Autor: Christoph
Kraus
Spieleranzahl:
2 – 4
Alter:
ab 12 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Einleitung:
Im 19. Jahrhundert war die Bahn das zentrale
Fortbewegungsmittel schlechthin. Das galt sowohl für den Güter- als auch für
den Personenverkehr. Erst nach und nach wurde die Stadt Lauda zum Knotenpunkt
dieses wichtigen Wirtschaftszweigs, und im vorliegenden Kenner- bis
Expertenspiel Der Taubertal-Express
wetteifern 2-4 Spieler um die gewinnträchtigste Strategie für den Sieg. Um dieses Ziel zu erreichen befördern die
Protagonisten diverse Passagiere, erschließen das Umfeld der Region und
errichten zahlreiche Wirtschafts- und Bahngebäude. Jetzt wird´s höchste
Eisenbahn … los geht´s!
Ablauf (ohne Erweiterung):
Zunächst wird der Spielplan in die Mitte
gelegt und spielerzahlabhängig mit verschiedenen Plättchen und Karten bestückt.
Die restlichen Materialien werden neben dem Plan bereitgelegt. Ausliegende
Utensilien sind Bahnhofsgebäude, Wagenhallen, Gütergebäude, Aktionsplättchen,
Transportgüter und Fahrkarten, von denen weitere Karten verdeckt unter die
sieben Slots an der Seite geschoben werden. Jeder Spieler erhält ein eigenes
Spielertableau mit einer Holz-Dampflok, die im Bahnhof Lauda startet. Weiterhin
bekommt jeder Spieler verschiedene Lokplättchen. Ausgebaut ist die eigene Bahn
anfangs mit einem Führerstand, einem kleinen Kohlewagen, einem Arbeiterwagen
und einem Passagierwagen. Die übrigen Zugteile werden beiseitegelegt und können
im Verlauf der Partie angedockt werden. Last not least startet jeder Spieler
mit einer Silbermünze und abhängig von der Startposition mit schwarzen
Aktionssteinen.
Das Spiel verläuft über sieben Durchgänge á
drei Runden. Zunächst nehmen sich die Spieler in Zugreihenfolge einen
Fahrschein vom aktuellen Slot. Darauf stehen der Start- und der Zielbahnhof des
zu befördernden Passagiers sowie die Belohnung, die es für die Erfüllung des
Auftrags gibt. Anschließend nehmen sich die Protagonisten abwechselnd ein
ausliegendes Aktionsplättchen, bis jeder Spieler drei Plättchen hat. Diese
Aktionsplättchen zeigen 3-4 Aktionssteine in verschiedenen Farben. Nun dürfen
die Spieler beliebig viele Arbeiter anheuern wie sie Platz auf ihren
Arbeiterwaggons haben. Wichtig: am Ende jeden Durchgangs muss jeder Arbeiter
mit einer Silbermünze entlohnt werden sonst gibt es Minuspunkte. Eingestellte
Arbeiter können nicht mehr entlassen werden.
Jetzt beginnen die drei Runden. Zunächst
spielt der aktive Spieler eines seiner drei Aktionsplättchen aus und nimmt sich
die abgebildeten Aktionssteine plus einen zusätzlichen schwarzen Aktionsstein
vom Vorrat. Mittels dieser Aktionssteine kann er nun folgende Aktionen
durchführen. Dampflok bewegen. Pro Aktionsstein beliebiger Farbe zieht er seine
Lok ein Feld auf seinem Tableau weiter. Fahrkarte nehmen. Im aktuellen Bahnhof kann
eine offen ausliegende Fahrkarte genommen werden. Steht man auf einem anderen
Ort muss ein farblich passender Aktionsstein abgegeben werden. Gebäude können
für farbige Aktionswürfel oder für Geld im Bahnhof Lauda errichtet werden. Pro
Bahnhofsausbau wandert der eigene Marker auf der Pionierleiste voran (die
Position bestimmt später die Zugreihenfolge des nächsten Durchgangs).
Errichtete Gebäude haben entweder einen Soforteffekt oder sie gewähren ständige
Vorteile für den weiteren Verlauf oder sie geben Siegpunkte bei der Endwertung.
Wagenhallen werden in bestimmten Orten errichtet. Beim Erreichen dieser Orte
werden die entsprechenden Waggons an den eigenen Zug angekoppelt. Auf
Gütergebäude können Transportgüter platziert werden, die beim Durchqueren
aufgeladen werden. Voraussetzungen hierfür sind jedoch Güterwaggons und
eingestellte Arbeiter. Nahezu alle geschilderten Aktionen erfordern die Abgabe
farblich passender Aktionssteine. Erreicht ein Spieler mit seinem Zug und einem
Passagier einen Zielbahnhof, darf er aufgeladene Güter verkaufen sofern der
Bahnhof das zulässt. Dafür erhält der Spieler sowohl Geld als auch Siegpunkte.
Auf diese Weise werden alle Durchgänge mit
jeweils drei Runden durchgeführt. Das Spiel endet nach dem siebten Durchgang
und es erfolgt die Schlusswertung, in der die Spieler noch Punkte für ihre
Gebäude, ihr Geld und ihr Restmaterial erhalten. Der Spieler mit den meisten
Punkten hat dann gewonnen.
