Samstag, 9. Januar 2016

Die Alchemisten



Verlag: Czech Games / Heidelberger Spieleverlag
Autor: Matius Kotry
Spieleranzahl: 2 - 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 120 Minuten


Einleitung:

Nicht nur in den Kellergewölben von Hogwarths werden Zaubertränke gebraut – auch im Brettspiel Die Alchemisten ist die Zubereitung solcher Tränke ein wichtiger Faktor. Denn in diesem Spiel schlüpfen die Spieler in die Rollen von Alchemisten, die auf dem Gebiet dieser geheimnisvollen Wissenschaft um bahnbrechende Entdeckungen und um die Vorherrschaft des Wissens wetteifern. Mit Hilfe einer App schlussfolgern die Nachwuchsmagier, wie man mit zwei Zutaten einen gewünschten Trank braut, um danach Theorien aufzustellen, damit die eigene Reputation steigt.

Ablauf:

Bevor das eigentliche Spiel beginnt, sollten sich die Spieler zunächst mit den Grundlagen der Alchemie und dem Handling der App vertraut machen. Die App kann im Internet kostenlos heruntergeladen werden und übernimmt die Rolle eines Spielleiters. Alternativ kann Die Alchemisten auch ohne App gespielt werden. In diesem Fall muss ein neutraler Außenstehender die Funktion des Spielleiters übernehmen. Nachdem die Spieler die ersten Schritte auf dem Gebiet der Alchemie gemacht haben (indem sie im Demo-Modus Tränke gebraut und Rückschlüsse gezogen haben), kann es losgehen.

Der Spielplan wird in die Mitte gelegt und mit allen benötigten Utensilien bestückt. Anschließend erhalten die Spieler eine eigene Spieler-Tafel, zwei Gold und zwei bis drei Zutatenkarten (abhängig von der gespielten Variante: Lehrling oder Meister). Außerdem bekommt jeder Spieler einen Kupferkessel und ein eigenes Labor, das zunächst zusammengebaut werden muss. Die Spieler legen nun die Spielerreihenfolge fest, indem sie ihre Phiolen auf eine Einsetzleiste stellen. Abhängig von der Position auf dieser Leiste ziehen die Spieler Zutaten- und Helferkarten. Danach legen sie ihre Aktionen fest.

Als Aktionen stehen dem Spieler folgende Auswahlmöglichkeiten zur Verfügung: Zutaten sammeln, Zutat transmutieren, Artefakt kaufen und Experimente durchführen. Ab der zweiten Runde kommen noch die Optionen Trank verkaufen, Theorie publizieren und Theorie widerlegen hinzu. Angezeigt werden die Aktionen durch den Einsatz von Würfeln (die quasi Arbeitern entsprechen). Viele Aktionen werden über die App abgehandelt, z.B. das Experimentieren mit Zutaten. Hierbei scannt der Spieler geheim zwei seiner Zutaten und zeigt seinen Mitstreitern das Ergebnis (aber nicht die verwendeten Zutaten!). Auf seiner Schlussfolgerungstabelle markiert der Spieler nun mit einem Marker die Farbe und Kennzeichnung des gebrauten Tranks (z.B. ein rotes +, was einem Heiltrank entspricht). Experimente können sowohl an Studenten als auch an sich selbst durchgeführt werden. Sollten jedoch Gifte oder sonstige abschlägige Tränke geschluckt werden, hat das negative Folgen zur Konsequenz. Studenten müssen ggf. bezahlt werden, aber dafür sind die Spieler vor Wahnsinn, Lähmung usw. geschützt. Um den eigenen Ruf bzw. die eigene Reputation zu verbessern, können die Spieler aufgrund ihrer Schlussfolgerungen auch Theorien publizieren, unterstützen oder widerlegen. Dabei werden Siegel auf die Bücherfelder der Theorien-Tafel platziert. Platzierte Siegel sind Voraussetzungen für den Erhalt von Drittmittel, die am Ende des Spiels 1-2 Siegpunkte wert sind und einmalig zwei Gold einbringen.

Am Ende einer Runde wird anhand der Siegel der Alchemist des Monats ermittelt und der nächste Durchgang vorbereitet. Das Spiel endet nach der sechsten Runde. Nun werden alle Rufpunkte in Siegpunkte umgewandelt und sonstige Siegpunkte addiert. Der Spieler mit den meisten Punkten hat dann gewonnen.

