Freitag, 25. November 2016

First Class



Verlag: Hans im Glück
Autor: Helmut Ohley
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 20 Minuten pro Spieler


Einleitung:

In First Class repräsentieren die Spieler ehrgeizige Eisenbahn-Firmengründer, die möglichst komfortable Waggons bauen um viele Passagiere für die Fahrt nach Konstantinopel zu gewinnen. Doch viele Wege führen zum Sieg. Sei es ein gut ausgebautes Streckennetz oder eine luxuriöse Ausstattung der Züge. Und dann gibt es auch noch jede Menge Aufträge und Spielendekarten zu ergattern, die ebenfalls viele Punkte abwerfen können. Wer wird mit den meisten Siegpunkten der würdige Nachfolger von Georges Nagelmackers, der als Initiator des Orient-Express zu Weltruhm gelangte?

Ablauf:

Da First Class aus mehreren Modulen besteht, einigen sich die Spieler zunächst auf die zwei Bausteine, die sie in der folgenden Partie verwenden wollen. Nun folgt der Aufbau der Spielutensilien. Die Aktionskarten werden in drei separate Stapel unterteilt und mit dem Geld und den Waggonkarten bereitgelegt. Vom ersten Aktionskarten-Stapel werden 18 Karten in drei Reihen á sechs Stück offen ausgelegt. Jeder Spieler erhält ein Spielertableau, eine Münze, drei Schaffner, eine Lokomotive, sechs Quader, vier Postwaggonkarten und zwei 0er-Waggons. Außerdem sucht sich jeder Spieler eine Spielendekarte aus. Die Lok startet am rechten oberen Feld, die Waggon-Karten werden in zwei Reihen an das Tableau angelegt und zwei Schaffner stehen links neben den ersten Waggons. Der dritte Schaffner fungiert als Wertungsanzeiger auf der Wertungsleiste.

First Class verläuft über sechs Runden, in denen immer 18 Karten ausgelegt werden. Der aktive Spieler nimmt sich eine dieser Karten und führt die dort abgebildete Aktion aus. Danach ist der nächste Spieler an der Reihe. Die Aktionsmöglichkeiten auf den Aktionskarten sind vielfältiger Natur. Beispielsweise können neue 0er-Waggonkarten genommen und angelegt werden. Oder der Spieler nimmt eine Streckenkarte und legt sie an sein Tableau an. Oder der Spieler nimmt eine Karte, die seine Lok(s) oder seine Schaffner weiterbewegen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, einen Waggon aufzuwerten. Das Streckennetz von First Class beinhaltet Städte mit Siegpunkten und Orte, die bei jeder Wertung diverse Boni gewähren. Um eine Stadt bzw. einen Ort aktiv zu machen, muss die Lok jedoch darauf zum Stehen kommen oder über ihn hinweggezogen sein. Analog werden in den Wertungen nur Waggons berücksichtigt, die bereits von einem Schaffner kontrolliert wurden.

Aufträge sind in Voraussetzung und Bonus untergliedert. Wer einen Auftrag in seinem Spielzug erfüllt, erhält sofort den entsprechenden Bonus. Spielendekarten werden erst am Ende einer Partie ausgewertet und bringen nach einem bestimmten Multiplikationsprinzip weitere Siegpunkte ein. Anstatt eine Karte zu nehmen, kann der aktive Spieler auch das Startspielerplättchen nehmen. Dafür erhalten er und sein dritter und vierter Nachbar einen Bonus. Nach dem Auslegen der fünften Waggonkarte in einer Reihe muss der Spieler eine seiner Postwaggonkarten anlegen. Auf die neunte Waggonkarte folgt das oberste Konstantinopelplättchen. Erreicht ein Schaffner dieses letzte Plättchen einer Reihe, erhält dessen Besitzer zusätzliche Sondersiegpunkte. Im Laufe einer Partie können die Spieler auch Münzen von ihren Tableaus abgeben, um zusätzliche Sonderaktionen zu bekommen (Strecken- bzw. Schaffnerbewegungen, einen 0er Waggon, eine Waggon-Aufwertung). Für vier Münzen darf ein Spieler auch eine weitere Speilendekarte erwerben.

Eine Runde ist zu Ende, wenn jeder Spieler dreimal an der Reihe war. Nach der zweiten, vierten und sechsten Runde erfolgt eine Wertung. Gewertet werden die kontrollierten Waggons und die bereits absolvierte Strecke. Dafür erhalten die Spieler Siegpunkte, bzw. Boni. Nach der dritten Wertung endet das Spiel mit der Schlusswertung, in der die Spielendekarten ausgewertet werden. Außerdem ist jede verbliebene Münze auf dem Tableau einen Siegpunkt wert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Spätestens seit Russian Railroads dürfte der Name Helmut Ohley jedem Vielspieler bestens bekannt sein, denn dieses Meisterwerk begeistert nach wie vor jeden Freund von anspruchsvollen Strategiespielen auf ganzer Linie.

