Freitag, 22. März 2024

Der Taubertal-Express (inkl. Erweiterung Die Würfelpioniere)


Vertrieb: Stadt Lauda-Königshofen

Autor: Christoph Kraus

Spieleranzahl: 2 – 4

Alter: ab 12 Jahren

Spieldauer: 120 Minuten

 


Einleitung:

 

Im 19. Jahrhundert war die Bahn das zentrale Fortbewegungsmittel schlechthin. Das galt sowohl für den Güter- als auch für den Personenverkehr. Erst nach und nach wurde die Stadt Lauda zum Knotenpunkt dieses wichtigen Wirtschaftszweigs, und im vorliegenden Kenner- bis Expertenspiel Der Taubertal-Express wetteifern 2-4 Spieler um die gewinnträchtigste Strategie für den Sieg.  Um dieses Ziel zu erreichen befördern die Protagonisten diverse Passagiere, erschließen das Umfeld der Region und errichten zahlreiche Wirtschafts- und Bahngebäude. Jetzt wird´s höchste Eisenbahn … los geht´s!

 

Ablauf (ohne Erweiterung):

 

Zunächst wird der Spielplan in die Mitte gelegt und spielerzahlabhängig mit verschiedenen Plättchen und Karten bestückt. Die restlichen Materialien werden neben dem Plan bereitgelegt. Ausliegende Utensilien sind Bahnhofsgebäude, Wagenhallen, Gütergebäude, Aktionsplättchen, Transportgüter und Fahrkarten, von denen weitere Karten verdeckt unter die sieben Slots an der Seite geschoben werden. Jeder Spieler erhält ein eigenes Spielertableau mit einer Holz-Dampflok, die im Bahnhof Lauda startet. Weiterhin bekommt jeder Spieler verschiedene Lokplättchen. Ausgebaut ist die eigene Bahn anfangs mit einem Führerstand, einem kleinen Kohlewagen, einem Arbeiterwagen und einem Passagierwagen. Die übrigen Zugteile werden beiseitegelegt und können im Verlauf der Partie angedockt werden. Last not least startet jeder Spieler mit einer Silbermünze und abhängig von der Startposition mit schwarzen Aktionssteinen.

 

Das Spiel verläuft über sieben Durchgänge á drei Runden. Zunächst nehmen sich die Spieler in Zugreihenfolge einen Fahrschein vom aktuellen Slot. Darauf stehen der Start- und der Zielbahnhof des zu befördernden Passagiers sowie die Belohnung, die es für die Erfüllung des Auftrags gibt. Anschließend nehmen sich die Protagonisten abwechselnd ein ausliegendes Aktionsplättchen, bis jeder Spieler drei Plättchen hat. Diese Aktionsplättchen zeigen 3-4 Aktionssteine in verschiedenen Farben. Nun dürfen die Spieler beliebig viele Arbeiter anheuern wie sie Platz auf ihren Arbeiterwaggons haben. Wichtig: am Ende jeden Durchgangs muss jeder Arbeiter mit einer Silbermünze entlohnt werden sonst gibt es Minuspunkte. Eingestellte Arbeiter können nicht mehr entlassen werden.

 

Jetzt beginnen die drei Runden. Zunächst spielt der aktive Spieler eines seiner drei Aktionsplättchen aus und nimmt sich die abgebildeten Aktionssteine plus einen zusätzlichen schwarzen Aktionsstein vom Vorrat. Mittels dieser Aktionssteine kann er nun folgende Aktionen durchführen. Dampflok bewegen. Pro Aktionsstein beliebiger Farbe zieht er seine Lok ein Feld auf seinem Tableau weiter. Fahrkarte nehmen. Im aktuellen Bahnhof kann eine offen ausliegende Fahrkarte genommen werden. Steht man auf einem anderen Ort muss ein farblich passender Aktionsstein abgegeben werden. Gebäude können für farbige Aktionswürfel oder für Geld im Bahnhof Lauda errichtet werden. Pro Bahnhofsausbau wandert der eigene Marker auf der Pionierleiste voran (die Position bestimmt später die Zugreihenfolge des nächsten Durchgangs). Errichtete Gebäude haben entweder einen Soforteffekt oder sie gewähren ständige Vorteile für den weiteren Verlauf oder sie geben Siegpunkte bei der Endwertung. Wagenhallen werden in bestimmten Orten errichtet. Beim Erreichen dieser Orte werden die entsprechenden Waggons an den eigenen Zug angekoppelt. Auf Gütergebäude können Transportgüter platziert werden, die beim Durchqueren aufgeladen werden. Voraussetzungen hierfür sind jedoch Güterwaggons und eingestellte Arbeiter. Nahezu alle geschilderten Aktionen erfordern die Abgabe farblich passender Aktionssteine. Erreicht ein Spieler mit seinem Zug und einem Passagier einen Zielbahnhof, darf er aufgeladene Güter verkaufen sofern der Bahnhof das zulässt. Dafür erhält der Spieler sowohl Geld als auch Siegpunkte.

