Donnerstag, 8. Mai 2025

Civolution

Verlag: Deep Print Games / Pegasus

Autor: Stefan Feld

Spieleranzahl: 1 - 4

Alter: ab 14 Jahren

Spieldauer: 90 - 180 Minuten

 

 

Einleitung:

 

In Civolution schlüpfen 1-4 Spieler in die Rollen von Studenten an der Technischen Schöpfungsakademie. Hier steht eine Prüfung im Fach Zivilisationsdesign an. Verantwortlich für die Durchführung der Prüfung ist das Direktionswesen Agera. Als Grundszenario dient ein abgeschlossener Kontinent mit humanoiden Lebensformen. Mittels verschiedener Aktionsmöglichkeiten müssen die Spieler nun ihre Stämme weiterentwickeln. Hierfür gibt es vielfältige Optionen, angefangen bei Vermehrung und Ausbreitung über technischen Fortschritt bis hin zu evolutions-biologischen Anpassungen. Wer nach vier Epochen die meisten Erfolgspunkte erreicht hat, gewinnt die Partie.

 

Ablauf:

 

Zunächst werden die Spielpläne aufgebaut und in die Mitte des Tisches gelegt. Der zentrale Bereich ist der Kontinent mit zufällig ausgelegten Landschaften und Orten. An dessen linker Seite liegt der Fortschrittsplan. Dieser enthält verschiedene Fortschrittsleisten, Auslagen und einen Endwertungsbereich. Rechts neben den Kontinent wird der Ablaufplan platziert, der die Spieler durch die einzelnen Phasen führt. Weiterhin gibt es dort eine Wetteranzeige, Ereigniskarten-Felder, eine Epochenwertung und Ageras Gunstleiste. Alle Bereiche dieser Spielpläne werden gemäß der Anleitung mit Markern und Plättchen bestückt.

 

Jeder Spieler erhält ein aufklappbares Spielertableau, das als Konsole fungiert. Die linke Seite beinhaltet Bauwerke mit Schiffen, Zielplatinen, Farmen und Siedlungen sowie Felder für eigene Güter. Die rechte Seite beinhaltet die Aktionsmöglichkeiten der Spieler in Form von Aktionsplättchen. Außerdem gibt es Aussparungen für die Attribute der eigenen Evolution sowie Ablageflächen für Würfel. Jeder Spieler startet mit fünf verschiedenen Forschungskarten, sechs Würfeln mit jeder Augenzahl, einer Zielplatine und Startmarkern (Güter und Attribute) gemäß der gewählten Startmarker-Karte.

 

In den ersten drei Phasen einer Runde werden neue Forschungskarten aufgedeckt und neue Ziele genommen. Außerdem erhält jeder Spieler ein Rohstoffgut einer Landschaft, auf der er mit einem Stamm steht. Phase 4 ist das Herzstück des Spiels, nämlich die Aktionsphase. Der aktive Spieler nimmt sich zwei seiner Würfel und führt damit die Aktion des dazugehörigen Aktionsplättchens aus. Diese Plättchen können im Verlauf einer Partie verbessert werden. Um diese Rezension nicht unnötig ausarten zu lassen wird auf das Aufzählen aller Möglichkeiten verzichtet. Es sind aber viele Aktionen dabei die man von anderen Spielen kennt, z.B. Vermehrung, Wanderung, Kartenausspielen, jagen um Nahrung zu bekommen etc. Liegen nur noch drei (oder weniger) Würfel aus, so kann der aktive Spieler auch einen Reset machen. Damit wandert der Marker der Aktionsphase weiter und der Spieler erhält seine Würfel zurück und darf einen Marker als Nahrung oder Idee einsetzen. Mit Ideenmarkern können Würfelzahlen erhöht oder verringert werden. Erreicht der Marker der Aktionsphase das letzte Feld ist jeder Spieler noch einmal am Zug.

 

Dann folgt die Ortsphase in der bestimmte Orte aktiv werden, sofern sie bereits entdeckt wurden. In der Ernährungsphase müssen die eigenen Stammesmitglieder ernährt werden und jeder eigene starke Stamm bringt einen Erfolgspunkt. Anschließend wird das aktuelle Ereignis abgehandelt und der Wetteranzeiger angepasst. Danach erfolgt die Wertung der aktuellen Epoche. Last not least erhalten die Spieler ihr Einkommen und die nächste Runde / Epoche beginnt.

 

Civolution endet nach der vierten Epoche. Nun erfolgt die Schlusswertung des Spiels und wer dann die meisten Erfolgspunkte auf seinem Konto hat, gewinnt die Partie.

