Autor: Simone Romano / Nunzio Surace
Spieleranzahl:
1 – 5
Alter:
ab 13 Jahren
Spieldauer:
zwischen 60 bis 180 Minuten pro Szenario
Einleitung:
Mit den Alten
Chroniken beginnt eine neue eigenständige Saga in der Welt von Sword & Sorcery. Das Spiel ist
thematisch ein Prequel zum ersten Werk und ist spielerisch mit Unsterbliche Seelen kompatibel. In
diesem epischen Abenteuerspiel schlüpfen die Spieler in die Rollen von
verstorbenen Helden, die von den Göttern wiedererweckt wurden, um im Unterreich
ihre sakrale Aufgabe zu erfüllen und den Zauber zu brechen, der ihre Seelen
bindet. Sword & Sorcery ist in
erster Linie als Kampagne konzipiert. Jedoch können einzelne Szenarien auch
„Stand-alone“ gespielt werden, was das epochale Flair jedoch schmälert. Im
Verlauf der Kampagne sammeln die Helden wertvolle Seelensplitter an, mit denen
sie ihren Seelenrang erhöhen können. Weiterhin finden die Protagonisten auf
ihrem Weg magische Waffen und mächtige Artefakte. In Kombination dieser
Mechanismen erhöhen die Charaktere ihre Stärke und ihre Fähigkeiten, aber auch
die Gegner werden immer stärker und vielfältiger.
Wichtiger Hinweis, bevor es in die
Ablaufbeschreibung und den Meinungsblock geht: Sword & Sorcery ist ein hochkomplexes und ausuferndes Spiel mit
unzähligen Detailregeln. Um diese Rezension nicht ausarten zu lassen, werden
nachfolgend nur die wichtigsten Grundmechanismen erläutert. Alles andere würde
den Rahmen sprengen, denn in einer Rezi geht es meiner Meinung nach primär
darum, einen guten Überblick vom Gesamteindruck zu bekommen. Ok, so let´s go…
Ablauf:
Zu Beginn der Kampagne (oder des
Einzelszenarios) wählt sich jeder Spieler einen Heldencharakter aus. Zur
Spielausrüstung eines Helden gehören eine Heldentafel, eine Heldenkarte sowie
diverse Fähigkeitskarten, Waffen, evtl. Gefährten usw. Auf dem Seelenstein
jedes Helden wird sein Seelenrang eingestellt. Auf diese Weise wird
erkenntlich, wie viele Leben ein Charakter besitzt, wie viele Fähigkeiten
ausgerüstet werden dürfen, wie viele Angriffe der Held in seinem Zug machen
darf etc.
Nun werden verschiedene Kartenstapel
vorbereitet. Aktivierungskarten bestimmen die zu aktivierenden Gegner,
Gegnerfähigkeiten kommen bei stärkeren Feinden hinzu, Schatz- und Emporiumskarten
ermöglichen die Verbesserung der Heldenausrüstung und Ereigniskarten
beschreiben verschiedene Ereignisse, die während eines Abenteuers eintreten.
Weiterhin vorbereitet werden etliche Marker und Geldmünzen. Nachdem diese
allgemeine Vorbereitung abgeschlossen ist, erfolgt die eigentliche spezifische
Vorbereitung des aktuellen Abenteuers. Dazu wird im Buch der Abenteuer das
entsprechende Szenario aufgeschlagen und die konkrete Vorbereitung dieses
Abenteuers abgeschlossen (Aufbau des Spielplans, teilnehmende Gegner, zu verwendende
Ereignisse etc.).
Jede Runde ist in drei Phasen unterteilt. In
der Zeitphase werden z.B. Fähigkeiten bereitgemacht, Effekte verwaltet usw.
Dann folgt die zentrale Phase jeder Runde, nämlich die Kampfphase, Jeder Held
ist einmal an der Reihe und kann in seinem Zug Bewegungen ausführen, einen
Gegner angreifen und Standardaktionen ausführen (z.B. eine Tür öffnen, Suchmarker
nach Schätzen oder Sonstigen durchsuchen und so weiter). Die Anzahl der
möglichen Aktionen wird vom Seelenrang bzw. dem Seelenstein vorgegeben. Sobald
ein Held seine Aktionen durchgeführt hat wird eine Aktivierungskarte gezogen,
sofern Gegner im Spiel sind. Die Aktivierungskarte bestimmt, welche Gegner
aktiviert werden, z.B. alle grünen Gegner. Jedem Gegner ist ein
Gegner-Pergament zugeordnet, welches das Verhalten eines Feindes in
Abhängigkeit von der Spielsituation beschreibt. Einige Monstertypen erhalten
zusätzliche Fähigkeiten, wenn sich ein entsprechendes Symbol auf der
Gegnerkarte befindet. Sobald ein Gegner besiegt ist erhalten die Helden eine
oder mehrere Belohnungen, z.B. Seelensplitter, Gold, eine Schatzkarte etc.
