Autor: Nuno Bizarro Sentieiro / Paulo Soledade
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 150 Minuten
Einleitung:
Neben Cristiano Ronaldo ist Portugal vor allem für die Insel
Madeira bekannt, die offiziell im 15. Jahrhundert entdeckt wurde. Zusammen mit
dem namensgebenden Material Holz sind Weizen, Zucker und Wein wichtige
Wirtschaftsgüter, die auch im vorliegenden Brettspiel eine gewichtige Rolle
spielen. Um Siegpunkte zu erlangen, erfüllen die Spieler königliche Aufträge,
entsenden Expeditionen, bauen ihre Handelsrouten aus usw. Die Gefahren des
Spiels sind mannigfaltig, z.B. das Hungern der Bevölkerung, das Ausgehen von
Geld oder die Notwendigkeit, diversen Piraten zu begegnen. Wer meistert alle
Faktoren am besten und gewinnt das Spiel mit den meisten Prestigepunkten?
Ablauf:
Zunächst wird der Hauptspielplan in die Mitte gelegt und mit
allen benötigten Utensilien bestückt. Dazu gehören unter anderem auch die
Charakterplättchen, die Gildengünste in den drei Städten und die königlichen
Belohnungen in den Kolonien. Weiterhin werden die Holzressourcen auf die
entsprechenden Felder positioniert. Neben den Hauptplan wird der
spielerabhängige Gildenplan ausgelegt, auf den die Aufträge der Krone platziert
werden. Jeder Spieler beginnt mit Arbeitern in der Stadtwache, auf zwei
verschiedenen Erntefeldern und auf einem freien Stadtfeld. Das Startkapital pro
Spieler beträgt 5 Real (=Geld), 4 Brot, 1 Weizen, 1 Zucker, 1 Wein und 1 Holz.
Madeira verläuft über fünf Runden, die in
verschiedene Phasen untergliedert sind. In der Rundenvorbereitung werden
zunächst die Piraten- und Gildenwürfel geworfen und auf die dazugehörigen
Felder der Stadtwache bzw. auf den Gildenplan verteilt. Reihum wählen die
Spieler nun eine Gilde aus und nehmen die entsprechenden Gildenwürfel an sich.
Die eingangs gewürfelten Werte dürfen dabei nicht verändert werden. Jetzt
nehmen sich die Spieler noch einen Auftrag der Krone aus ihrer Reihe. Am Ende
der Runden 1, 3 und 5 erhalten die Spieler Siegpunkte für erfüllte Aufträge. Es
folgt die nächste Phase, in welcher die Spieler Charakter-Aktionen ausführen
können. Dazu setzen sie ihre Würfel auf Personenplättchen und führen die dazugehörige
Aktion aus. Alternativ kann der aktive Spieler auch ernten und nimmt sich dafür
entsprechende Ressourcen von den Regionen des Hauptspielplans, wo er mit seinen
Arbeitern vertreten ist. Für das Einsetzen der Würfel gelten gewisse Regeln,
die mit der Abgabe von Brot beeinflusst werden können. Außerdem besteht noch
die Möglichkeit, einen Piratenwürfel einzusetzen, was jedoch einen Arbeiter der
Stadtwache kostet.
Durch die Aktionen können Arbeiter auf Erntefelder gesetzt
werden, Schiffe können bewegt werden, Gildengünste können erworben werden und
Arbeiter können in die Städte versetzt werden. Nahezu alle Aktionsmöglichkeiten
sind mit Kosten verbunden, die meistens mit Holz zu entrichten sind. Abhängig
von der gewählten Aktion können jedoch auch andere Ressourcen verlangt werden
(z.B. Zucker im Rahmen der Kommandanten-Aktion). Es folgen die
Gebäude-Aktionen, die von den gesetzten Aktionsmarkern abhängig sind. In dieser
Phase müssen die Spieler die Kosten des Gebäudes (in Real) bezahlen, oder sie
erhalten Piratenmarker im Wert der nicht bezahlten Aktion. Gebäude-Aktionen bringen
den Spielern zumeist diverse Vorteile oder Brot. Nun folgt die
Versorgungsphase, in der die loyalsten Spieler der Stadtwache geehrt werden,
die Arbeiter in den Kolonien ernten, etwaige Schiffe instand gehalten werden
(mit Holz) und die Arbeiter ernährt werden müssen. In der letzten Phase können
jetzt noch Aufträge der Krone erfüllt werden oder gerodete Felder werden zu
Agrarkultur-Feldern umgewandelt.
Madeira endet nach der fünften Runde. Nun
werden die Piratenplättchen ausgezählt, und die Spieler mit den meisten Piraten
verlieren Siegpunkte. Waren, Holz und Brot werden in Real umgerechnet. Fünf
Real sind einen Prestigepunkt wert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat
dann gewonnen.