Mit First Class bleibt Ohley seinem bevorzugten Eisenbahn-Thema treu, und in der Tat sind auch durchaus einige Anleihen an Russian Railroads nicht von der Hand zu weisen. Vereinzelt wurden sogar Stimmen laut, denen zufolge First Class ein Russian Railroads Kartenspiel sei, aber das ist definitiv dummes Geschwätz. First Class ist durchaus ein eigenständiges Spiel, dessen Mechanismen lediglich von Russian Railroads und Marco Polo inspiriert wurden. Und da diese beiden Vorbilder bekanntermaßen erstklassige Vertreter ihres Fachs sind, verwundert es nicht, dass auch First Class ein echter Überflieger und absoluter Volltreffer geworden ist.

Die Kartenauslagen sorgen in der Regel für die Qual der Wahl beim Aussuchen einer Aktionskarte. Denn meistens liegen zumindest drei bis fünf Top-Karten aus, so dass beim ersten Nehmen jeder Spieler eine Spitzenkarte ergattern kann. Anders sieht es allerdings bei der zweiten oder spätestens der dritten Auswahl aus. Im schlimmsten Fall befinden sich dann nur noch schwächere Karten in der Auslage, so dass sich das Nehmen der Startspielerkarte lohnt, zumal diese ja zwei Münzen einbringt. Ist die Auslage auch für die folgenden Mitstreiter uninteressant, können diese schließlich irgendeine Karte zur Aufwertung eines Waggons verwenden. Und solche Aufwertungen lohnen ich auf jeden Fall. Zumindest ein 12er-Waggon sollte jeder Spieler am Schluss besitzen … besser sind natürlich noch mehr. Und besitzt man solch einen Luxuswaggon, sollte dieser selbstverständlich mit einer Personenkarte verdoppelt werden.

Aber Waggons sind nicht alles. Auch die Strecke der Spieler sollte unbedingt gut ausgebaut sein, denn sowohl  die einmaligen Siegpunkte als auch die regelmäßigen Boni bei den Wertungen sind immens wichtige Faktoren, um eine realistische Chance auf den Spielsieg zu wahren. Auch Geld ist von großer Wichtigkeit, und mit diesem sollten die Spieler auch nicht geizen. Ob 0er-Waggons oder Bewegungsschritte der Loks bzw. der Schaffner – jede Kleinigkeit hat seinen Sinn und bringt die Spieler vorwärts. Wer auf Waggons spielt sollte zumindest einen Zug komplett ausbauen und mit dem dazugehörigen Schaffner nach Konstantinopel ziehen. Das wiederum beinhaltet, dass der Spieler einige Schaffnerkarten besitzt, was wiederum Auswirkungen auf die Spielendekarten hat. Bei dieser Strategie lohnt sich definitiv der Kauf mehrerer Schaffner-Spielendekarten, aber jetzt genug der taktischen Tipps. Schließlich wollen die Spieler ja in Eigenregie möglichst sinnvolle Siegstrategien herausfinden, und von denen gibt es einige zu entdecken.

Der Spielspaß von First Class ist einfach gigantisch. Jeder Spieler, der Veröffentlichungen wie Russian Rauilroads oder Auf den Spuren von Marco Polo zu seinen Favoriten zählt, kann hier bedenkenlos zuschlagen. Durch die unterschiedlichen Module entfacht First Class außerdem einen Wiederspielreiz, wie man ihn nur selten antrifft. Jedes Modul führt den Spieler in eine bestimmte Richtung, aber auch mit einer konsequent durchgezogenen eigenen Strategie kann der vorgeschlagenen Taktik zuvor gekommen werden. Mit den beschriebenen Mechanismen in Verbindung mit dem modularen Aufbau ist First Class einfach ein saugutes Spiel geworden, das selbstverständlich ohne Einschränkungen weiterempfohlen werden kann.

Fazit:

Nomen est omen. First Class ist eine erstklassige Veröffentlichung geworden, die in einem Atemzug mit den bereits erwähnten Neo-Klassikern Russian Railroads und Marco Polo genannt werden kann. Mit dem hohen Wiederspielreiz hat First Class das Zeug zu einem zeitlosen Meisterwerk, und ein solches Lob kann eigentlich kaum noch getoppt werden. Große Klasse – Daumen steil nach oben!

1 Kommentar:

  1. "Vereinzelt wurden sogar Stimmen laut, denen zufolge First Class ein Russian Railroads Kartenspiel sei, aber das ist definitiv dummes Geschwätz." Dummes Geschwätz, hm? Ich hab es gespielt und bin der Meinung, es ist zutreffend, "First Class" wg. der zahlreichen Anleihen als RRR-Kartenspiel zu bezeichnen. Und das meine ich überhaupt nicht negativ. Warum Du allerdings diese Sichtweise in deiner Rezension als 'Dummes Geschwätz' abkanzelst, erschließt sich mir nicht.

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