Veränderter Ablauf bei Verwendung der Würfelpioniere-Erweiterung:
Bei Verwendung der Würfelpioniere-Erweiterung wird eine Würfeltafel über die Stelle mit den Aktionsplättchen auf den Spielplan gelegt. Danach wird mit vier Würfeln gewürfelt. Die Würfel werden entsprechend ihrer Ergebnisse auf vorgegebene Aktionsfelder platziert. Beim Nehmen der Aktionsplättchen dürfen die von Würfeln belegten Felder ausgewählt werden (z.B. eine Wagenhalle nehmen, ein hellviolettes Bahnhofsgebäude errichten usw.) Alternativ können auch drei beliebige Aktionssteine genommen werden. Die Würfel der genommenen Aktion werden danach neu gewürfelt und entsprechend neu verteilt. Die Regeln des Grundspiels bleiben ansonsten gleich.
Meinung:
Wow … was für ein Eurogame-Volltreffer!
Großes Lob und ein Riesenkompliment an die Stadt Lauda-Königshofen für den
Vertrieb dieses tollen Kenner-/Expertenspiels, das auf der Geschichte der
Region basiert und damit sogar thematisch absolut überzeugen kann.
Der
Taubertal-Express
erinnert beim Auspacken ein kleines bisschen an frühere Alea-Spiele unter der
Leitung von Stefan Brück. Allerdings mit hervorragenden Material und einer
klassischen Optik. An dieser Veröffentlichung ist nahezu alles zu loben.
Angefangen bei der ausgezeichnet verfassten Anleitung, die keine Fragen offen
lässt. Auch Struktur und Schriftgröße sowie die Bebilderung des Regelwerks sind
vorbildlich. Trotz anspruchsvollem Strategieanteil kommt die Spielregel mit
schlanken 12 Seiten aus. Und das liegt daran, dass der Ablauf und die
Aktionsmöglichkeiten durchaus überschaubar sind.
Wenige Optionen heißt aber nicht, dass der Taubertal-Express ein leicht zu
beherrschendes Spiel ist. Die Spieler müssen die Zusammenhänge schnell
verstehen, um ihre Spielzüge effizient zu planen. Das gilt in erster Linie für
den Güterverkehr. Nur bereitgestellte Güter können verladen werden, wofür man
aber zunächst einen Güterwaggon und Arbeiter braucht. Und gerade dieser
Teilaspekt des Spiels bringt viele Punkte. Hinzu kommt, das man im Idealfall
sehr früh ein Kohlelager kaufen kann, dass essentielle Vorteile bringt (in
jeder Runde einen zusätzlichen schwarzen Aktionsstein). Bei den Planungen ist
auch das zielgerichtete Nehmen der Aktionsplättchen wichtig. Farben spielen bei
den späteren Aktionen eine große Rolle, deshalb ist bereits beim Aussuchen der
Plättchen große Aufmerksamkeit erforderlich.
Erfreulich: beim Taubertal-Express ist es natürlich nicht von Nachteil, wenn man in
der Zugfolge möglichst früh dran ist. Aber der Startspielervorteil ist bei
weitem nicht so ausgeprägt wie bei vielen anderen Spielen. Die Interaktion
tendiert gegen Null. Natürlich kann man den Mitstreitern starke Bahnhofsgebäude
und lukrative Aufträge vor der Nase wegschnappen, aber direkte „Angriffe“ gibt
es nicht und Alternativen gibt es zuhauf, wenn ein Mitspieler ein bestimmtes
Teil vorher abgreift. Ebenfalls erfreulich ist die Tatsache, dass es
verschiedene Wege zum Ziel gibt. Ich persönlich setze nach Möglichkeit immer
auf den Güterverkehr, aber ein Freund von mir hat es einmal fast geschafft,
mich durch extreme Auftragserfüllungen in Verbindung mit einer gekauften
Empfangshalle zu besiegen. Die Betonung liegt hierbei aber auf „fast“ (HeHe).
Was die Spieler allerdings mitbringen müssen
ist Sitzfleisch und Geduld. In Vollbesetzung dauert eine Partie meistens über
drei Stunden und die Downtime ist relativ hoch. Diesbezüglich sorgt die Würfelpioniere-Erweiterung für
Reduzierung. Die Spielzeit und auch die Wartezeiten werden deutlich kürzer,
weil das Hantieren mit den Farben verringert wird und der aktive Spieler zumeist
eine direkte Aktion auslöst. Allerdings wird das Spiel dadurch ein bisschen
glückslastiger, weil man nie sicher sein kann, welche Würfelfelder beim eigenen
Zug belegt sind und damit zur Verfügung stehen. Mir persönlich gefällt das
klassische Grundspiel besser, aber die Würfelpioniere
sind dennoch eine prima Alternative.
Gibt es eigentlich auch etwas zu kritisieren?
Aus meiner Sicht nichts wirklich Wichtiges. Auf manchen Fahrscheinen sind die
Orte falsch geschrieben, aber letztendlich sind sie problemlos zuordenbar. Und
ob auf dem Fahrschein jetzt Würzburg oder Würzburgheim steht juckt nun wirklich
niemanden. Außer vielleicht den Bürgermeister von Würzburg ;-)
Fazit:
Wer anspruchsvolle und dennoch zugängliche
Strategiespiele sucht, sollte dem Taubertal-Express
unbedingt zusteigen. Das Spiel ist klasse und bietet ein sehr gutes
Preis-Leistungsverhältnis. Für ca. 35 Euro ist die Veröffentlichung bei der
Stadt Lauda-Königshofen oder in deren regionalem Umfeld zu erwerben.