Autor: Alberto Corral
Spieleranzahl: 1 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Einleitung:
In Naufragos sind
ein bis vier Spieler auf einer einsamen Insel gestrandet und müssen dort um ihr
Überleben kämpfen. Die Erkundung der Insel spielt dabei eine wichtige Rolle,
denn nur mit dem Erreichen des Hochlands besteht Hoffnung auf Rettung. Da
nahezu alle Aktionen Energie verbrauchen, ist des Weiteren eine kontinuierliche
Nahrungsaufnahme erforderlich, um die Charaktere vor dem sicheren Tod zu
bewahren. Und ohne einen geschlossenen Zusammenhalt des Teams können die
Herausforderungen kaum bewältigt werden, und dann ist ein Scheitern der Mission
quasi vorgezeichnet.
Ablauf:
Naufragos besteht aus einem Hauptplan, einem
Erkundungsplan und einen Lagerplan. Jeder Spieler erhält eine Charakterkarte
mit zwei dazugehörigen Spielfiguren und zwei farblich passenden Markern. Ein
Marker wird auf die Energieleiste der Charakterkarte platziert, der andere
kommt auf das Startfeld der Erkundungsleiste. Auf den Erkundungsplan werden
drei separate Kartendecks gelegt. Ereignis- und Überrestekarten kommen auf den
Hauptplan, und das Lager wird mit den fünf Start-Lagerkarten bestückt. Die
weiteren Karten werden neben den Plänen bereitgelegt; sie kommen im weiteren
Verlauf der Partie ins Spiel. Nun werden noch die Sammel- und Fischplättchen
sowie die Berichtspunktechips bereitgelegt. Dann kann es auch schon losgehen.
Zu Beginn einer Runde wird zunächst immer eine Ereigniskarte
aufgedeckt. Diese Karte beinhaltet eine Wetteränderung, schwemmt ggf.
Wrackteile ans Ufer und gibt sonstige Rahmenbedingungen für die laufende Runde
vor. Sofern der Startspieler nicht verschollen ist, führt er nun eine
zusätzliche Startspieleraktion im Lager aus (z.B. Fischen etc.). Anschließend
setzen die Spieler reihum ihre Figuren auf die verfügbaren Aktionsfelder
(=Aktionsplanung). Jetzt versuchen die verschollenen Spieler durch Würfeln ins
Lager zurückzukehren. Dabei sinkt die Schwierigkeit von Versuch zu Versuch. Nun
werden die geplanten Aktionen der nicht verschollenen Spieler von oben nach
unten abgehandelt. Als Aktion können die Spieler beispielsweise Nahrung
sammeln, Feuer machen, Bauen, Holz besorgen etc. Ansonsten können sie als
Aktion auch auf Erkundung gehen, was gleichzeitig die nächste Phase der
aktuellen Runde ist. Auf einer Erkundung ziehen die Kundschafter
Erkundungskarten, die neben dem eigentlichen Text auch ermöglichen, auf der
Erkundungsleiste voranzuschreiten. Einige Erkundungen erlauben auch das Ziehen
von Berichtspunktechips. Außerdem erhöht sich zumeist der Schwierigkeitsgrad
zur Rückkehr in das Lager. Die Kundschafter können entweder ihre Erkundung
beliebig oft fortsetzen oder irgendwann versuchen, zurückzukehren. Gelingt die
Rückkehr nicht, gelten sie als verschollen und müssen in der nächsten Runde
zwangsweise versuchen, heimzugehen.
Gegen Ende einer Runde beginnt die Überlebensphase, in der
die Spieler Nahrung zu sich nehmen müssen. Ansonsten sinkt ihre Energie und sie
erleiden Wunden, die sich unter Umständen zu Infektionen ausweiten können. Mit
der vierten Infektion stirbt der Charakter. Sofern ein Feuer am Lager brennt
und die Spieler genug zu essen haben, erhalten sie Energie zurück. Um das Feuer
am brennen zu erhalten muss jedoch immer ein Holzscheit geopfert werden.
Überzählige verderbliche Nahrung wird jetzt weggeworfen. Der Startspieler
wechselt und die nächste Runde beginnt.
Das Spielende naht, sobald ein Kundschafter die Hochebene
erreicht hat. Dieser Spieler darf entscheiden, ob das Spiel zur aktuellen Runde
endet oder erst nach Abschluss des nächsten Durchgangs. Die Gruppe wird nur
dann gerettet, wenn sie am Ende die Siegbedingungen erfüllt (z. Zeichen im Sand
ereichtet plus großes Signalfeuer entfacht plus Fernrohr und Logbuchs des
Kapitäns geborgen usw.). Innerhalb der geretteten Gruppe gewinnt der Spieler
mit den meisten Berichtspunkten. Hinweis: Berichtspunkte erhält man über
diverse Erkundungen, aber auch durch Einträge ins Tagebuch, aber diese Aktion
bringt der Gruppe keinen Nutzen, sondern ist ausschließlich egoistisch :-)
Meinung:
Naufragos – Die
Schiffbrüchigen
bietet ganz viel spielerisches Licht und nur einen einzigen großen Schatten,
und mit dem fangen wir in diesem Meinungsblock einfach mal an. Der Schatten
bzw. der Hauptkritikpunkt am Spiel ist ganz klar die Anleitung, die trotz
mehrfacher Überarbeitung immer noch fürchterlich ist. Ehrlich gesagt ist mir
unbegreiflich, warum das ursprüngliche Regelwerk immer wieder modifiziert bzw.