Stirbt ein Held während des Kampfes wechselt er in seine Geisterform und kann
sich später nur gegen Abgabe von Seelensplittern körperlich regenerieren
(wiederauferstehen). Je nach gewähltem Kampagnen-Schwierigkeitsgrad verliert er
eine Seelenrangstufe (oder auch nicht in einem vereinfachten Modus). Es gibt
verschiedene Schwierigkeitsgrad-Stufenanpassungsmöglichkeiten, die im Buch der
Abenteuer erläutert werden.
In der Regel durchlaufen die Helden während
eines Abenteuers einen aufgebauten Spielplan, auf dem sich auch diverse
Wegmarker und Abenteuerereignisse befinden. Sobald ein Held einen solchen
Wegabschnitt erreicht, wird das entsprechende Ereignis getriggert. Dazu wird
der entsprechende Passus im Buch der Geheimnisse vorgelesen und abgehandelt.
Auf diese Weise schreitet auch die Geschichte voran, denn Sword & Sorcery ist ein Storytelling-Kampagnenspiel, dessen
Verlauf auch von getroffenen Entscheidungen abhängt. Doch kommen wir jetzt
wieder zurück zu den Phasen einer Runde. Eine Phase fehlt noch in der
Erläuterung, und das ist die Ereignisphase.
Diese Phase kann kurz und bündig erklärt
werden. Ist die oberste Karte des Ereigniskarten-Stapels verdeckt, wird diese
gezogen und abgehandelt. Aufgedeckte Karten werden lediglich abgelegt. Die
Karten des Stapels dienen auch als Timer, denn wenn die Karten ausgehen und das
Szenarioziel nicht erfüllt wurde, gilt das Abenteuer als gescheitert. Nach der Ereignisphase
startet die nächste Runde dann wieder mit der Zeitphase usw.
In den Alten
Chroniken durchschreiten die Spieler das Unterreich, dessen Wege auf der
Rückseite vom Buch der Abenteuer abgebildet sind. Auf ihrer Reise durch das
Unterreich kommen die Spieler auch an verschiedene Orte, die durch Ortstafeln
visualisiert werden. Mittels Zeitmarkern können die Protagonisten dann verschiedene
Bereiche erkunden. Sowohl die Ortstafeln als auch die Unterreichkarte sind neue
Elemente, die es bei der Vorgänger-Saga noch nicht gab. Ebenfalls neu sind
natürlich die fünf Heldencharaktere von Sword
& Socery – Die Alten Chroniken und die Schätze, Waffen, Rüstungen und
sonstigen Karten. Die grundlegenden Spielmechanismen haben sich jedoch nicht
verändert. Wer Sword & Sorcery –
Unsterbliche Seelen kennt, sollte sich bei den Alten Chroniken schnell heimisch fühlen.
Meinung:
Sword
& Sorcery
ist eines der besten Abenteuerspiele aller Zeiten! Zumindest meiner Meinung
nach. Aber es ist kein Spiel für jedermann und die provokante
Eingangsbehauptung bezieht sich wohlgemerkt auf das Gesamtkonzept aller
bisherigen Veröffentlichungen. Natürlich werde ich noch konkret auf Die Alten Chroniken eingehen, aber mir
ist es wichtig, zunächst eine allgemeine Bewertung abzugeben. Im Vergleich zu
anderen Abenteuerspielen ist Sword &
Sorcery nochmals kleinteiliger, komplexer und bezüglich des Handlings auch
anstrengender. Gleichzeitig ist das System damit aber auch einzigartig und
bietet fantastischen Spielspaß, wenn man dieses Genre mag. Anfangs erschlagen
die unzähligen Detailregeln viele Spieler, aber wenn man sich erstmal in die
Materie reingefuchst hat, erscheinen die Mechanismen in einem leichteren Licht,
denn alles ist logisch aufgebaut und perfekt verzahnt. Das Einarbeiten in die Fülle
der Regelmasse ist zugegebenermaßen anfangs richtiggehende Knochenarbeit, aber
diese wird immer verständlicher und zugänglicher, je tiefer man in die Materie
eingetaucht ist und die Mechanismen verinnerlicht hat. Natürlich ist die
Veröffentlichung aufgrund der hohen Einstiegshürde primär für Experten und
Genrekenner geeignet. Klassische Familienspieler sind höchstwahrscheinlich
gnadenlos überfordert.
Aber was ist denn nun so toll an Sword & Socery? (Fast) alles!
