bestückt. Der Spielplan zeigt eine Karte der Bretagne,
die in drei Gebiete aufgeteilt ist, in denen sich kleine Hafenstädte und
Bauplätze für Leuchttürme befinden. Weiterhin gibt es vier große Städte, wo
sich die Spieler Baumaterial besorgen können, sonstiges Material und Ausrüstung
kaufen können und weitere Arbeiter sowie Ingenieure engagieren können. Die zu
bauenden Leuchttürme unterscheiden sich in drei Kategorien: Himmel-Leuchtturm,
Fegefeuer-Leuchtturm und Hölle-Leuchtturm. Die Kosten und Erträge dieser
Leuchttürme hängen von der Kategorie ab.
Bretagne dauert maximal fünf Runden, die in
verschiedene Phasen unterteilt sind. In der Rundenvorbereitungsphase wählen die
Kontrahenten gemäß der Spielerreihenfolge einen Kahn aus, der einerseits
Ingenieure und ggf. Münzen liefert und andererseits zum verschiffen von
Ressourcen in der Folgephase dient. Nun erhalten die Spieler ihr
Rundeneinkommen für ihre eingesetzten Arbeiter in den Häfen. Je nach Art des
Hafens erhalten die Spieler Materialien, Arbeiter, Ausrüstungskarten,
Ingenieure oder Siegpunkte. Anschließend
werden die Märkte in Brest und Quimper aufgefüllt. Während der
Materialbeschaffung beladen die Spieler ihre Kähne mit den Ressourcen aus
Quimper. Je Reihe im Kahn darf eine Ressourcensorte gewählt werden. Nachdem
alle drei Reihen beladen wurden, beginnt die Aktionsphase. In dieser Phase können
die Spieler Bauen, Handeln oder Passen.
Mittels der Bauaktion kauft der aktive Spieler ein
Bauteil-Plättchen, indem er die angegebenen Materialien abgibt. Anschließend
erhält er eine Belohnung, die von der Anzahl der abgegeben Substanzen abhängt.
Nun legt er das Plättchen auf einen Leuchtturm und gibt die erforderlichen
Baukosten ab. Pro abgegebenes Material platziert der Spieler einen Arbeiter auf
das Bauteil. Diese Arbeiter kann er nach Belieben wieder für zwei Siegpunkte
zurücknehmen oder für eine eventuelle Leuchtturmwertung stehen lassen.
In Brest oder Lorient kann ein Spieler auf den jeweiligen
Märkten handeln. Dabei kann er sowohl kaufen als auch verkaufen (z.B.
Materialien, Ingenieure, einen zusätzlichen Arbeiter Ausrüstungskarten). Sobald
ein Spieler keine Aktion mehr ausführen kann oder will, muss er passen und legt
seinen Marker auf die nächste freie Stelle der Spielerreihenfolgeleiste in
Pontivy.
Nachdem alle Spieler gepasst haben, kommt es zur
Leuchtturmwertung aller soeben gebauten Leuchttürme. Ein Leuchtturm gilt als
errichtet, wenn alle Stockwerke mit Bauplättchen belegt sind. Für abgegebene
Ausrüstungskarten erhalten die Spieler Siegpunkte. Pro ausgespielte Karte muss
aber auch ein Arbeiter entfernt werden, der zum persönlichen Vorrat
zurückkommt. Wer dann noch Arbeiter auf dem Leuchtturm übrig hat, darf
anschließend einen Arbeiter für eine Münze auf ein Hafenfeld setzen (welches in
den Folgerunden ein festes Einkommen liefert). Befinden sich dann immer noch
Arbeiter auf dem Turm, erfolgt eine Mehrheitswertung. Der Spieler mit den
meisten verbliebenen Arbeitern erhält die Mehrheitensiegpunkte.
Das Spiel endet spätestens nach der fünften Runde oder
verfrüht in dem Moment, wo alle Leuchttürme gebaut worden sind. Nun werden noch
Restsiegpunkte für die Positionen auf der Spielerreihenfolgeleiste, den
Arbeitern in den Häfen und für je drei Münzen vergeben. Der Spieler mit den
meisten Siegpunkten hat dann gewonnen.
Meinung:
Wow … was für ein Volltreffer. Bretagne ist neu, ungewöhnlich und hat ein frisches Thema, das
ansatzweise lediglich bei Titania
gestreift wurde. Nach dem Öffnen der Schachtel schockt zunächst das dicke
Regelwerk den erwartungsfreudigen Spieler, aber sogleich stellt sich heraus,
dass das Heft multilingual ist und vier Sprachen umfasst. Die deutsche Regel
besteht aus zehn Seiten, wobei das Cover eine ganze Seite einnimmt. Also stellt
sich jetzt die Frage, ob ein Spiel mit gerade mal neun effektiven Regelseiten
hochanspruchsvoll sein kann. Und um die Antwort sofort zu geben: Oh ja … das
kann sein!