verbessert wurde. Sowas ist Flickwerk. Es wäre viel sinnvoller gewesen, die
erste Anleitung in die Tonne zu kloppen und komplett neu aufzusetzen. Denn
trotz erkennbarer Verbesserungen ist das Regelbuch nach wie vor unbefriedigend
erläutert. Vier Seiten mehr mit ausführlicheren Erklärungen und bebilderten
Beispielen wären für das Verständnis deutlich angenehmer gewesen. In der
aktuellen Regelversion müssen sich die Spieler immer noch durch minimalistisch
geschilderte Vorgaben quälen, und wenn mal ein Halbsatz übersehen wurde, hängt manchmal
das Gesamtverständnis. Zugegebenermaßen bildet die Anleitung den überwiegenden
Großteil der Regeln ab, aber es fehlen streckenweise einfache Formulierungen
und Beispiele. Unbegreiflich, wie man dieses Regelwerk vom Lektorat durchwinken
konnte.
Aber das war´s auch schon mit der Meckerei. Alles andere ist
eitel Sonnenschein, und darauf kommt es schließlich an. Denn Naufragos ist ein bockstarkes Survival-Strategiespiel,
dessen semi-kooperatives Element die Suppe im Salz ist. Naufragos –Die Schiffbrüchigen ist an sich schon schwer zu
gewinnen, doch das Berichtspunkte-Prinzip sorgt für hitzige Diskussionen
innerhalb der Gruppe. Natürlich möchte jeder gerne auf Erkundungen gehen (um
mit Glück einen zusätzlichen Berichtspunktechip abzugrasen), aber nur mit
Erkundungen ist ein Fehlschlag vorprogrammiert. Es müssen sich auch Spieler
bereiterklären, Nahrung zu sammeln, Holz zu organisieren, bei Konstruktionen
mitzuwirken etc. Alles Dinge, die für die Gruppe lebenswichtig sind. Aber die
halt keine Berichtspunkte abwerfen. Um eine realistische Chance auf den Sieg zu
wahren, müssen sich die Spieler also unbedingt fair arrangieren. Mal geht der
eine Spieler auf Erkundung, mal der andere. Genauso sieht es beim bergen von
Wrackteilen aus. Wenn ein Spieler auffällig viele Teile mit Berichtspunkten
nimmt, sollte ihm die Gruppe sachlich aber auch deutlich verbal auf die Finger
hauen. Das hört sich zwar merkwürdig an, ist aber letztendlich sogar gut für
das gesamte Team. Denn nichts ist schlimmer als ein nichtsnutziger Mitstreiter,
der durch puren Egoismus glänzt. Das führt in der Regel dazu, dass seine
Mitspieler ebenfalls nur noch egoistisch agieren, und dann ist ein Scheitern
der Gruppe sicher. Aus dieser Sicht besitzt Naufragos sogar ein pädagogisches Element, das im Übrigen ein bisschen
mit dem Prinzip von Archipelago
verglichen werden kann.
Ansonsten bietet sich natürlich ein Vergleich mit Robinson Crusoe – Abenteuer auf der
verfluchten Insel an. In diesem Vergleich zieht Naufragos weder den kürzeren noch stellt es den Konkurrenten in den
Schatten. Beide Spiele haben ihre Stärken und machen tierisch viel Spaß. Naufragos ist vielleicht sogar ein
bisschen schlanker konzipiert und ist damit etwas leichter zugänglich.
Ein Riesenlob gebührt der Atmosphäre des Spiels. Naufragos ist logisch aufgebaut und hat
ein realistisches Flair. So stellt man sich den Überlebenskampf auf einer
einsamen Insel im wahren Leben vor. In diesem Zusammenhang empfehle ich auch,
die kursiv gedruckten Informationssätze laut vorzulesen. Das zieht das Spiel
zwar in die Länge aber steigert das atmosphärische Feeling kolossal.
Apropos Spieldauer: die Spielzeit ist mit 120 Minuten
angegeben, aber das schaffen höchstens erfahrene Naufragos-Experten. In der Regel dauert eine Partie zwischen drei
und vier Stunden, aber diese Zeit vergeht wie im Flug, weil das Ganze wie
gesagt atmosphärisch-dichten Spaß macht.
Fazit:
Wer Survival-Spiele mag und Wert auf Atmosphäre legt, kommt
um Naufragos nicht herum. Das Spiel
ist anspruchsvoll, macht großen Spaß und zwingt die Protagonisten zu fairen
Teamabsprachen. Fans von Veröffentlichungen wie Robinson Crusoe, Archipelago
oder auch Arkham Horror können hier
bedenkenlos zuschlagen.
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