Spielspaß und Spannung können kaum noch getoppt werden (nur Gloomhaven hat uns noch mehr
begeistert). Die Kampagne erzählt eine klassische Story und steigert die
Heldenmöglichkeiten passend zu den auftauchenden Gegnern. Die Spielplanteile sind
düster (aber nicht zu düster) und spiegeln das Flair der Geschichte wider. Die
Miniaturen sind von guter bis sehr guter Qualität und sehen insbesondere bemalt
klasse aus. Allerdings muss eingeräumt werden, dass es zweifellos noch viel
feinere Minis in anderen Spielen gibt. Die überragende Miniaturenqualität vieler
Kickstarterprojekte wird also nicht erreicht. Bei den Alten Chroniken fällt außerdem auf, dass die Materialqualität bei
den Figuren unterschiedlich ausgeprägt ist. Während beispielsweise Aspides in
Schlangengestalt mega aussieht sind die Gesichtszüge von Thorgren (Zwergenheld)
relativ grob modelliert. Alles in allem sehen die Minis aber prima aus und
erfreuen das Auge beim spielen.
Die KI der Gegner ist super und den
künstlichen Intelligenzen anderer Veröffentlichungen weit überlegen. Faktoren
wie „primäres Ziel“ oder Bedrohungsmarker lassen die Feinde logisch agieren und
sind in Abhängigkeit von der Spielsituation perfekt designt. Auch das Motto der
Ereignisse, die gleichzeitig als Timer fungieren, ist hervorragend umgesetzt.
Die Zuordnung der Gegnerpergamente und Fähigkeiten sind ebenfalls über den grünen
Klee zu loben, denn dadurch ist die Varianz der Feinde enorm groß. Einfach nur
große Klasse!
Kommen wir zurück zu den Alten Chroniken. Der Beginn dieser neuen Saga ist vielversprechend
und weckt gigantische Vorfreude auf das Spiel. Die neuen Elemente hören sich
super an, und meine Gruppe war heiß wie Frittenfett auf die erste Partie.
Abenteuer 1 war dann auch kein Problem und wir setzten frohen Mutes unsere
Reise durch das Unterreich fort. Doch im Verlauf der nächsten Abenteuer
stellten sich unsere Helden mit Ausnahme von Thorgren als zu schwach für den
Schwierigkeitsgrad des Spiels heraus, denn Die
Alten Chroniken sind über weite Strecken viel schwerer zu gewinnen als die
Szenarien bei Unsterbliche Seelen.
Jeder Heldentod warf uns zurück und kostete logischerweise wertvolle
Seelensplitter für das erneute Aufleveln. Das ging ehrlich gesagt so weit, dass
sich Frust breitmachte, denn Abenteuer 4 oder 5 war aus unserer Sicht nicht
mehr zu gewinnen. Ergo machten wir einen Totalreset und fingen die Kampagne mit
Thorgren und zwei Helden aus dem ersten Grundspiel neu an. Viel besser! Jetzt
machte es wieder Spaß, obwohl es immer noch teilweise verdammt eng war. Aufgrund
dieser Erfahrung muss ich also ein bisschen die neuen Helden kritisieren, die
aus unserer Sicht einfach zu schwach sind. Eine Ausnahme bildet wie gesagt
Thorgren, der ein absolut geiler Charakter ist.
Auch die Erfahrungen mit den einzelnen
Szenarien sind unterschiedlich. Einige Abenteuer waren relativ einfach zu
bestehen, während andere bockschwer waren. Ich will nicht spoilern, aber in
einem Abenteuer werden den Helden diverse Fragen gestellt. Eine falsche Antwort
führt zum Auftauchen etlicher Gegner, die dann kaum bezwingbar sind. Jedes
Mitglied unserer Gruppe fand die erste Saga um die Unsterblichen Seelen irgendwie „fluffiger“. Da waren wir einfach
mehr „im Flow“ und die Szenarien wirkten homogener als bei den Alten Chroniken. Aber um jetzt nicht
falsch verstanden zu werden – Die Alten
Chroniken sind ebenfalls ein tolles Spiel, das jedem Sword & Sorcery Fan bedenkenlos ans Herz gelegt werden kann.
Der Auftakt zur neuen Saga ist prima und bietet den Spielern extrem viel
Spieldauer. Mit zehn Abenteuern, die aufgrund von Entscheidungen nicht allesamt
gespielt werden können, bietet Die Alten
Chroniken die meisten Szenarios aller bisherigen Sword & Sorcery Veröffentlichungen. Und die Spieldauer vieler
Szenarien ist auch nicht ohne. Kurzum: hier wird den Fans wirklich viel für ihr
Geld geboten.
Fazit:
Wer ein Freund von komplexen Abenteuerspielen
ist, kommt um Sword & Sorcery
nicht herum. Das Spiel ist einfach ein Klassenprimus und obwohl meine Gruppe
die erste Saga bevorzugt hat, ist Die
Alten Chroniken selbstverständlich trotzdem eine glasklare Weiterempfehlung
wert. Ich freue mich jetzt schon auf die kommenden Erweiterungen und werde bis
zu deren Erscheinen das neue Grundspiel nochmals mit einer anderen Gruppe
spielen.
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