 

Auf diese Weise werden alle Durchgänge mit jeweils drei Runden durchgeführt. Das Spiel endet nach dem siebten Durchgang und es erfolgt die Schlusswertung, in der die Spieler noch Punkte für ihre Gebäude, ihr Geld und ihr Restmaterial erhalten. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

 

Veränderter Ablauf bei Verwendung der Würfelpioniere-Erweiterung:

 

Bei Verwendung der Würfelpioniere-Erweiterung wird eine Würfeltafel über die Stelle mit den Aktionsplättchen auf den Spielplan gelegt. Danach wird mit vier Würfeln gewürfelt. Die Würfel werden entsprechend ihrer Ergebnisse auf vorgegebene Aktionsfelder platziert. Beim Nehmen der Aktionsplättchen dürfen die von Würfeln belegten Felder ausgewählt werden (z.B. eine Wagenhalle nehmen, ein hellviolettes Bahnhofsgebäude errichten usw.) Alternativ können auch drei beliebige Aktionssteine genommen werden. Die Würfel der genommenen Aktion werden danach neu gewürfelt und entsprechend neu verteilt. Die Regeln des Grundspiels bleiben ansonsten gleich.

 

Meinung:

 

Wow … was für ein Eurogame-Volltreffer! Großes Lob und ein Riesenkompliment an die Stadt Lauda-Königshofen für den Vertrieb dieses tollen Kenner-/Expertenspiels, das auf der Geschichte der Region basiert und damit sogar thematisch absolut überzeugen kann.

 

Der Taubertal-Express erinnert beim Auspacken ein kleines bisschen an frühere Alea-Spiele unter der Leitung von Stefan Brück. Allerdings mit hervorragenden Material und einer klassischen Optik. An dieser Veröffentlichung ist nahezu alles zu loben. Angefangen bei der ausgezeichnet verfassten Anleitung, die keine Fragen offen lässt. Auch Struktur und Schriftgröße sowie die Bebilderung des Regelwerks sind vorbildlich. Trotz anspruchsvollem Strategieanteil kommt die Spielregel mit schlanken 12 Seiten aus. Und das liegt daran, dass der Ablauf und die Aktionsmöglichkeiten durchaus überschaubar sind.

 

Wenige Optionen heißt aber nicht, dass der Taubertal-Express ein leicht zu beherrschendes Spiel ist. Die Spieler müssen die Zusammenhänge schnell verstehen, um ihre Spielzüge effizient zu planen. Das gilt in erster Linie für den Güterverkehr. Nur bereitgestellte Güter können verladen werden, wofür man aber zunächst einen Güterwaggon und Arbeiter braucht. Und gerade dieser Teilaspekt des Spiels bringt viele Punkte. Hinzu kommt, das man im Idealfall sehr früh ein Kohlelager kaufen kann, dass essentielle Vorteile bringt (in jeder Runde einen zusätzlichen schwarzen Aktionsstein). Bei den Planungen ist auch das zielgerichtete Nehmen der Aktionsplättchen wichtig. Farben spielen bei den späteren Aktionen eine große Rolle, deshalb ist bereits beim Aussuchen der Plättchen große Aufmerksamkeit erforderlich.

 

Erfreulich: beim Taubertal-Express ist es natürlich nicht von Nachteil, wenn man in der Zugfolge möglichst früh dran ist. Aber der Startspielervorteil ist bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei vielen anderen Spielen. Die Interaktion tendiert gegen Null. Natürlich kann man den Mitstreitern starke Bahnhofsgebäude und lukrative Aufträge vor der Nase wegschnappen, aber direkte „Angriffe“ gibt es nicht und Alternativen gibt es zuhauf, wenn ein Mitspieler ein bestimmtes Teil vorher abgreift. Ebenfalls erfreulich ist die Tatsache, dass es verschiedene Wege zum Ziel gibt. Ich persönlich setze nach Möglichkeit immer auf den Güterverkehr, aber ein Freund von mir hat es einmal fast geschafft, mich durch extreme Auftragserfüllungen in Verbindung mit einer gekauften Empfangshalle zu besiegen. Die Betonung liegt hierbei aber auf „fast“ (HeHe).

 

Was die Spieler allerdings mitbringen müssen ist Sitzfleisch und Geduld. In Vollbesetzung dauert eine Partie meistens über drei Stunden und die Downtime ist relativ hoch. Diesbezüglich sorgt die Würfelpioniere-Erweiterung für Reduzierung. Die Spielzeit und auch die Wartezeiten werden deutlich kürzer, weil das Hantieren mit den Farben verringert wird und der aktive Spieler zumeist eine direkte Aktion auslöst. Allerdings wird das Spiel dadurch ein bisschen glückslastiger, weil man nie sicher sein kann, welche Würfelfelder beim eigenen Zug belegt sind und damit zur Verfügung stehen. Mir persönlich gefällt das klassische Grundspiel besser, aber die Würfelpioniere sind dennoch eine prima Alternative.

 

Gibt es eigentlich auch etwas zu kritisieren? Aus meiner Sicht nichts wirklich Wichtiges. Auf manchen Fahrscheinen sind die Orte falsch geschrieben, aber letztendlich sind sie problemlos zuordenbar. Und ob auf dem Fahrschein jetzt Würzburg oder Würzburgheim steht juckt nun wirklich niemanden. Außer vielleicht den Bürgermeister von Würzburg ;-)

 

Fazit:

 

Wer anspruchsvolle und dennoch zugängliche Strategiespiele sucht, sollte dem Taubertal-Express unbedingt zusteigen. Das Spiel ist klasse und bietet ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Für ca. 35 Euro ist die Veröffentlichung bei der Stadt Lauda-Königshofen oder in deren regionalem Umfeld zu erwerben.