Freitag, 17. Juni 2016

Da Yunhe - Der große Kaiserkanal



Verlag: Müller-Mätzig Spiele
Autor: Björn Müller-Mätzig
Spieleranzahl: 2 - 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 - 90 Minuten


Einleitung:

In Da Yunhe werden die Spieler vom Großen Koordinator beauftragt, sich aktiv am Bau des Großen Kaiserkanals zu beteiligen. Und da der Große Koordinator nicht nur ein lausiger Sachbearbeiter der Besoldungsgruppe A11 sondern der höchste Beamte im Kaiserreich der Ming Dynastie ist, folgen die Protagonisten dem Ruf ihres Vorgesetzten umgehend. Um ihre Konkurrenten zu übertrumpfen setzen die Spieler auch durchaus auf destruktive Mittel, damit die lästigen Mitstreiter immer wieder zurückgeworfen werden.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan zusammengesetzt und mit der Mauer der Zufriedenheit sowie der Verbotenen Stadt ergänzt. Jeder Spieler erhält eine Spielertafel und sein Spielmaterial, das im Wesentlichen aus 20 Kanalplättchen und 10 Unruheplättchen besteht. Die Spieler platzieren ihren Spielermarker neben ihrem Gebiet, und beginnend mit dem Startspieler positionieren sie anschließend vier ihrer Unruheplättchen abwechselnd auf die Unruhefelder des Spielplans. Die restlichen eigenen Spielplättchen werden gemischt und in drei gleich hohe Nachziehstapel getrennt, die auf das eigene Spielertableau gelegt werden. Lediglich das oberste Plättchen jeden Stapels wird anschließend aufgedeckt.

Jede Spielrunde verläuft in fünf Phasen. Zunächst wählt der Startspieler eine Aktionskarte aus und gibt die restlichen Karten im Draft-Modus an seinen Nachbarn weiter. Nachdem jeder Spieler eine Karte ausgewählt hat, werden die Aktionen reihum abgehandelt. Jede Karte beinhaltet mehrere Optionen, die in beliebiger Reihenfolge ausgeführt werden können. In der Regel handelt es sich dabei unter anderem fast immer um eine Baumöglichkeit und das Nachziehen von Plättchen, die von einem eigenen Nachziehstapel ins eigene Lagerhaus gelegt werden. Nur Plättchen vom Lagerhaus können gebaut werden. Als dritte Möglichkeit kann der aktive Spieler auch oftmals einen Angriff ausführen, bzw. die Mitstreiter schädigen. Voraussetzung hierfür sind zwei Unruheplättchen im eigenen Lagerhaus, von denen eines zumeist auf den eigenen Teil der Mauer der Zufriedenheit gelegt wird. Das andere Unruheplättchen kommt in den meisten Fällen zurück unter einen eigenen Nachziehstapel. Auswirkungen eines Angriffs sind beispielsweise der Verlust von acht Ansehenspunkten, die Zerstörung eines gegnerischen (gebauten) Kanalplättchens etc.

In der dritten Phase schreitet der Große Koordinator voran. Hierzu zieht der aktive Spieler das Schiffsplättchen des Bauherren von links nach rechts. Für gebaute Kanalplättchen erhalten die Besitzer Siegpunkte/Ansehenspunkte. Überquert der Große Koordinator ein ausliegendes Unruheplättchen, erhält der Besitzer vier Minuspunkte. Nach Abhandlung dieser Wertung wird überprüft, ob es Aufstände in der Bevölkerung gibt. Hat ein Spieler eine gewisse Anzahl an Unruheplättchen in seinem Teil der Mauer der Zufriedenheit liegen, erhält er für jedes Plättchen vier Minuspunkte. Zum Abschluss einer Runde erfolgt die Aufräumphase, in der die Aktionskarten und Markierungssteine eingesammelt werden.

