Montag, 25. Juni 2018

Lorenzo der Prächtige



Verlag: Cranio Creations / Heidelberger Spieleverlag / Asmodee
Autor: Virginio Gigli / Flaminia Brasini mit Simone Luciani
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 - 120 Minuten


Einleitung:

Lorenzo der Prächtige versetzt die Spieler in die Zeit der italienischen Renaissance. Als Oberhaupt einer Adelsfamilie schicken die Protagonisten ihre Familienmitglieder in verschiedene Bereiche der Stadt Florenz, um dort diverse Leistungen zu erbringen. Doch die Wertigkeit der entsendeten Arbeiter hängt von drei Würfeln ab, deren Würfelwert durch Diener oder Charakterkarten modifiziert werden kann.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und mit den Entwicklungskarten des ersten Zeitabschnitts bestückt. Weiterhin werden drei Exkommunikationsplättchen gezogen und auf den Feldern der entsprechenden Zeitalter ausgelegt. Jeder Spieler erhält ein eigenes Spielertableau und ein Bonusplättchen. Als Startkapital stehen jedem Spieler zwei Holz, zwei Steine, drei Diener und fünf bis acht Goldmünzen zur Verfügung.

Alle Spieler besitzen außerdem vier Familienmitglieder (= Arbeiter). Drei Figuren in der Farbe des Spielers mit unterschiedlichen Farbaufklebern am Kopf und einem neutralen Arbeiter mit dem Wert 0. Zu Beginn einer Runde werden drei farbige Würfel geworfen. Deren Würfelergebnisse bestimmt die Wertigkeit der entsprechenden Familienmitglieder. Die Werte sind für alle Spieler gleich.

Reihum entsenden die Spieler nun jeweils ein Familienmitglied in einen Bereich und führen dort die dazugehörige Aktion aus. Der erste Bereich des Spiels besteht aus vier Türmen, in denen jeweils vier Entwicklungskarten ausliegen. Je höher die Position im Turm, desto wertiger muss ein Arbeiter sein, der diese Karte einkauft. Arbeiter bzw. Würfelergebnisse können durch Abgabe von Dienern erhöht werden. Blaue Charakterkarten haben einen dauerhaften Effekt und kosten grundsätzlich Gold. Grüne Gebietskarten bringen bei Aktivierung zumeinst diverse Ressourcen, allerdings muss ab der dritten Gebietskarte eine bestimmte militärische Stärke gegeben sein (Position auf der Militärleiste). Auch gelbe Gebäudekarten gewähren bei Aktivierung unterschiedliche Boni, während violette Wagniskarten lediglich Siegpunkte in der Schlusswertung ergeben. Jedoch bieten die meisten Karten (jeden Typs) auch einen einmaligen Sofortbonus beim Kauf. Möchte ein Spieler eine Karte von einem Turm kaufen, der bereits von einer anderen Figur besetzt ist, muss er zusätzlich zu den Kartenkosten auch noch drei Goldmünzen bezahlen.

Um die wieder verwendbaren Effekte der Gebiets- und Gebäudekarten zu aktivieren, muss ein Spieler in den Bereich der Ernte bzw. der Produktion gehen. Aktiviert werden jedoch nur die Karten, welche der Wertigkeit des Familienmitglieds entsprechen, d.h. ein Arbeiter mit dem Wert 4 aktiviert alle Karten mit den Werten 1, 2, 3 und 4. Nicht jedoch die Karten, die einen Wert in Höhe von 5 oder 6 erfordern. Diverse Charakterkarten erhöhen bestimmte Werte, und auch die Abgabe von Dienern erhöht den Wert eines Arbeiters. Im Markt und Ratspalast erhalten die Spieler verschiedene Ressourcen. Die Position im Ratspalast gibt außerdem die Spielerreihenfolge der nächsten Runde vor.

Am Ende der zweiten, vierten und sechsten Runde müssen die Spieler Glaubenspunkte abgeben, um nicht exkommuniziert zu werden. Eine Exkommunikation bedeutet einen Malus für den Rest des Spiels. Lorenzo der Prächtige endet nach der sechsten Runde mit einer Schlusswertung, in der es dann noch Siegpunkte für blaue Karten und Rohstoffe gibt. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen. Im Fortgeschrittenenspiel kommen außerdem noch Anführerkarten zum Einsatz.