Meinung:
Madeira ist ein Spiel der Extreme. Extrem
komplex. Extrem verschachtelt. Extrem schwer. Und extrem geil! Das Autorenduo
Paulo Soledade und Nuno Bizarro Sentieiro ist dem ein oder anderen Vielspieler
vielleicht von Nippon ein Begriff,
doch das zwei Jahre früher erschienene Madeira
ist nochmal einen Tacken komplizierter und anspruchsvoller konzipiert. Jede
Entscheidung will gut überlegt sein, denn es hakt an allen Ecken und Enden.
Somit ist Madeira quasi der Inbegriff
eines Mangelspiels, und dementsprechend ratlos stehen die Spieler der
Veröffentlichung bei der ersten Partie gegenüber. Die Vielzahl an Details,
Regeln und Zusammensetzungen erschlägt selbst erfahrene Spieler, doch genau
diese Legion an Möglichkeiten macht Madeira
so genial. In etlichen Partien konnte sich nämlich kein Königsweg herauskristallisieren, der mit relativ hoher
Wahrscheinlichkeit zum Sieg führt. Dafür sind die Optionen einfach zu
breitgefächert, und jede Strategie kann letztendlich zum Erfolg (oder auch
Misserfolg) führen.
Über eines sollten sich die Spieler aber im Klaren sein: um
den Erhalt von Piratenplättchen geht kein Weg herum. Viele Protagonisten sind
von 16 Straf-Minuspunkten für die meisten Piraten abgeschreckt und versuchen
mit aller Gewalt, diesen Plättchen aus dem Weg zu gehen. Das ist jedoch eine
Milchmädchenrechnung, denn auf diese Weise verzichtet ein Spieler auf viele
Zusatzaktionen, die im Prinzip dringend notwendig sind. Wenn absehbar ist, dass
die Mitstreiter tatsächlich diesen Weg einschlagen (mit aller Gewalt Piraten
ausweichen), lohnt sich sogar ein exzessives Nutzen aller Piratenmöglichkeiten.
Wenn man eh die Maximalanzahl an Minuspunkten kassiert, muss sich das wenigstes
lohnen ;-)
Die vermutlich wichtigste Ressource von Madeira ist Holz. Dieser Rohstoff wird ständig für alle möglichen
Kosten benötigt, daher ist der Zugang zu diesem Gut absolut lebensnotwendig.
Und da das Holz auf den Erntefeldern irgendwann abgerodet ist, empfiehlt sich
zusätzlich die Belegung des Waldfeldes, das keiner der drei Regionen zugeordnet
ist. Dafür ermöglicht ein Arbeiter auf diesem Feld den ständigen Zugang zu
Holz, und ein Holzzugang ist Voraussetzung für den Kauf von Holz mit Real
(gemäß Kaufliste). Nichtsdestotrotz sollten auch die anderen Ressourcen nicht
vernachlässigt werden, da sie unter Umständen für alternative Aktionen benötigt
werden.
Fakt ist, dass ein einzelner Spieler nicht auf allen
Hochzeiten tanzen kann. Man kann einfach nicht alles bekommen, und darüber
sollten sich alle Mitstreiter im Klaren sein. Und wenn man diese Tatsache
erstmal verinnerlicht hat, sinkt auch das Frustpotential, das in den ersten
Partien noch recht ausgeprägt zu Tage tritt. Am Anfang verzweifeln die Spieler
richtiggehend, weil ihnen immer irgendwas fehlt. Keine Angst – da gewöhnt man
sich dran. Madeira ist halt kein
Kuschelspiel mit Ressourcenüberfluss, sondern ein mega-komplexes
Strategie-Taktikspiel, bei denen die Protagonisten knallhart ihren Weg gehen
sollten. Manchmal ist zu lesen, dass Madeira
mehr Arbeit als Spiel ist. Blödsinn! Natürlich ist der Einstieg extrem mühselig
und anstrengend, aber wenn man die Mechanismen erstmal in- und auswendig kennt,
entschädigt der gigantische Spielspaß auf ganzer Linie für alle Mühen, die Neulinge
zugegebenermaßen anfangs auf sich nehmen müssen.
Fazit:
Ist man im Spiel angekommen, kennt die Spielfreude von Madeira keine Grenzen. Wobei diese
Aussage natürlich nur auf Hardcore-Vielspieler zutrifft, die definitiv das
ausschließliche Klientel darstellen. Für Kinder, Familien und unerfahrene
Gelegenheitsspieler ist Madeira
absolut ungeeignet. Für Vielspieler-Insider kann das Spiel jedoch nicht genug
gelobt werden. Absolute Eliteklasse. Klare Kaufempfehlung ohne jegliche
Abstriche.
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