Meinung:

Großartig! Mit den Alchemisten ist Czech Games bzw. dem Heidelberger Spieleverlag ein wahrhaft innovatives, spannendes, humorvolles und anspruchsvolles Brettspiel mit Smartphone-Unterstützung gelungen, wie man es in der Form bislang nicht gekannt hat. Doch vor dem Vergnügen kommt die Arbeit. Und zwar in Form des Regelstudiums bzw. des Erklärens. Die Anleitung ist ausgezeichnet konzipiert, verständlich geschrieben und mit viel Humor gewürzt. Besser geht es nicht. Trotzdem sind es nun mal 20 Seiten, die man sich erstmal draufziehen muss. Und die Regeldetails sind äußert vielfältig. Selbstverständlich konnte in der Ablaufbeschreibung nicht auf alle Feinheiten eingegangen werden, weil eine ellenlange Regelschilderung zum einen den Rahmen einer Rezension sprengt und zum anderen ermüdend-langweilig ist. Also lieber kurz die Kernmechanismen schildern, und wer Interesse hat, kann sich die Regeln ja komplett runterladen. Aber diese Vorgehensweise funktioniert nicht beim Erklären eines Spiels in einer Spielergruppe. Hier müssen schon alle Facetten erläutert werden, und im Fall von Die Alchemisten dauert das seine Zeit. Eine halbe Stunde sollte für die Erklärung mindestens eingeplant werden, wenn die Mitstreiter das Spiel noch nicht kennen. Bei vielen Nachfragen kann die Vorstellung sogar 45 Minuten dauern, wobei da der Smartphone-Einsatz schon eingerechnet ist.

Haben sich die Spieler aber erstmal durch das Regelwerk durchgeackert, werden sie mit einem tollen Brettspiel belohnt, das unglaublich viel Spaß macht. Zumindest allen Spielern, die sowohl Deduktions- als auch Workerplacement-Mechanismen mögen. Denn diese beiden Elemente bilden das Gerüst von Die Alchemisten. Der Einsatz der Arbeiter und die möglichen Aktionen bereiten den meisten Spielern keine Probleme, doch die Deduktionsseite sorgt am Anfang manchmal für größeres Kopfzerbrechen. Dieser Faktor ist bei den Alchemisten leicht gewöhnungsbedürftig, aber sobald man den Mechanismus verinnerlicht hat, bereitet das Gesamt werk keine Probleme mehr.

Trotz hohem Glücksanteil und den komplexen Analysen steht der Spaß bei den Alchemisten im Vordergrund. Das trifft natürlich auf fast jedes Spiel zu, aber Die Alchemisten ist außerdem höchst humorvoll und unterhaltsam in Szene gesetzt. Allein schon die grundlegende Idee des Experimentierens an Studenten zaubert ein Grinsen ins Gesicht vieler Spieler ;-)

Experimente sind vor allem zu Beginn das A und O des Spiels, aber relativ schnell sollten sich die Spieler auch zu Theorie-Publikationen durchringen. Denn der frühe Vogel fängt den Wurm und grast schnell die Drittmittel ab, die neben den Siegpunkten auch zwei dringend benötigten Gold einbringen, die in sichere Studentenexperimente investiert werden können. Außerdem winkt dem mutigen Spieler ja die Auszeichnung zum Alchemist des Monats, was wiederum einen Rufpunkt (=Siegpunkt) zur Folge hat. Etwaige Theorie-Widerlegungen durch Konkurrenten bzw. ein Punkteverlust bei der Schlusswertung müssen halt in Kauf genommen werden..

Fazit:

Wer ein Freund von Deduktionsspielen, Workerplacement-Mechanismen und einer langen Spielzeit ist, kommt an den Alchemisten nicht vorbei. Neben dem originellen und innovativen Konzept überzeugt auch die fantastische Optik und sorgt dafür, dass Die Alchemisten ein wahrer Augenschmaus ist. An diesem Spiel gibt es echt nicht viel auszusetzen. Selbst der vorhandene Glücksfaktor schlägt in diesem Fall nicht negativ zu Buche, sondern wird auch von Vielspielern als integriertes Stilmittel bedingungslos akzeptiert. Ergo: klare Weiterempfehlung ohne jegliche Abstriche.

1 Kommentar:

  1. Einziger Punkt, den man dringend bedenken sollte: mit 2 Spielern kann man das wirklich nur mit App spielen. Wer also zu zweit ist, sollte sich vorher die App besorgen und testen, ob sie auf dem eigenen Gerät läuft.

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