Meinung:

Lorenzo der Prächtige macht seinem Namen alle Ehre, denn in der Tat ist diese Veröffentlichung ein prächtiges Spiel. Workerplacement at it´s best.

Lorenzo erfindet das Rad zwar nicht neu, aber das ist auch nicht notwendig. Wenn Mechanismen funktionieren und Spaß machen – warum sollte man daran rumpfuschen? Diesem Grundsatz folgen auch die Autoren Virginio Gigli und Flaminia Brasini in Zusammenarbeit mit Simone Luciani. Das italienische Dreigestirn hat ein lupenreines Euro-Workerplacement-Spiel der Spitzenklasse kreiert, in dem alle Elemente zu finden sind, die dieses Genre auszeichnen.

Zum einen ist da natürlich der Anspruch bzw. die Komplexität. Lorenzo der Prächtige bietet den Protagonisten viele Möglichkeiten, und die Analyse und das Ausloten dieser Optionen bereitet allen klassischen Eurogamern pure Spielfreude. Ich will in dieser Rezension nicht spoilern oder verraten, welche Elemente am wertvollsten sind, aber soviel sei gesagt: wichtig ist alles! Und auch das ist ein typisches Prinzip von europäischen Strategiespielen. Es ist zwar durchaus möglich, sich auf bestimmte Bereiche zu konzentrieren, aber ohne Diener und ohne Geld geht gar nichts. Also errichten erfahrene Vielspieler funktionierende Produktionsketten, die bei Aktivierung möglichst alle Ressourcen generieren, die man für den weiteren Verlauf benötigt.

Und benötigt werden die Ressourcen (inkl. Geld) primär für den Kartenkauf. Sieg oder Niederlage hängen ausschließlich von den erworbenen Karten ab, und wer am besten plant und im Idealfall die Karten aufeinander abstimmt, geht in der Regel meistens als würdiger Gewinner aus einer Partie heraus. Der Glücksfaktor ist ziemlich gering, was die meisten Expertenspieler wahrscheinlich beglücken dürfte. Das Ausloten aller Möglichkeiten beansprucht die kleinen grauen Zellen, ohne den Prozessor jedoch durchschmoren zu lassen. Denn Lorenzo der Prächtige ist zwar komplex, aber nicht unnötig kompliziert. Bereits nach kurzer Zeit sind sowohl die Regeln als auch die Symboliken verinnerlicht, und dementsprechend zieht sich eine Partie auch nicht allzu sehr in die Länge, sondern ist zumeist locker in der veranschlagten Spielzeit beendet.

Eine Exkommunizierung sollte nach Möglichkeit vermieden werden. Zum einen erschwert der Malus die Partie immens, und zum anderen summieren sich die Glaubenspunkte zu einer ansehnlichen Anzahl an Siegpunkten, wenn man sie clever einsammeln bzw. generieren kann.

Noch interessanter wird das Spiel mit Hinzunahme der Anführerkarten. Allerdings kann dann der Effekt eintreten, dass einige Spieler mit aller Gewalt schnellstmöglich die Voraussetzungen zum Ausspielen der Anführer erfüllen wollen. Damit lassen sie sich (bewusst oder unbewusst) in eine bestimmte Richtung lenken, was nicht jeder Vielspieler mag. Hier muss jede Spielergruppe für sich entscheiden, ob sie dieses Element gern hat oder ob die Gruppe lieber beim Grundspiel bleibt. Großartig sind aber auf jeden Fall beide Varianten.

Fazit:

Lorenzo der Prächtige ist ein klares „must have“ für alle Freunde von anspruchsvollen Workerplacement-Spielen. Die Veröffentlichung hat keine Schwächen und punktet auf allen Ebenen. Wer Arbeitereinsatz-Eurogames mag, kann hier bedenkenlos zuschlagen. Ergo: glasklare Weiterempfehlung ohne jegliche Abstriche!

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