 

 

Meinung:

 

Nach Men-Nefer ist Civolution meiner Meinung nach ein weiteres Highlight des Jahres. Civolution ist ein echtes „Brett“ und bietet den Spielern unzählige Möglichkeiten. Diese vielen Facetten zu entdecken ist natürlich ein Garant für unterhaltsamen Abwechslungsreichtum. Je nach Epochenwertung, Startkarten und Auslagen kann Civolution in gänzlich unterschiedliche Prioritäten abdriften. Die Auslage der Landschaften spielt dabei übrigens eine untergeordnete Rolle da anfangs sowieso nicht bekannt ist, welcher Rohstoff unter welcher Landschaft liegt. Das erfährt man beim erstmaligen Betreten der Landschaft. Viel wichtiger ist die Starthand der Karten und damit leiten wir nahtlos zu einem polarisierenden Aspekt des Spiels weiter, nämlich dem Glücksfaktor.

 

Civolution ist glückslastig. Teilweise sogar hochgradig glückslastig. Das betrifft zum einen die Würfelergebnisse und zum anderen die Handkarten. Werden beispielsweise in den Epochenwertungen überwiegend Fortschritte aus den Bereichen Technik, Ansehen, Wissen, Bauwesen oder Kultur gewertet, ist es extrem hilfreich, in den entsprechenden Leisten schnell aufzusteigen. Wohl dem, der dazu die passenden Karten hat. Pech, wenn man keine hat. In meinen Partien ist es relativ oft vorgekommen, dass Spieler bereits nach den ersten Runden mit 30+ Punkten vorne gelegen haben. Uff … so ein Rückstand ist schwer aufzuholen. Zumal der Aufstieg in den ersten fünf Fortschrittsleisten auch noch Updates freischaltet was zusätzlich die Aktionsplättchen verbessert. Natürlich kommen solch beschriebene Situationen nicht immer vor, aber Fakt ist, dass es durchaus möglich ist. In diesem Fall gilt wohl die alte Weisheit des großen Fußball-Philosophen Andreas Brehme: „Haste Scheiße am Schuh, haste Scheiße am Schuh“ :-) 

 

Das sollte jedem Interessenten unbedingt klar sein … Civolution ist definitiv glückslastiger als die meisten anderen Eurogames auf Kenner- und Expertenniveau. Aber jetzt kommt eine Überraschung. Obwohl ich grundsätzlich kein Freund von Glücksfaktoren bin, hat mich das bei Civolution überhaupt nicht gestört. Im Gegenteil … ich finde es hier erfrischend alternativ. Denn es setzt Emotionen frei. Diese können selbstverständlich positiv als auch negativ sein, aber es sind starke Gefühle. Bei Veröffentlichungen wie Village, Russian Railroads oder Mombasa, die ich übrigens auch großartig finde, spiele ich immer meinen Stiefel runter. Oftmals gewinne ich (das soll keine Angeberei sein!) und dann freue ich mich auch, aber letztendlich ist die Vorgehensweise immer bewährte Routine. Bei Civolution ärgere oder freue ich mich mehr über passende Würfelergebnisse, Ortsentdeckungen oder gute Handkarten.

 

Alle Optionen des Spiels haben ihre Berechtigung und ihren Sinn. Und fast alles kann zum Erfolg beitragen. Lediglich Statuen wurden in meinen Runden selten bis gar nicht gebaut. Irgendwie hatte keiner das Gefühl, dass diese Statuen besonders lukrativ sind. Auf sonstige Vorlieben möchte ich jedoch nicht weiter eingehen, weil schließlich jeder Spieler sein eigenes Faible entdecken soll.

 

Die Qualität des Spielmaterials ist prima, insbesondere der Kontinent und die Vertiefungen der Konsole. Auch die Spielanleitung ist über den grünen Klee zu loben, denn sie ist hervorragend strukturiert und lässt keine Fragen offen. Jetzt noch eine Bewertung des Automas V.I.C.I, dessen Aussehen frappierend an Baby Groot von den Guardians Of The Galaxy erinnert. Der Solomodus ist gut aber etwas umständlicher als beispielsweise die Solomodi von Skymines oder Men-Nefer, die ein bisschen eleganter und zugänglicher sind. Das Solospiel macht trotzdem jede Menge Spaß allerdings ist hier der Glücksfaktor unter Umständen noch ausgeprägter als im Spiel im Freundeskreis.

 

Fazit:

 

Insgesamt betrachtet ist Civolution ein weiteres Eurogame-Juwel in der Biographie von Stefan Feld. Aufgrund der Masse (44 Seiten Spielanleitung + Glossar) dauert die Einarbeitung ins Spiel etwas länger, aber diese Zeitinvestition lohnt sich. Denn Civolution belohnt die Spieler mit toller Vielfalt, großen Spielspaß und sehr hohen Wiederspielreiz. Top Veröffentlichung!