Samstag, 6. Januar 2018

Noria



Verlag: Edition Spielwiese / Pegasus
Autor: Sophia Wagner
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 70 - 120 Minuten


Einleitung:

Über den Wolken … muss die Freiheit nicht nur grenzenlos sein, sondern dort liegt auch das futuristische Reich Noria, welches der Namensgeber zum vorliegenden Brettspiel ist. In diesem Expertenspiel entdecken die Protagonisten fliegende Inseln, auf denen Schiffe gekauft und Fabriken errichtet werden. Doch über allem thronen vier prestigeträchtige Projekte, deren Werte letztendlich über Sieg und Niederlage entscheiden.

Ablauf:

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und mit allen erforderlichen Utensilien bestückt. Der Spielplan zeigt das Inselreich Noria und ist folgendermaßen konzipiert: im oberen Bereich gibt es vier Projekte, auf denen stufenweise mit eigenen Gesandten empor geschritten werden kann. Jedem Projekt ist eine Kammer mit vier Politikern (graue Marker) zugeordnet. Im Laufe des Spiels können  Politiker den Wert der Projekte erhöhen oder ersatzlos entfernt werden, so dass der Wert von anderen Projekten nicht mehr gesteigert werden kann. Zwei weitere Kammern mit Politiker-Markern dienen als Multiplikator für die Schlusswertung. Auf dem Spielplan befindet sich weiterhin ein Pfad, der als Rundenanzeiger fungiert. Last not least gibt es einen Markt, auf dem alle verfügbaren Aktionsscheiben erworben werden können.

Jeder Spieler erhält eine Plastikpyramide mit drei unterschiedlich großen Ringen. Die Ringe haben Ausbuchtungen, in denen die Aktionsscheiben eingesetzt werden. Weiterhin besitzen die Spieler eine Spielerübersicht und eine Fabrikablage mit drei Schiffen (Obsidian, Energie und Myrzel). Nun bestücken die Spieler ihre Ringe mit sechs unterschiedlichen Aktionsscheiben. Der untere Bereich ist der aktive Bereich, während der obere Bereich immer inaktiv ist.

Noria verläuft über 14 – 16 Runden, die immer in verschiedene Phasen unterteilt sind. Den Start macht die optionale Einflussphase, in der die Spieler gegen Abgabe von Wissen ihre Aktionsscheiben auf den Ringen versetzen können. Dann folgt die Aktionsphase, in der die Protagonisten maximal drei Scheiben innerhalb des aktiven (unteren) Bereichs nutzen können. Durch aufgewertete Aktionsscheiben oder Bonusscheiben sind Mehrfachnutzungen möglich, aber insgesamt dürfen höchstens vier Aktionen ausgeführt werden. Mittels der Aktionen erhalten die Spieler Rohstoffe gemäß ihrer passenden Schiffe oder sie kaufen neue Aktionsscheiben vom Markt, die sie am Ende ihres Zugs in einen Ring einbauen können. Weiterhin können sie einen Gesandten eine Stufe von einem Projekt emporsteigen lassen (kostenpflichtig in Form von Rohstoffen oder Waren). Sie können auf Reisen gehen und auf verschiedenen Inseln Schiffe nehmen oder eine Fabrik bauen. Mit dem Werkzeugsymbol werten sie eine „normale“ Aktion auf und mit der Ersatzaktion erhalten sie Wissen.

In der folgenden optionalen Politikphase können sie einen Politiker in einer Kammer nach unten ziehen damit der Wert des Projekts steigt. Außerdem können sie gleichzeitig einen anderen beliebigen Politiker von einem anderen Projekt abziehen, sofern dieser Politiker noch nicht nach unten gezogen wurde. Diese optionale Aktion wird mit Wissen bezahlt. Last not least beschließt die Verwaltungsphase die laufende Runde. Hierbei erhalten die Spieler Wissen für gebaute Fabriken, und außerdem drehen sie die Ringe ihrer Aktionspyramide weiter.