Bretagne ist definitiv ein Spiel für Kenner-
und Vielspieler. Kinder und unerfahrene Familien dürften hier gnadenlos
überfordert sein. Die Aktionsphase bietet den Spielern etliche Möglichkeiten,
da die Anzahl der Aktionen eigentlich nicht limitiert ist. Erst wenn dem
Spieler die Arbeiter bzw. Handlungsmöglichkeiten ausgehen ist er gezwungen zu
passen. Demzufolge kann sich diese Phase durchaus hinziehen, aber dennoch ist
die Downtime erträglich und die Spannung bleibt permanent erhalten. Downtime
bedeutet übrigens die „Leerzeit“, bis man selbst wieder am Zug ist.
Als aktiver Spieler darf man in Brest und Lorient sämtliche
Aktionen in beliebiger Reihenfolge durchführen, aber jede Aktion nur einmal. Um
ein optimales Ergebnis zu erzielen ist also eine gut geplante Abfolge der
Handelsoptionen essentiell, da das Ergebnis in der Regel auch als Vorbereitung
für weitere Aktionen dient. Bretagne
ist im Gegensatz zu vielen anderen Veröffentlichungen kein Mangelspiel im
eigentlichen Sinn. Lediglich die Anzahl der Arbeiter und das liebe Geld lassen
immer zu wünschen übrig, weswegen sich ein frühzeitiges Engagement von weiteren
Arbeitern lohnt. Doch eine zusätzliche Arbeiterrekrutierung ist teuer, und Geld
muss erstmal verdient werden. Aus diesem Grund haben einige Spieler nach
Möglichkeit auch gerne den vierten Kahn gewählt, denn dieser bringt dem Spieler
neben zwei Ingenieuren auch zwei Münzen. Doch dafür ist man halt immer als
Letzter an der Reihe – sowohl bei der Auswahl der Baumaterialien als auch bei
den Aktionen. Die Verzahnungen und die Balance von Bretagne sind schlichtweg vorbildlich und genial. Jede Position und
jede Entscheidung hat Vor- und Nachteile, und die Abwägung dieser Faktoren
bringt den Prozessor im Gehirn ganz schön zum glühen.
Die nächste schwierige Entscheidung stellt sich nach dem Bau
eines Leuchtturms. Soll ich meine Arbeiter für zwei lausige Siegpunkte
zurücknehmen um weitere Aktionen durchführen zu können, oder soll ich die
Arbeiter für die Wertungsphase stehen lassen? Zumeist lohnt sich das
Stehenlassen, doch der worst case tritt ein, wenn der Leuchtturm nicht fertig
gestellt wird und im Bau bleibt. Dann müssen die Arbeiter nämlich
stehengelassen werden und stehen dem Spieler in der nächsten Runde nicht zur
Verfügung. In diesem Zusammenhang kann es auch vorkommen, dass ein Mitspieler
im Regen stehen gelassen wird, indem die Konkurrenten einfach nicht an diesem
Leuchtturm weiterbauen. Ein solches Verhalten führt mit hundertprozentiger
Sicherheit zu größter Verärgerung und dem Bedürfnis nach Rache ;-)
Sowohl der Spielspaß als auch der Wiederspielreiz von Bretagne sind gigantisch hoch. Kenner-
und Vielspieler schätzen und lieben die vielfachen Handlungsoptionen, bei denen
sich übrigens kein Königsweg herauskristallisiert hat. Und aufgrund der vielen
aber trotzdem überschaubaren Möglichkeiten bleibt die Motivation zur
Strategieoptimierung ungebrochen hoch. Bretagne
hat sich somit als absolut empfehlenswertes Brettspiel mit Anspruch
herausgestellt, an dem es spielerisch nichts groß zu kritisieren gibt.
Redaktionell hätte die Spielregel jedoch besser ausfallen können, außerdem gibt
es viel zu wenig 1er Münzen. Last not least verwirrt ein Übersetzungsfehler auf
der letzten Seite, denn 1 Siegpunkt gibt es für den dritten und nicht für den
ersten Platz.
Fazit:
Bretagne ist mit Sicherheit ein echter
Insider-Tipp, den alle Vielspieler unbedingt näher unter die Lupe nehmen
sollten. Das Spiel hat Tiefe, ist abwechslungsreich und spannend und besitzt
eine tolle Wiederspielattraktivität. Außerdem sind die Mechanismen überwiegend
neu und originell, so dass Bretagne
extrem eigenständig ist. Top! Einfach ein geiles Spiel.
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