Das Spiel endet am Schluss der Spielrunde, in der der Große Koordinator seine vierte Fahrt in der dritten Phase beendet und der Anzeiger der Fahrten auf 0 steht. Jetzt folgt noch die Schlusswertung, bei der die zusammenhängenden Kanalplättchen und die Anzahl der gebauten Plättchen in der Verbotenen Stadt ausgerechnet werden. Der Spieler mit den meisten Ansehenspunkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Respekt! Da Yunhe – Der Große Kaiserkanal ist das erste „große“ Spiel von Björn Müller-Mätzig, der im „normalen Leben“ als Berater tätig ist. Mit trockenem Juristentum hat Da Yunhe aber wenig gemein. Stattdessen handelt es sich um ein interessantes und durchaus anspruchsvolles Strategie-Taktikspiel, das auch fieses Ärgerpotential beinhaltet. Insgesamt betrachtet überzeugt das Spiel durch viel Licht und nur wenig Schatten, und auf diese Pro und Contra Faktoren wird im Folgenden näher eingegangen.

Zunächst ist die Spielidee zu loben, die übrigens auf wahren und historischen Gegebenheiten basiert. Kernstücke von Da Yunhe sind natürlich primär die Aktionskarten, aber auch der Weg des Großen Koordinators und die Aufstände auf der Mauer der Zufriedenheit sowie die Schlusswertung der Verbotenen Stadt sind wichtige Elemente, die ausgezeichnet miteinander kombiniert wurden. Die Wahl der Aktionskarte(n) hängt oftmals vom Bestand des eigenen Lagerhauses ab. Wer wenig Plättchen im Lagerhaus liegen hat, wird erfahrungsgemäß sein Hauptaugenmerk auf möglichst üppigen Nachschub legen, um dann mit diesen Plättchen konstruktive (oder auch destruktive) Aktionen auszuführen.

Diesbezüglich ist der frühzeitige Ausbau einer verbundenen Kanalstrecke anzuraten, denn zum einen bringt ein Bau direkte Siegpunkte, und zum anderen kann der Spieler beim Zug des Großen Koordinators nochmals richtig viel Punkte absahnen. Insofern ist auch die Karte „Sonder-Inspektion“ beliebt, mit der die Spieler zumindest für drei Plättchen ordentlich Ansehenspunkte generieren können. Abhängig vom Lagerhaus juckt es aber auch eigentlich jedem Spieler in den Fingern, mit einer Angriffsaktion einen ungeliebten Konkurrenten zurückzuwerfen. Insbesondere bei einem längeren Streckennetz lohnt sich das Ausspielen der Karte „Kanal zerstören“, um sich nach der Attacke sogleich in das nun leere Feld einzubauen. Alle finden so was lustig, nur der betroffene Spieler nicht ;-)

Der Einstieg ins Spiel fällt übrigens nicht besonders leicht. Das liegt in erster Linie an der gewöhnungsbedürftigen Symbolik, deren Verinnerlichung einige Zeit in Anspruch nimmt. Hinzu kommt die ein oder andere Unplausibilität in der Spielanleitung. Zum Beispiel die Erläuterung der Karte „Anschwärzen“. Ein Unruheplättchen wird in die Verbotene Stadt eines Gegenspielers platziert (soweit ist alles klar), aber was ist mit dem anderen Unruheplättchen? Die Symbolik gibt vor, dass es unter einen Nachziehstapel geschoben wird, während die Anleitung besagt, dass es auf die Mauer der Zufriedenheit kommt. An dieser Stelle ist jedoch der Service von Björn ausdrücklich zu loben, der jede Anfrage schnell, kompetent und äußerst freundlich/sympathisch beantwortet.

Die Schatten des Spiels (gewöhnungsbedürftige Symbolik, vereinzelte Unklarheiten und viel zu kleine Pappmarker) halten sich jedoch in einem vernachlässigbaren Rahmen, zumal das Licht (Spielspaß, Mechanismus) definitiv dominiert. Last not least ist anzumerken, dass sich potentielle Interessenten unbedingt mit einem Glücksfaktor arrangieren müssen, denn gerade die Plättchen am Anfang und auch das Nachziehen können durchaus für unterschiedliche Vorteile bzw. Nachteile sorgen.

Fazit:

Der Spieleautor und Jurist Björn Müller-Mätzig wird beschuldigt, ein sehr gutes Spiel verfasst zu haben, dass dem Klientel der Vielspieler großen Spaß macht. Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Der Angeklagte ist schuldig und wird hiermit dazu verurteilt, weitere Brettspiele dieser Güteklasse erfinden zu müssen. Wenn Herr Müller-Mätzig diese gerechte Strafe annimmt, darf sich die Spielergemeinde in Zukunft auf viele weitere tolle Veröffentlichungen freuen :-)

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