In der Schlusswertung zählen ausschließlich die Positionen der Gesandten auf den Stufen der verschiedenen Projekte. Der Stufenwert wird mit dem dazugehörigen Politikerwert multipliziert. Hinzu kommt ggf. der Stufenwert des höchsten und des niedrigsten Gesandten in Verbindung mit dem Politikerfaktor der beiden Zusatzkammern auf der rechten Seite des Spielplans. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Uff … das ist ein ganz schöner „Brocken“. Pegasus und die Edition Spielwiese haben diese Veröffentlichung nicht umsonst als „Experte“ eingestuft, denn diese Charakterisierung hat Noria auch redlich verdient. Aufgrund dieser berechtigten Einstufung dürfte das Spiel für Gelegenheitsspieler und Familien viel zu komplex sein und ausschließlich das Klientel der Vielspieler ansprechen. Dieser Personenkreis bekommt aber ein richtig tolles Spiel geboten, das definitiv eine Weiterempfehlung wert ist.

Allein schon der Drehmechanismus mit den abgestuften Ringen macht Noria zu etwas Besonderen, da die Aktionsscheiben nach eigenem Belieben in die Ausbuchtungen eingesetzt werden. Auf diese Weise können die Spieler durchaus verschiedene Strategien ausprobieren, was den Langzeitspielreiz von Noria sicherlich erhöht. Aber wo wir schon beim Stichwort „Langzeitspielreiz“ sind – ein paar weitere Siegpunktgenerierungen hätten dem Spiel möglicherweise gut getan. Da sich alles auf die Wertung der vier Projektpfade konzentriert ist eine Fokussierung eigentlich vorgegeben. Der Weg zum optimalen Erfolg ist zwar der Schlüssel zum Sieg, aber das Ziel steht fest. Und das unterscheidet Noria von vielen andern Veröffentlichungen, bei denen meistens verschiedene Faktoren zum Sieg führen. Ist das nun gut oder schlecht? Ich persönlich bin der Meinung, dass dieses Konzept gut ist, weil sich Noria dadurch wie gesagt von anderen komplexen Brettspielen abhebt. Andererseits verstehe ich aber auch Mitspieler, die sich mehr Siegoptionen wünschen. Das ist wirklich reine Geschmackssache.

Unbestreitbar geil (im Sinne von interessant) ist jedoch der Weg zum Ziel. Sicherlich wird in der ersten Hälfte einer Partie bevorzugt gereist, um möglichst viele Schiffe abzugreifen und möglichst viele Fabriken zu bauen. Das ist prinzipiell der „Standardweg“, aber es gibt auch Spieler, die von Anfang an auf den Aufstieg der Gesandten spielen. Spieler mit einer verbesserten Ausrüstung müssen einen größeren Vorsprung auf den Pfaden erstmal aufholen, was zwar oft aber nicht immer gelingt. Die Strategie des frühen Aufstiegs birgt aber eine ganz andere Gefahr. Die Konkurrenten sehen frühzeitig, welche Projekte forciert werden und können entsprechend reagieren. Und dabei haben sie die Wahl, durch Intrigen in der Politikphase das Projekt sofort zu torpedieren oder sich einfach dranzuhängen und ebenfalls emporzusteigen. Die genaue Beobachtung der Konkurrenz führt also durchaus zu einem gewissen Vorteil, daher sollte man sich in der Regel nicht zu früh festlegen.

Wer gerne plant, beobachtet, reagiert und intensiv nachdenkt kommt bei Noria absolut auf seine Kosten. Dem überwiegenden Großteil des beschriebenen Zielklientels macht das Spiel großen Spaß und bietet gleichzeitig einen hohen Wiederspielreiz. Wer sich zur Gruppe der Vielspieler und Experten zählt, sollte Noria also unbedingt mal ausprobieren. Es lohnt sich.

Fazit:

Freund von anspruchsvollen und komplexen Brettspielen kann Noria zweifellos ans Herz gelegt werden. Glückwunsch an Sophia Wagner, der mit Noria ein beeindruckendes Debüt gelungen ist. Wenn sie auf diesem Niveau weitermacht wird sie in ein paar Jahren sicherlich in einem Atemzug mit Szenegrößen wie Uwe Rosenberg, Stefan Feld und Alexander Pfister genannt werden. Und ein größeres Kompliment kann es für eine vielversprechende Nachwuchsautorin kaum geben.

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